In den meisten europäischen Ländern entscheidet der Bürger bei nationalen Wahlen, ob er eine linke oder eine rechte Regierung bekommt.
In England stellen entweder die Tories oder Labour die Regierung. In Frankreich gibt es einen Rechtsblock unter Führung der Gaullisten (La Droite) und einen Linksblock (La Gauche), dessen Kernparteien die Sozialisten und die Kommunisten sind. Spanien hat ein weitgehendes Zweiparteien- System, in dem entweder die sozialistische PSOE oder die liberalkonservative PP regiert. In Griechenland wechselt die Regierungsmacht zwischen den Konservativen und den Sozialisten, angeführt durch die Familienclans der Karamanlis und Papandreou.
In Italien, das in der Nachkriegsrepublik ein sehr unübersichtliches Parteiensystem gehabt hatte, stehen einander inzwischen mit Berlusconis Rechtsblock und einem Linksblock aus Sozialisten, Kommunisten und diversen linksbürgerlichen Gruppen ebenfalls die Linke und die Rechte gegenüber.
In Skandinavien schließlich gibt es diese Verhältnisse schon seit der Nachkriegszeit. Meist regierten dort die Sozialdemokraten (inzwischen oft mit Hilfe der Kommunisten), von Zeit zu Zeit abgelöst durch ein "bürgerliches" Bündnis aus Konservativen, Liberalen und kleineren Parteien.
In einigen kleineren Ländern (Holland, Belgien, Österreich) sind die Verhältnisse komplizierter. Und in Deutschland.
Ein einziges Mal in der sechzigjährigen Geschichte der Bundesrepublik ereignete sich das, was andernorts Normalität ist: Eine rechte Regierung wurde aufgrund eines Wahlausgangs von einer linken abgelöst. Das war 1998.
Alle anderen Regierungswechsel vollzogen sich so, daß eine regierende Partei im Amt blieb und lediglich einen anderen Koalitionspartner bekam: 1966 ersetzte die CDU ihren Partner FDP durch die SPD. 1969 blieb die SPD an der Regierung, aber mit der FDP statt der Union als Partner. 1982 blieb die FDP Regierungspartei, aber als Partner der CDU statt der SPD. 2005 blieb die SPD an der Macht, teilte sich diese aber statt mit den Grünen mit der CDU.
Das ist eine deutsche Besonderheit, die selten erörtert wird. Ich kenne kein Land Europas, in dem sich als der Regelfall der Regierungswechsel auf diese Weise mittels, sagen wir, Partnertausch vollzieht.
Auch bei den diesjährigen Bundestagswahlen wird es wieder so sein: Wie immer die Wahlen ausgehen - mindestens eine der beiden momentanen Regierungsparteien wird auch nach dem 27. September weiter regieren. Aber es könnte gut sein, daß dies das vorläufige Ende dieser deutschen Spezialität ist. Daß wir, mit anderen Worten, auch in dieser Hinsicht ein normales europäisches Land werden.
Ein wesentlicher Grund für die deutsche Besonderheit lag darin, daß es in der alten Bundesrepublik eine strukturelle rechte Mehrheit gab. Niemals bis zur Wiedervereinigung hatten linke Parteien die Mehrheit. Als 1966 die Regierung Erhard gescheitert war, fehlte der Opposition eine Grundlage dafür, die Macht zu übernehmen; sie konnte nur an ihr beteiltigt werden. Von 1969 bis 1982 konnte die SPD nur deshalb regieren, weil die Liberalen sich mit der Linken verbündet hatten.
Seit der Wiedervereinigung ist das anders. Im Osten haben vierzig Jahre Kommunismus die bürgerliche Mittelschicht, also den Träger liberaler und konservativer Parteien, weitgehend vernichtet.
Das führte in den Jahren nach der Wiedervereinigung zunächst zu einem nachgerade erratischen Wählerverhalten - mal wählte man rechts, mal links, mehrfach sogar mit erschreckend hohen Anteilen rechtsextrem.
Inzwischen hat sich das beruhigt. Der Osten ist rot. Man kann eine Mittelschicht ja nicht aus dem Boden stampfen. In sämtlichen ostdeutschen Ländern liegt - man kann es sich z.B. hier ansehen - die Volksfront vor Schwarzgelb; mit Ausnahme Sachsen sogar deutlich davor. Und damit hat Deutschland nicht mehr die bisherige strukturelle rechte Mehrheit.
Wie die Umfragen der vergangenen vier Jahre zeigen, pendeln das rechte und das linke Lager jetzt, Ost und West zusammengenommen, jeweils um die fünfzig Prozent. Das entpricht den Verhältnissen in den meisten der eingangs genannten Staaten und übrigens auch in den USA. Auf dieser Grundlage hängt es von der jeweiligen aktuellen Situation ab, welche Seite die Regierungsmehrheit gewinnt.
Es hätte schon in diesem Jahr zu dieser neuen Ausrichtung des Parteiensystems in einen rechten und einen linken Block kommen können. Als unter Beck/Nahles (richtiger wohl Nahles/Beck) die SPD auf die Volksfront zusteuerte und zu diesem Zweck Gesine Schwan sozusagen als Vorhut ins Rennen schickte, sah es danach aus. Aber durch den Sturz Becks und die Entmachtung von Nahles einerseits und durch die Vorkommnisse in Hessen andererseits ist die Volksfront erst einmal vertagt.
Genießen wir also noch einmal den Partnertausch nach dem 27. September 2009. Falls Schwarzgelb gewinnt, dann wird es aller Wahrscheinlichkeit nach ab 2013 dasselbe geben wie anderswo auch: Entweder darf die Regierung weitermachen, oder die bisherige Opposition löst sie ab.
In England stellen entweder die Tories oder Labour die Regierung. In Frankreich gibt es einen Rechtsblock unter Führung der Gaullisten (La Droite) und einen Linksblock (La Gauche), dessen Kernparteien die Sozialisten und die Kommunisten sind. Spanien hat ein weitgehendes Zweiparteien- System, in dem entweder die sozialistische PSOE oder die liberalkonservative PP regiert. In Griechenland wechselt die Regierungsmacht zwischen den Konservativen und den Sozialisten, angeführt durch die Familienclans der Karamanlis und Papandreou.
In Italien, das in der Nachkriegsrepublik ein sehr unübersichtliches Parteiensystem gehabt hatte, stehen einander inzwischen mit Berlusconis Rechtsblock und einem Linksblock aus Sozialisten, Kommunisten und diversen linksbürgerlichen Gruppen ebenfalls die Linke und die Rechte gegenüber.
In Skandinavien schließlich gibt es diese Verhältnisse schon seit der Nachkriegszeit. Meist regierten dort die Sozialdemokraten (inzwischen oft mit Hilfe der Kommunisten), von Zeit zu Zeit abgelöst durch ein "bürgerliches" Bündnis aus Konservativen, Liberalen und kleineren Parteien.
In einigen kleineren Ländern (Holland, Belgien, Österreich) sind die Verhältnisse komplizierter. Und in Deutschland.
Ein einziges Mal in der sechzigjährigen Geschichte der Bundesrepublik ereignete sich das, was andernorts Normalität ist: Eine rechte Regierung wurde aufgrund eines Wahlausgangs von einer linken abgelöst. Das war 1998.
Alle anderen Regierungswechsel vollzogen sich so, daß eine regierende Partei im Amt blieb und lediglich einen anderen Koalitionspartner bekam: 1966 ersetzte die CDU ihren Partner FDP durch die SPD. 1969 blieb die SPD an der Regierung, aber mit der FDP statt der Union als Partner. 1982 blieb die FDP Regierungspartei, aber als Partner der CDU statt der SPD. 2005 blieb die SPD an der Macht, teilte sich diese aber statt mit den Grünen mit der CDU.
Das ist eine deutsche Besonderheit, die selten erörtert wird. Ich kenne kein Land Europas, in dem sich als der Regelfall der Regierungswechsel auf diese Weise mittels, sagen wir, Partnertausch vollzieht.
Auch bei den diesjährigen Bundestagswahlen wird es wieder so sein: Wie immer die Wahlen ausgehen - mindestens eine der beiden momentanen Regierungsparteien wird auch nach dem 27. September weiter regieren. Aber es könnte gut sein, daß dies das vorläufige Ende dieser deutschen Spezialität ist. Daß wir, mit anderen Worten, auch in dieser Hinsicht ein normales europäisches Land werden.
Ein wesentlicher Grund für die deutsche Besonderheit lag darin, daß es in der alten Bundesrepublik eine strukturelle rechte Mehrheit gab. Niemals bis zur Wiedervereinigung hatten linke Parteien die Mehrheit. Als 1966 die Regierung Erhard gescheitert war, fehlte der Opposition eine Grundlage dafür, die Macht zu übernehmen; sie konnte nur an ihr beteiltigt werden. Von 1969 bis 1982 konnte die SPD nur deshalb regieren, weil die Liberalen sich mit der Linken verbündet hatten.
Seit der Wiedervereinigung ist das anders. Im Osten haben vierzig Jahre Kommunismus die bürgerliche Mittelschicht, also den Träger liberaler und konservativer Parteien, weitgehend vernichtet.
Das führte in den Jahren nach der Wiedervereinigung zunächst zu einem nachgerade erratischen Wählerverhalten - mal wählte man rechts, mal links, mehrfach sogar mit erschreckend hohen Anteilen rechtsextrem.
Inzwischen hat sich das beruhigt. Der Osten ist rot. Man kann eine Mittelschicht ja nicht aus dem Boden stampfen. In sämtlichen ostdeutschen Ländern liegt - man kann es sich z.B. hier ansehen - die Volksfront vor Schwarzgelb; mit Ausnahme Sachsen sogar deutlich davor. Und damit hat Deutschland nicht mehr die bisherige strukturelle rechte Mehrheit.
Wie die Umfragen der vergangenen vier Jahre zeigen, pendeln das rechte und das linke Lager jetzt, Ost und West zusammengenommen, jeweils um die fünfzig Prozent. Das entpricht den Verhältnissen in den meisten der eingangs genannten Staaten und übrigens auch in den USA. Auf dieser Grundlage hängt es von der jeweiligen aktuellen Situation ab, welche Seite die Regierungsmehrheit gewinnt.
Es hätte schon in diesem Jahr zu dieser neuen Ausrichtung des Parteiensystems in einen rechten und einen linken Block kommen können. Als unter Beck/Nahles (richtiger wohl Nahles/Beck) die SPD auf die Volksfront zusteuerte und zu diesem Zweck Gesine Schwan sozusagen als Vorhut ins Rennen schickte, sah es danach aus. Aber durch den Sturz Becks und die Entmachtung von Nahles einerseits und durch die Vorkommnisse in Hessen andererseits ist die Volksfront erst einmal vertagt.
Genießen wir also noch einmal den Partnertausch nach dem 27. September 2009. Falls Schwarzgelb gewinnt, dann wird es aller Wahrscheinlichkeit nach ab 2013 dasselbe geben wie anderswo auch: Entweder darf die Regierung weitermachen, oder die bisherige Opposition löst sie ab.
Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen Folgen dieser Serie finden Sie hier. Titelvignette: Der Reichstag. Vom Autor Norbert Aepli unter Creative Commons Attribution 2.5 - Linzenz freigegeben. Ausschnitt.