François Bayrou ist gescheitert, jedenfalls auf absehbare Zeit. Nach Bayrous beständigem Aufstieg seit Anfang des Jahres kam die Wende seltsamerweise zu dem Augenblick im Wahlkampf, der sein größter Triumph zu sein schien: Die Debatte mit Ségolène Royal zwischen den beiden Wahlgängen.
Damals hatte er nicht nur den ersten Wahlgang mit einem exzellenten Ergebnis hinter sich gebracht, sondern es auch noch geschafft, als Drittplazierter zwischen den beiden Wahlgängen in den Schlagzeilen zu bleiben.
Er hatte sich in der Debatte Royal ein wenig genähert; aber nur gerade so viel, daß er sich als Oppositionsführer nach dem zu erwartenden Sieg Sarkozys profiliert hatte. Seine Ziel, an die Stelle der jetzigen rückständigen, mit den Kommunisten verbündeten Linken eine moderne Linke Mitte zu setzen, schien damals erreichbar; auch ich sah das zu diesem Zeitpunkt so.
Bayrou hatte aber einen Faktor falsch eingeschätzt. Und zwar einen wichtigen Faktor so radikal falsch, wie das einem Spitzenpolitiker eigentlich nicht passieren darf. Das wurde deutlich in den Tagen nach der Wahl Sarkozys. Die französische Presse benutzte harte Worte dafür. In einer Zeitung wurde der Alte Fritz mit "Hunde, wollt ihr ewig leben?" zitiert, in einer anderen war von "Kanonenfutter" die Rede.
Bayrou hatte es schlicht versäumt, sich um das Schicksal der Abgeordneten seiner bisherigen Partei, der UDF, zu kümmern. Der sortants, wie man das in Frankreich nennt, die eben nicht sortants sein wollen - der bisherigen Abgeordneten, die keine ehemaligen werden möchten.
Diese nämlich waren bei den letzten Parlamentswahlen fast alle durch Wahlabsprachen mit der UMP, der Partei Sarkozys, in die Nationalversammlung gekommen. Und Bayrous Techtelmechtel mit den Sozialisten, gipfelnd in der Mitteilung, er werde Sarkozy nicht wählen, drohte ihnen folglich das Aus zu bescheren.
Bayrou habe, so ungefähr las ich es in einer Zeitung, mit der Annäherung an Royal sich selbst in Szene gesetzt und sich einen Dreck darum gekümmert, was aus seinen Getreuen werden würde, wenn sie die Unterstützung durch die UMP verlören.
Und so wurden sie Bayrou untreu, die Getreuen. Nicht nur erklärten fast alle UDF- Abgeordneten zwischen den beiden Wahlgängen, sie würden für Sarkozy stimmen. Nicht nur ging einer der Getreuesten, Hervé Morin, nach Sarkozys Sieg mit fliegenden Fahnen zu diesem über und ließ sich von ihm zum Verteidigungsminister machen.
Sondern als Bayrou seine neue Bewegung, das Mouvement Démocrate (MoDem) gründete, war kaum eine Handvoll dieser Abgeordneten auch nur auf der Gründungs- Versammlung anwesend. Und in den Wahlkreisen treten sie nun unter einem eigenen Etikett an, Parti social libéral européen. Fast alle bisherige Fraktionskollegen Bayrous kandidieren jetzt gegen die Kandidaten seiner neuen Partei!
Also: Bayrou, c'est fini, jedenfalls fürs erste. Und doch - Bayrou a gagné. Gewonnen haben die Ideen Bayrous, jedenfalls viele seiner zentralen Ideen.
Im "Nouvel Observateur" dieser Woche wundert sich mein Lieblings- Kommentator Jacques Julliard darüber, daß Sarkozy keineswegs das "rechte" Kabinett gebildet hat, das man von ihm erwartet hatte. Da sei nichts von dem "Geruch des Ultra- Liberalismus", den die Linke von einem Kabinett Sarkozys erwartet hatte. Die Linken könnten ihre Gasmasken, die sie für den Stellungskrieg ausgepackt hätten, wieder wegpacken.
In der Tat - ein sehr ähnliches Kabinett hatte Bayrou für den Fall seiner Wahl angekündigt; mit Ministern aus der Rechten, der Linken, der Mitte in den Schlüsselposition. Sarkozy hat jetzt nicht nur den Bayrou- Vertrauten Morin als Verteidigungsminister, sondern gar den Linken Kouchner, einst Minister Mitterands, als Außenminister.
Und auch Bayrous Lieblingsthema - "Weniger Staat, mehr Vertrauen in die Selbständigkeit der Bürger" - findet sich in den Ankündigungen von Sarkozy. Wie überhaupt die Ziele, die er in seiner Rede zur Amtseinführung formulierte, fast Punkt für Punkt mit dem Programm Bayrous übereinstimmten: Die Franzosen zusammenführen, klare moralische Werte setzen, Leistung solle sich wieder lohnen, Frankreich müsse sich dem weltweiten Wettbewerb stellen.
Kurzum: Sarkozy präsentiert sich im Augenblick als der beste Bayrou, den es je gab.
Wie wird es mit Bayrou weitergehen? Wenn nicht noch etwas sehr Überraschendes geschieht, wird sein MoDem, mangels Wahlabsprachen zwischen den beiden Parlaments- Wahlgängen, im Parlament so gut wie keine Rolle spielen. (Ganz anders, als ich es seinerzeit erwartet hatte).
Allerdings gärt es im Augenblick bei den Sozialisten. Deren sozialdemokratischem Flügel (Rocard, Strauss-Kahn) steht Bayrou nicht allzu fern. Vielleicht hat seine Idee einer Partei, die weder von Bündnissen mit den Linksextremisten noch von Wählerstimmen von Rechtsextremisten abhängt, doch noch eine Chance, falls das französische Parteiensystem nach den Wahlen in Bewegung kommen sollte.
Damals hatte er nicht nur den ersten Wahlgang mit einem exzellenten Ergebnis hinter sich gebracht, sondern es auch noch geschafft, als Drittplazierter zwischen den beiden Wahlgängen in den Schlagzeilen zu bleiben.
Er hatte sich in der Debatte Royal ein wenig genähert; aber nur gerade so viel, daß er sich als Oppositionsführer nach dem zu erwartenden Sieg Sarkozys profiliert hatte. Seine Ziel, an die Stelle der jetzigen rückständigen, mit den Kommunisten verbündeten Linken eine moderne Linke Mitte zu setzen, schien damals erreichbar; auch ich sah das zu diesem Zeitpunkt so.
Bayrou hatte aber einen Faktor falsch eingeschätzt. Und zwar einen wichtigen Faktor so radikal falsch, wie das einem Spitzenpolitiker eigentlich nicht passieren darf. Das wurde deutlich in den Tagen nach der Wahl Sarkozys. Die französische Presse benutzte harte Worte dafür. In einer Zeitung wurde der Alte Fritz mit "Hunde, wollt ihr ewig leben?" zitiert, in einer anderen war von "Kanonenfutter" die Rede.
Bayrou hatte es schlicht versäumt, sich um das Schicksal der Abgeordneten seiner bisherigen Partei, der UDF, zu kümmern. Der sortants, wie man das in Frankreich nennt, die eben nicht sortants sein wollen - der bisherigen Abgeordneten, die keine ehemaligen werden möchten.
Diese nämlich waren bei den letzten Parlamentswahlen fast alle durch Wahlabsprachen mit der UMP, der Partei Sarkozys, in die Nationalversammlung gekommen. Und Bayrous Techtelmechtel mit den Sozialisten, gipfelnd in der Mitteilung, er werde Sarkozy nicht wählen, drohte ihnen folglich das Aus zu bescheren.
Bayrou habe, so ungefähr las ich es in einer Zeitung, mit der Annäherung an Royal sich selbst in Szene gesetzt und sich einen Dreck darum gekümmert, was aus seinen Getreuen werden würde, wenn sie die Unterstützung durch die UMP verlören.
Und so wurden sie Bayrou untreu, die Getreuen. Nicht nur erklärten fast alle UDF- Abgeordneten zwischen den beiden Wahlgängen, sie würden für Sarkozy stimmen. Nicht nur ging einer der Getreuesten, Hervé Morin, nach Sarkozys Sieg mit fliegenden Fahnen zu diesem über und ließ sich von ihm zum Verteidigungsminister machen.
Sondern als Bayrou seine neue Bewegung, das Mouvement Démocrate (MoDem) gründete, war kaum eine Handvoll dieser Abgeordneten auch nur auf der Gründungs- Versammlung anwesend. Und in den Wahlkreisen treten sie nun unter einem eigenen Etikett an, Parti social libéral européen. Fast alle bisherige Fraktionskollegen Bayrous kandidieren jetzt gegen die Kandidaten seiner neuen Partei!
Also: Bayrou, c'est fini, jedenfalls fürs erste. Und doch - Bayrou a gagné. Gewonnen haben die Ideen Bayrous, jedenfalls viele seiner zentralen Ideen.
Im "Nouvel Observateur" dieser Woche wundert sich mein Lieblings- Kommentator Jacques Julliard darüber, daß Sarkozy keineswegs das "rechte" Kabinett gebildet hat, das man von ihm erwartet hatte. Da sei nichts von dem "Geruch des Ultra- Liberalismus", den die Linke von einem Kabinett Sarkozys erwartet hatte. Die Linken könnten ihre Gasmasken, die sie für den Stellungskrieg ausgepackt hätten, wieder wegpacken.
In der Tat - ein sehr ähnliches Kabinett hatte Bayrou für den Fall seiner Wahl angekündigt; mit Ministern aus der Rechten, der Linken, der Mitte in den Schlüsselposition. Sarkozy hat jetzt nicht nur den Bayrou- Vertrauten Morin als Verteidigungsminister, sondern gar den Linken Kouchner, einst Minister Mitterands, als Außenminister.
Und auch Bayrous Lieblingsthema - "Weniger Staat, mehr Vertrauen in die Selbständigkeit der Bürger" - findet sich in den Ankündigungen von Sarkozy. Wie überhaupt die Ziele, die er in seiner Rede zur Amtseinführung formulierte, fast Punkt für Punkt mit dem Programm Bayrous übereinstimmten: Die Franzosen zusammenführen, klare moralische Werte setzen, Leistung solle sich wieder lohnen, Frankreich müsse sich dem weltweiten Wettbewerb stellen.
Kurzum: Sarkozy präsentiert sich im Augenblick als der beste Bayrou, den es je gab.
Wie wird es mit Bayrou weitergehen? Wenn nicht noch etwas sehr Überraschendes geschieht, wird sein MoDem, mangels Wahlabsprachen zwischen den beiden Parlaments- Wahlgängen, im Parlament so gut wie keine Rolle spielen. (Ganz anders, als ich es seinerzeit erwartet hatte).
Allerdings gärt es im Augenblick bei den Sozialisten. Deren sozialdemokratischem Flügel (Rocard, Strauss-Kahn) steht Bayrou nicht allzu fern. Vielleicht hat seine Idee einer Partei, die weder von Bündnissen mit den Linksextremisten noch von Wählerstimmen von Rechtsextremisten abhängt, doch noch eine Chance, falls das französische Parteiensystem nach den Wahlen in Bewegung kommen sollte.