Die Strategie der Moslembrüder ist es, sich solange bescheiden, bündnisorientiert und pluralistisch zu geben, wie sie noch von der Macht entfernt sind. Bietet sich die Chance auf Ergreifung der Macht, dann ist davon keine Rede mehr; dann legt man offen, daß das Ziel der islamistische Staat unter der Scharia ist (siehe "Morsi hat die Macht an sich gerissen"; ZR vom 26. 11. 2012).
Das taktische Kunststück bei dieser Zwei-Phasen-Strategie ist es, den Übergang von der ersten zur zweiten Phase richtig zu terminieren. Es scheint, daß dem Präsidenten Morsi dabei jetzt ein Fehler unterlaufen ist.
Noch im Frühjahr dieses Jahres wollten die Moslembrüder gar keinen Kandidaten für das Amt des Präsidenten aufstellen. Dann sahen sie sich stark genug, es doch zu tun. Nach Morsis wenn auch knappem Wahlsieg hielten sie sich gar für so weit gestärkt, daß sie mit der Entmachtung des Militärs und der Übertragung der Befugnisse des Obersten Militärrats (SCAF) auf Morsi die Machtübernahme einleiteten (siehe Morsi vollendet seine Machtergreifung vom 12. August; ZR vom 23. 11. 2012).
Den letzten Schritt wollte Morsi jetzt tun. Nachdem er sich im August die Befugnisse des Parlaments angeeignet hatte, sollte jetzt die Justiz entmachtet werden, die als Letztes der totalen Herrschaft der Moslembruderschaft im Wege stand.
Der Zeitpunkt schien günstig zu sein, nachdem Morsi als der ehrliche Makler zwischen Israel und der Hamas aufgewertet worden war; Hillary Clinton hatte ihn gar zu seiner persönlichen Führungsrolle beglückwünscht.
Morsi mochte gehofft haben, daß im Gefolge dieses persönlichen Triumphs der zweite Teil seines Staatsstreichs auf keinen großen Widerstand mehr treffen würde. Aber die letzten beiden Tage haben gezeigt, daß dies ein Irrtum war. Gestern gab es in Kairo die größte Demonstration seit dem Sturz Mubaraks.
Entscheidend dafür, daß Mubarak damals stürzte, war der Umstand gewesen, daß das Militär ihm seine Unterstützung entzog (siehe Der schönste Militärputsch, den es je gab? Mubarak, Obama und Mohamed Hussein Tantawi; ZR vom 12. 2. 2011).
Im August dieses Jahres hat das Militär es nahezu widerstandslos hingenommen, daß Morsi den SCAF entmachtete. Die Soldaten schienen bereit zu sein, sich aus der Politik zurückzuziehen; sich jedenfalls fortan im Hintergrund zu halten. Aber wird das Militär sich in der jetzigen Auseinandersetzung auf die Seite Morsis und der Moslembrüder schlagen?
Es gibt Anzeichen, die dagegen sprechen. Gestern am späten Abend berichtete Stratfor ein interessantes Detail:
Die Angriffe auf Büros der Moslembruderschaft häufen sich. Inzwischen wurden 16 Büros in 9 Städten attackiert. Als Reaktion hat die Moslembruderschaft das Militär offiziell aufgefordert, ihren Hauptsitz in Kairo zu schützen. Dies war, so Stratfor, ein ostentativer Akt: Der Versuch, vom Militär anerkennen zu lassen, daß dieser Sitz der Moslembruderschaft eine Quasi-Regierungseinrichtung ist.
Das Militär reagierte kühl. Die Streitkräfte seien loyal allein dem Volk gegenüber und sähen ihre Aufgabe darin, die Nation zu schützen, erklärte ein Militärsprecher.
Und also nicht speziell die Moslembrüder.
Bei den Unruhen Anfang 2011 nutzte das Militär die Demonstrationen, um sich Mubaraks zu entledigen. Es ist möglich, daß dann, wenn die Auseinandersetzungen zwischen Morsis Regierung und Demonstranten eskalieren, das Militär noch einmal auf die politische Bühne zurückkehrt, von der es sich ja erst vor kaum einem Vierteljahr vorerst verabschiedet hatte.
Daß am Ende der jetzigen neuen Phase in der ägyptischen Revolution ein Sieg der Moslembrüder stehen wird, ist zwar das wahrscheinlichste Ergebnis. Sicher aber ist das keineswegs.
Das taktische Kunststück bei dieser Zwei-Phasen-Strategie ist es, den Übergang von der ersten zur zweiten Phase richtig zu terminieren. Es scheint, daß dem Präsidenten Morsi dabei jetzt ein Fehler unterlaufen ist.
Noch im Frühjahr dieses Jahres wollten die Moslembrüder gar keinen Kandidaten für das Amt des Präsidenten aufstellen. Dann sahen sie sich stark genug, es doch zu tun. Nach Morsis wenn auch knappem Wahlsieg hielten sie sich gar für so weit gestärkt, daß sie mit der Entmachtung des Militärs und der Übertragung der Befugnisse des Obersten Militärrats (SCAF) auf Morsi die Machtübernahme einleiteten (siehe Morsi vollendet seine Machtergreifung vom 12. August; ZR vom 23. 11. 2012).
Den letzten Schritt wollte Morsi jetzt tun. Nachdem er sich im August die Befugnisse des Parlaments angeeignet hatte, sollte jetzt die Justiz entmachtet werden, die als Letztes der totalen Herrschaft der Moslembruderschaft im Wege stand.
Der Zeitpunkt schien günstig zu sein, nachdem Morsi als der ehrliche Makler zwischen Israel und der Hamas aufgewertet worden war; Hillary Clinton hatte ihn gar zu seiner persönlichen Führungsrolle beglückwünscht.
Morsi mochte gehofft haben, daß im Gefolge dieses persönlichen Triumphs der zweite Teil seines Staatsstreichs auf keinen großen Widerstand mehr treffen würde. Aber die letzten beiden Tage haben gezeigt, daß dies ein Irrtum war. Gestern gab es in Kairo die größte Demonstration seit dem Sturz Mubaraks.
Entscheidend dafür, daß Mubarak damals stürzte, war der Umstand gewesen, daß das Militär ihm seine Unterstützung entzog (siehe Der schönste Militärputsch, den es je gab? Mubarak, Obama und Mohamed Hussein Tantawi; ZR vom 12. 2. 2011).
Im August dieses Jahres hat das Militär es nahezu widerstandslos hingenommen, daß Morsi den SCAF entmachtete. Die Soldaten schienen bereit zu sein, sich aus der Politik zurückzuziehen; sich jedenfalls fortan im Hintergrund zu halten. Aber wird das Militär sich in der jetzigen Auseinandersetzung auf die Seite Morsis und der Moslembrüder schlagen?
Es gibt Anzeichen, die dagegen sprechen. Gestern am späten Abend berichtete Stratfor ein interessantes Detail:
Die Angriffe auf Büros der Moslembruderschaft häufen sich. Inzwischen wurden 16 Büros in 9 Städten attackiert. Als Reaktion hat die Moslembruderschaft das Militär offiziell aufgefordert, ihren Hauptsitz in Kairo zu schützen. Dies war, so Stratfor, ein ostentativer Akt: Der Versuch, vom Militär anerkennen zu lassen, daß dieser Sitz der Moslembruderschaft eine Quasi-Regierungseinrichtung ist.
Das Militär reagierte kühl. Die Streitkräfte seien loyal allein dem Volk gegenüber und sähen ihre Aufgabe darin, die Nation zu schützen, erklärte ein Militärsprecher.
Und also nicht speziell die Moslembrüder.
Bei den Unruhen Anfang 2011 nutzte das Militär die Demonstrationen, um sich Mubaraks zu entledigen. Es ist möglich, daß dann, wenn die Auseinandersetzungen zwischen Morsis Regierung und Demonstranten eskalieren, das Militär noch einmal auf die politische Bühne zurückkehrt, von der es sich ja erst vor kaum einem Vierteljahr vorerst verabschiedet hatte.
Daß am Ende der jetzigen neuen Phase in der ägyptischen Revolution ein Sieg der Moslembrüder stehen wird, ist zwar das wahrscheinlichste Ergebnis. Sicher aber ist das keineswegs.
Zettel
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