8. Februar 2014

Mit Losungen und bezogener Stellung


"Unsere Athleten sind mündige Staatsbürger. Wenn sie ihre Meinung äußern wollen, können und sollen sie das selbstverständlich tun", sagte Vesper in einem "Welt"-Interview. 
Sollen sie das? Warum eigentlich? Warum sollen Sportler die wegen des Sports in ein Gastland reisen, ihre Meinung zu politischen Themen des Gastlandes kundtun? 
Und was hat das mit der Mündigkeit des Staatsbürgers zu tun?
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Mich interessiert die persönliche Meinung eines Sportlers nicht. Auch nicht die eines Stars der Berlinale zum BER oder wie gern er vielleicht mit seinem Privatjet in Tempelhof gelandet wäre. Macht auch keiner dieser Stars. Weil die üblicherweise einen anderen Stil pflegen.
Aber bleiben wir bei Herrn Vesper der lt. der "Welt" weiter ausführt: 
Er werde aber niemanden drängen, es zu tun, und schon gar nicht als Patriarch auftreten, "der vorgibt, ob und wie sie sich zu äußern haben". 
Natürlich nicht. Deshalb betont er das auch noch einmal. Damit jeder weiß, dass er nicht als Patriarch auftritt. Und er sagt noch in dem Interview jeder hätte auch das Recht zu schweigen. Das haben sonst in dieser Art der Formulierung Angeklagte.

An dieser Stelle möchte ich die Floskel des mündigen Staatsbürgers etwas näher betrachten. Es ist ja schon etwas eigenartig betont zu bekommen man wäre mündig. Ja was denn sonst, möchte man ausrufen. Schließlich bezeichnet die Mündigkeit das Vermögen für sich selbst zu sprechen (und zu sorgen).

Also zum Einen meint der Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft die Athleten können und sollen politische Äusserungen tätigen, welche eine mögliche Verletzung des Artikels 50.3 der Olympischen Charta bedeuten könnte und zum Anderen meint er betonen zu müssen, niemanden dazu zu drängen. 
Zitat des entsprechenden Artikels:
No kind of demonstration or political, religious or racial propaganda is permitted in any Olympic sites, venues or other areas. 
"kind of demonstration" wird übersetzt mit "Art einer Äußerung" und "political propaganda" mit "politischer Werbung oder -Meinungsmache".

Mich erinnert dieses Vorgehen an die Solidaritätsbekundungen mit den Anschlägen auf Bahngleise (sogenanntes "Schottern") durch Politiker und Bundestagsabgeordnete die nicht zu diesen kriminellen Taten aufrufen, aber ihre Sympathie bekunden.

Der Sportphilosoph Gunter Gebauer hält den „mündigen Athleten“ für ein Ideal. Also den, der seine politischen Ansichten äußert. Womit er den Athleten der das Gastrecht nicht überfordern will und sich an die Olympische Charta hält, für unmündig erklärt. 
Aber er zeigt großzügig Verständnis: 
"Von den deutschen Sportlern sollte nicht verlangt werden, dass sie als politische Aktivisten auftreten im Vorfeld von oder dann in Sotschi. Das würde sie glatt überfordern. Von einigen Ausnahmen abgesehen gibt es ja keine politischen Köpfe, die demnächst als Bundestagsabgeordnete antreten würden." 
Wenn aber doch, ja dann wird das erwartet? 
Die "Welt" zitiert auch Thomas Alkemeyer, Sportpsychologe, der meint, den Sportlern wäre es zuzumuten, über die politischen Implikationen sportlicher Großereignisse auch einmal klar Stellung zu beziehen.

Hier wird m.E. der Versuch deutlich, Sportler für politische Zwecke zu funktionalisieren, um nicht zu sagen zu missbrauchen und ihre Mündigkeit eben nicht anzuerkennen.
Durch Funktionäre die, anstatt die Sportler für die Nation werben zu lassen, wie das hervorragende Outfit der amerikanischen Sportler zeigt, den Eindruck erwecken, dies für politische Botschaften zu tun. 

Wenn die Außenpolitik ihre Ziele nicht erreicht, schickt Deutschland seine Sportler, um Putin das Fürchten zu lehren. Mit Losungen und bezogener Stellung.

Erling Plaethe


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