1. August 2017

Aus der Schwalbenperspektive (11): Nicht Hilfreiches über Frauenfußball

Königin Fußball regiert derzeit Europa: In den Niederlanden findet gegenwärtig die Kontinentalmeisterschaft im Balltretsport statt. Die deutsche Mannschaft (Frage an die Emma: Müsste es „Frauschaft“ heißen?) ist im Viertelfinale gegen Dänemark ausgeschieden. Die Damen aus dem Norden kämpfen am Donnerstag gegen die Österreicherinnen um den Einzug ins Endspiel. Die zweite Semifinalpartie bestreiten nur wenige Stunden später die Gastgeberinnen und die Engländerinnen.

Es soll hier kein Lamento darüber angestimmt werden, dass das Seriensiegerteam mit dem Bundesadler auf dem Trikot heuer so früh seine Koffer packen musste. Es soll auch nicht darüber spekuliert werden, ob für Bundestrainerin Steffi Jones die Schuhe ihrer außerordentlich erfolgreichen Vorgängerin vielleicht zu groß sind. Nein, es sollen hier ganz allgemeine, zweifellos nicht hilfreiche (sapienti sat) Betrachtungen über den Frauenfußball angestellt werden.
­
Eine Damenrasenballpartie ist nämlich, wenn man das internationale Niveau bei den Männern kennt, gelinde gesagt, gewöhnungsbedürftig. Anders und weniger freundlich formuliert: Der Frauenfußball reproduziert regelmäßig einige der Ärgernisse, die bei den Herren der Schöpfung mittlerweile bis auf wenige Ausnahmen beseitigt worden sind.

Da wäre zum einen die unzulängliche Ballkontrolle. Stopp- und Annahmefehler kommen im Damenfußball so häufig vor, dass sie nicht als insignifikante Lapsus abgetan werden können. Von den Aussetzern der Goalkeeperinnen ganz zu schweigen: Die zwei Tore, welche die Deutschen nicht vom Punkt erzielt haben, wurden ganz massiv von einer Fehlleistung der letzten Frau des jeweiligen Gegners unterstützt.

Auffällig ist auch der geringe Grad an Präzision. Pässe, die nicht im Laufweg der Teamgefährtin, sondern in deren Rücken landen, sind Legion. Zuspielversuche, die im Seitenaus oder bei der Gegnerin enden, sind ebenso oft zu verzeichnen.

Nicht zu leugnen ist auch ein Mangel an Kampfgeist. Standfußball ist an der Tagesordnung. Es fehlt die Bewegung zum Ball beziehungsweise in eine anspielbare Position. Mancher Schuss, der noch erlaufen werden könnte, wird vorschnell aufgegeben. Das Unterfangen, eine Abwehrkette in einer Solo-Aktion zu durchbrechen, wird selten probiert. Lieber werden unpräzise Flanken geschlagen oder von der Phalanx der Gegnerinnen abgeblocktes Direktgebolze vorgetragen.

Aber: Mit der zunehmenden Professionalisierung und der besseren finanziellen Dotierung des Frauenfußballs werden die genannten Defizite in absehbarer Zeit Geschichte sein. Mal ehrlich: Mario Götzes technisch brillantes Siegtor im Finale der Weltmeisterschaft 2014 und Julian Draxlers gefeierter Übersteiger im Match gegen Mexiko beim diesjährigen Confed-Cup wären zehn bis zwanzig Jahre zuvor in Bezug auf einen deutschen Nationalspieler fraglich gewesen, weil dem für die damalige Zeit typischen Rumpelfußball ja gerade die unerträgliche Leichtigkeit der Ballbehandlung fehlte. Freuen wir uns also auf den Frauenfußball von morgen.
  
Noricus

© Noricus. Für Kommentare bitte hier klicken.