Nach der Verfassung der Fünften Republik ist der französische Präsident für die Außen- und Verteidigungs- Politik zuständig, während die anderen Bereiche in der Verantwortung des Premiers liegen. Dieser wird zwar auch vom Präsidenten ausgewählt und ernannt, ist aber vom Vertrauen der Nationalversammlung abhängig.
Wieweit Sarkozy seine innen- und vor allem seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen verwirklichen kann, wird deshalb wesentlich vom Ausgang der Wahlen zur Nationalversammlung im Juni abhängen. Allerdings haben die Franzosen in der Fünften Republik bisher immer einem neu gewählten Präsidenten auch eine Mehrheit im Parlament gewährt - sozusagen, um ihm zunächst eine faire Chance zu geben.
Sicher ist das aber nie; auch diesmal nicht, obwohl die Chancen für Sarkozy gut stehen. Wie immer diese Wahlen ausgehen - der Außenpolitik jedenfalls wird Sarkozy seinen Stempel aufdrücken.
Und das wird vor allem einen treffen: Wladimir Putin.
Wie rosig sah die Welt für Putin vor vier Jahren aus, im Frühsommer 2003! Schröder hatte sich gegen die USA gestellt. Und nicht genug damit: Eine Achse Moskau- Berlin- Paris war im Entstehen begriffen. (Für Einzelheiten zum Folgenden siehe hier unter "Kommentare").
Nachdem Schröder die transatlantische Zusammenarbeit faktisch auf Eis gelegt, wenn nicht aufgekündigt hatte, hatten sowohl Chirac als auch Putin die Chance erkannt, jahrzehntealte Ziele ihrer jeweiligen Länder zu erreichen:
Chirac konnte hoffen, die französisch- deutsche Allianz gegen die USA zu schmieden, die de Gaulle und seine Nachfolger immer angestrebt hatten. Schröder, der um die Jahreswende 2002/2003 nach seiner Abkehr von den USA international weitgehend isoliert gewesen war, hatte ja nur noch ihn als Verbündeten. Im Januar 2003 traf man sich in Deutschland, und danach kämpften Chirac und Schröder, kämpften Joschka Fischer und Dominique de Villepin Arm in Arm gegen die USA.
Den Irak-Krieg verhindern konnten sie natürlich nicht. Aber sie konnten - und das gelang ihnen bekanntlich - die USA ins Unrecht setzen, indem sie die von diesen angestrebte Resolution des Weltsicherheitsrats verhinderten, die diesem Krieg eine allgemein anerkannte Legitimation gegeben hätte. Das hat den Gang der Entwicklung im Irak bis auf den heutigen Tag ganz entscheidend belastet.
Und Putin sah sofort, daß diese neue französisch- deutsche Allianz auf Rußland angewiesen sein würde. Auch für ihn lag ein jahrzehntelanges Ziel zum Greifen nahe: Wären die USA erst einmal durch die französisch- deutsche Allianz aus Mitteleuropa herausgedrängt, dann könnte Rußland wieder seine offensive Westpolitik aufnehmen, die ein halbes Jahrhundert lang an der Standhaftigkeit vor allem der deutschen Bundeskanzler von Adenauer bis Kohl gescheitert war.
Vorbei. Statt des US-feindlichen Gerhard Schröder regiert Angela Merkel. Und in Frankreich verlor der US-feindliche Dominique de Villepin erst sein Amt als Premierminister und dann die Kandidatur für die Präsidentschaft.
Auch dort regiert demnächst ein Atlantiker. So eindeutig für die transatlantische Partnerschaft eingetreten wie Nicolas Sarkozy ist noch kein Staatspräsident der Fünften Republik.
In Rußland sieht man durchaus diese Wendung der Dinge. Hier ist ein Auszug aus einem Artikel der Moscow Times, die sich hauptsächlich an in Rußland lebende Ausländer wendet; der Autor ist ein Amerikaner in Paris, Richard Robert:
In der Tat: Westlich der Ukraine ist nun für Putin kein Verbündeter mehr in Sicht. Sarkozy wird gewiß die nationalen Interessen seines Landes vertreten, wie das seine Pflicht ist. Aber - siehe dazu auch den lesenswerten Kommentar von Manfred Messmer - gestern ist ein halbes Jahrhundert gaullistischer Außenpolitik zu Ende gegangen. Einer auf den Fetisch nationaler Selbständigkeit bezogenen Politik, die auch der Sozialist Mitterand betrieben hatte, in dieser Hinsicht gaullistischer als viele Gaullisten.
Das ist jetzt, das ist seit gestern um 20 Uhr, Geschichte.
Wieweit Sarkozy seine innen- und vor allem seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen verwirklichen kann, wird deshalb wesentlich vom Ausgang der Wahlen zur Nationalversammlung im Juni abhängen. Allerdings haben die Franzosen in der Fünften Republik bisher immer einem neu gewählten Präsidenten auch eine Mehrheit im Parlament gewährt - sozusagen, um ihm zunächst eine faire Chance zu geben.
Sicher ist das aber nie; auch diesmal nicht, obwohl die Chancen für Sarkozy gut stehen. Wie immer diese Wahlen ausgehen - der Außenpolitik jedenfalls wird Sarkozy seinen Stempel aufdrücken.
Und das wird vor allem einen treffen: Wladimir Putin.
Wie rosig sah die Welt für Putin vor vier Jahren aus, im Frühsommer 2003! Schröder hatte sich gegen die USA gestellt. Und nicht genug damit: Eine Achse Moskau- Berlin- Paris war im Entstehen begriffen. (Für Einzelheiten zum Folgenden siehe hier unter "Kommentare").
Nachdem Schröder die transatlantische Zusammenarbeit faktisch auf Eis gelegt, wenn nicht aufgekündigt hatte, hatten sowohl Chirac als auch Putin die Chance erkannt, jahrzehntealte Ziele ihrer jeweiligen Länder zu erreichen:
Chirac konnte hoffen, die französisch- deutsche Allianz gegen die USA zu schmieden, die de Gaulle und seine Nachfolger immer angestrebt hatten. Schröder, der um die Jahreswende 2002/2003 nach seiner Abkehr von den USA international weitgehend isoliert gewesen war, hatte ja nur noch ihn als Verbündeten. Im Januar 2003 traf man sich in Deutschland, und danach kämpften Chirac und Schröder, kämpften Joschka Fischer und Dominique de Villepin Arm in Arm gegen die USA.
Den Irak-Krieg verhindern konnten sie natürlich nicht. Aber sie konnten - und das gelang ihnen bekanntlich - die USA ins Unrecht setzen, indem sie die von diesen angestrebte Resolution des Weltsicherheitsrats verhinderten, die diesem Krieg eine allgemein anerkannte Legitimation gegeben hätte. Das hat den Gang der Entwicklung im Irak bis auf den heutigen Tag ganz entscheidend belastet.
Und Putin sah sofort, daß diese neue französisch- deutsche Allianz auf Rußland angewiesen sein würde. Auch für ihn lag ein jahrzehntelanges Ziel zum Greifen nahe: Wären die USA erst einmal durch die französisch- deutsche Allianz aus Mitteleuropa herausgedrängt, dann könnte Rußland wieder seine offensive Westpolitik aufnehmen, die ein halbes Jahrhundert lang an der Standhaftigkeit vor allem der deutschen Bundeskanzler von Adenauer bis Kohl gescheitert war.
Vorbei. Statt des US-feindlichen Gerhard Schröder regiert Angela Merkel. Und in Frankreich verlor der US-feindliche Dominique de Villepin erst sein Amt als Premierminister und dann die Kandidatur für die Präsidentschaft.
Auch dort regiert demnächst ein Atlantiker. So eindeutig für die transatlantische Partnerschaft eingetreten wie Nicolas Sarkozy ist noch kein Staatspräsident der Fünften Republik.
In Rußland sieht man durchaus diese Wendung der Dinge. Hier ist ein Auszug aus einem Artikel der Moscow Times, die sich hauptsächlich an in Rußland lebende Ausländer wendet; der Autor ist ein Amerikaner in Paris, Richard Robert:
Both Chirac and Villepin played significant roles in the creation of the Paris- Berlin- Moscow axis in the lead up to the Iraq war. In charge of foreign affairs from 2002 to 2004, Villepin worked hand in hand with Chirac to create an alliance with Putin and German Chancellor Gerhardt Schröder. (...)
Both Villepin and Chirac had a strong background in foreign affairs, which is a presidential prerogative under the French Constitution. To strengthen his candidacy, Sarkozy not only had to prove his competence in this area, but also to stake out a distinctive position.
As a result, his whole campaign has been based on the idea of a rupture with the past and distancing himself from Chirac's legacy. (...) A more pro-U.S. stance has helped Sarkozy in another way. By stating his intention to change the "French model," Sarkozy has borrowed generously from U. S. rhetoric (...) As a result, Sarkozy's policies sometimes appear close to those of U.S. Republicans.
Sowohl Chirac als Villepin spielten eine maßgebliche Rolle in der Schaffung der Achse Paris- Berlin- Moskau im Vorfeld des Irak- Kriegs. Als Außenminister von 2002 bis 2004 arbeitete Villepin Hand in Hand mit Chirac bei der Schaffung einer Allianz mit Putin und dem deutschen Kanzler Schröder. (...)
Sowohl Villepin als auch Chirac hatten einen starken außenpolitischen Hintergrund; die Außenpolitik ist unter der Verfassung der Fünften Republik ein Vorrecht des Präsidenten. Um seine Kandidatur zu stärken, mußte Sarkozy nicht nur seine Kompetenz in diesem Bereich beweisen, sondern auch eine spezifische Haltung abstecken.
Folglich war sein gesamter Wahlkampf auf dem Gedanken eines Bruchs mit der Vergangenheit aufgebaut, auf einer Distanzierung von der Hinterlassenschaft Chiracs. (...) Eine USA- freundlichere Position hat Sarkozy noch in anderer Hinsicht geholfen. Indem er seine Absicht verkündete, das "französische Modell" zu ändern, bedient sich Sarkozy reichlich der Rhetorik der USA. (...) So erscheint die Politik Sarkozys manchmal derjenigen der US-Republikaner ähnlich.
In der Tat: Westlich der Ukraine ist nun für Putin kein Verbündeter mehr in Sicht. Sarkozy wird gewiß die nationalen Interessen seines Landes vertreten, wie das seine Pflicht ist. Aber - siehe dazu auch den lesenswerten Kommentar von Manfred Messmer - gestern ist ein halbes Jahrhundert gaullistischer Außenpolitik zu Ende gegangen. Einer auf den Fetisch nationaler Selbständigkeit bezogenen Politik, die auch der Sozialist Mitterand betrieben hatte, in dieser Hinsicht gaullistischer als viele Gaullisten.
Das ist jetzt, das ist seit gestern um 20 Uhr, Geschichte.