22. Februar 2014

Marginalie: Elogen für einen alten Kameraden


Der Diktator von Simbabwe, Robert Mugabe, ist gestern 90 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass versuchte sich auch der demokratieabgabefinanzierte Rundfunk an einem Kurzporträt des Autokraten und machte dabei zumindest sprachlich keine besonders gute Figur.


In seinem Beitrag übersetzt Jan-Philippe Schlüter vom ARD-Hörfunkstudio Johannesburg die (in der eingebetteten Audio-Datei zwischen circa 00:00:12 und 00:00:18 hörbare) Lobhudelei des simbabwischen Staatsradios



A veteran politician with distinguished leadership qualities, Comrade Robert Mugabe …



folgendermaßen (Audio-Datei, circa 00:00:07 bis 00:00:12 sowie Transkription, Satz 2 des Haupttextes):



Kamerad Robert Mugabe, ein Politikveteran mit herausragenden Führungsqualitäten.


Zunächst einmal ist es ein Armutszeugnis, dass keiner der an diesem Beitrag Beteiligten (Urheber und Redaktion) zu wissen scheint, dass das englische Wort comrade in einem politischen Kontext der deutschen Vokabel Genosse entspricht. Aber selbst wenn man diese Unkenntnis noch entschuldigen mag: Bei jemandem, der häufig mit fremden Sprachen beziehungsweise deren Übersetzung befasst ist, müssten in einem solchen Fall alle Alarmglocken läuten: Kamerad passt hier irgendwie nicht, das sollte man spüren.
 
Ist es von den Mitarbeitern eines öffentlichrechtlichen Rundfunksenders zu viel verlangt, in ein kostenlos zugängliches Online-Wörterbuch zu schauen und gegebenenfalls in einer kostenlos abrufbaren Online-Enzyklopädie nachzuprüfen, ob sich für eine Assoziation Mugabes mit dem Kommunismus (beziehungsweise einer seiner Spielarten) Anhaltspunkte finden lassen?  

Klein nimmt sich gegen diese Übersetzungspanne ein phonetischer Fauxpas des Korrespondenten aus (Audio-Datei, circa 00:02:19 bis 00:02:22; die leicht abgewandelte Transkription dieser Passage, die den Fehler freilich nicht wiedergeben kann, findet sich im dritten Satz nach der Zwischenüberschrift „Eine große Jubelfeier“):


Seine Anhänger haben die Jubel-Elogen selbstverständlich schon parat.


Weiß beim Südwestrundfunk, dessen Funkhäuser und Studios nicht allzu weit vom Nachbarland Frankreich entfernt stehen, wiederum niemand, dass man das Fremdwort Eloge (von éloge) mit einem stimmhaften sch [ʒ] und eben nicht mit einem [g] spricht? Ein Blick in ein kostenlos zugängliches Online-Wörterbuch hätte auch hier für Abhilfe gesorgt.


Man mag die in dieser Marginalie formulierte Kritik für die Beckmesserei eines Sprach(en)fetischisten halten. Doch ist es nicht ebenso bezeichnend wie bedauerlich, dass einem pekuniär bestens ausgestatteten Sender solche vermeidbaren Irrtümer unterlaufen und dass dort offenbar niemand willens oder fähig ist, jene Quellen der Information zu benutzen, die heutzutage schon jedem Schüler vertraut sind?

Gestern war – nebenbei bemerkt – auch Internationaler Tag der Muttersprache.

Noricus


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