Ja, ich habe Mist gebaut. Ich habe mich - eventuell unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften - in einen stinkenden Schweinestall begeben, um ihn auszumisten. Mir ist klar, wenn ich da wieder herauskomme, bleibt an mir mehr als nur Geruch hängen.
Der des Besitzes von Kinderpornografie beschuldigte Abgeordnete Jörg Tauss laut der FAZ zur Erklärung seines Verhaltens. Den vollständigen Wortlaut seiner längeren Erklärung findet man hier.
Kommentar: Seit ich vor knapp einer Woche den ersten Artikel zum Fall des Abgeordneten Tauss schrieb, sind Einzelheiten herausgekommen, die Tauss in keinem guten Licht erscheinen lassen. Er hatte intensiven Handy- Kontakt mit einem einschlägigen Lieferanten. Er wurde von diesem offenbar beliefert. Das belastende Material war auch nicht - wie ich es aus der ersten Meldung geschlossen hatte - in seinem Büro gefunden worden, sondern in seiner Berliner Wohnung.
Für die Staatsanwaltschaft sind das Indizien dafür, daß er sich Kinder- Pornografie zu den Zwecken beschafft hat, zu denen das deren Konsumenten tun. Tauss aber erzählt die Geschichte, der das Zitat entnommen ist, und die so weitergeht:
Warum in aller Welt machte sich der Abgeordnete Tauss persönlich auf in den "Schweinestall", auf den Spuren des Herakles, der den Stall des Augias ausmisten mußte?
Ist also Jörg Tauss ein ganz "normaler" Pädophiler, der nur zufällig auch als Abgeordneter mit dem Thema Kinder- Pornografie befaßt ist? Oder der sich dieses Thema vielleicht just deshalb ausgesucht, um seine Neigung zu tarnen? Vielleicht. Aber es könnte etwas komplexer sein.
In den siebziger Jahren wurde in vielen Ländern die Pornografie freigegeben; in Deutschland im Jahr 1975. Schon in den Jahren zuvor waren die Maßstäbe für das, was veröffentlichbar ist, immer lockerer geworden. Es gab eine regelrechte Flut von Zeitschriften wie die "St. Pauli Nachrichten", die vorübergehend Millionen- Auflagen erreichten und in denen die Bilder immer freizügiger wurden, bis die Ordnungsämter einzuschreiten begannen.
Damals lernte ich in einer Kneipe im Ruhrgebiet einen anderen Gast kennen, der mir im Lauf eines kleinen Thekengesprächts erzählte, daß er Beamter des Ordnungsamts sei. Aktuell beauftragt damit, Zeitschriften des Genres "St. Pauli Nachrichten" an den Kiosken zu sichten und gegebenfalls einzuziehen, falls sie Darstellungen enthielten, die die Grenzen des damals Erlaubten überschritten.
Und dann öffnete dieser Mann seine Aktentasche und zeigte mir und den anderen am Tresen, welche tollen Funde er gemacht hatte. Nicht ohne uns auf besonders "scharfe" Bilder aufmerksam zu machen. Offensichtlich seiner Tätigkeit voll und ganz hingegeben; höchst angetan von dem Material, das er da erjagt hatte. Nicht nur die Erfüllung seiner amtlichen Pflichten genießend, sondern auch deren Gegenstand.
Ich habe diese Geschichte nicht vergessen, weil mir damals etwas bewußt geworden ist, was für Kenner der Psychoanalyse sozusagen Grundwissen ist: Dieselbe Handlung, derselbe psychische Vorgang kann zugleich den Anforderungen des Überich genügen und der Erfüllung libidinöser Wünsche dienen.
Freud hat das an zahlreichen Beispielen zu demonstrieren versucht, am detailliersten beim Traum, der seiner Ansicht nach die verdeckte Erfüllung verdrängter Wünsche ist. Die unmittelbare (halluzinatorische) Erfüllung solcher Wünsche läßt die Zensur (obwohl im Traum herabgesetzt) nicht zu. Aber in verdeckter Form - durch Symbolbildung zum Beispiel, durch Verdichtung und Verschiebung - gelingt es dem Es, sich gewissermaßen an der Zensur vorbeizumogeln. Sie zu überlisten, weil sie nicht merkt, was da gespielt wird.
Ob nun diese Traumtheorie Sigmund Freuds stimmt oder nicht (wahrscheinlich stimmt sie nicht) - so ungefähr mag es auch bei dem Abgeordneten Tauss gewesen sein. Er hat sich aus seiner Perspektive - sozusagen der seines Überich - möglicherweise wirklich nichts vorzuwerfen. Ein Kämpfer gegen die Kinder- Pornografie.
Der aber doch auch, sagen wir, mit Lust bei der Arbeit gewesen ist. Wie jener damalige Beamte des Ordnungsamts. Und der das natürlich - so könnte es sein - im Grunde auch sehr gut wußte.
Natürlich ist das nur eine Möglichkeit. Es kann auch sein, daß den Abgeordneten Tauss wirklich nur die besten Absichten motivierten. Es kann auch sein, daß er ein Pädophiler ist, der ein Doppelleben führte. Aber es könnte eben auch komplexer sein.
Der des Besitzes von Kinderpornografie beschuldigte Abgeordnete Jörg Tauss laut der FAZ zur Erklärung seines Verhaltens. Den vollständigen Wortlaut seiner längeren Erklärung findet man hier.
Kommentar: Seit ich vor knapp einer Woche den ersten Artikel zum Fall des Abgeordneten Tauss schrieb, sind Einzelheiten herausgekommen, die Tauss in keinem guten Licht erscheinen lassen. Er hatte intensiven Handy- Kontakt mit einem einschlägigen Lieferanten. Er wurde von diesem offenbar beliefert. Das belastende Material war auch nicht - wie ich es aus der ersten Meldung geschlossen hatte - in seinem Büro gefunden worden, sondern in seiner Berliner Wohnung.
Für die Staatsanwaltschaft sind das Indizien dafür, daß er sich Kinder- Pornografie zu den Zwecken beschafft hat, zu denen das deren Konsumenten tun. Tauss aber erzählt die Geschichte, der das Zitat entnommen ist, und die so weitergeht:
Nach eigener Darstellung hat Tauss vor zwei Jahren versucht, sich der Szene "zu nähern", um Missbrauch nachzuweisen und Kontakte zu knüpfen für seine politische Arbeit. "Man kommt heute der kinderpornografischen Szene nur nahe, wenn man selbst szenetypisches Material anbietet", sagte Tauss. Er habe die These belegen wollen, dass Kinderpornografie wieder häufiger über Handys, Telefonhotlines und die Post verbreitet werde. (...) Das im Zuge der etwa einjährigen Recherche erhaltene Material habe er dann in einen Koffer gepackt und in seiner Berliner Dienstwohnung "weggeräumt", sagte Tauss.Was soll man davon halten? Es klingt wie eine Schutzbehauptung, und eine ziemlich dünne dazu. Wenn Tauss sich über die Szene informieren wollte, warum suchte er dann nicht den Kontakt zur Polizei, zum wissenschaftlichen Dienst des Bundestags, zu Journalisten, die in diesem Bereich recherchieren? Warum informierte er nicht wenigstens Mitarbeiter von seinen angeblichen Recherchen? Wo hat er deren Ergebnis dokumentiert und verwertet?
Warum in aller Welt machte sich der Abgeordnete Tauss persönlich auf in den "Schweinestall", auf den Spuren des Herakles, der den Stall des Augias ausmisten mußte?
Ist also Jörg Tauss ein ganz "normaler" Pädophiler, der nur zufällig auch als Abgeordneter mit dem Thema Kinder- Pornografie befaßt ist? Oder der sich dieses Thema vielleicht just deshalb ausgesucht, um seine Neigung zu tarnen? Vielleicht. Aber es könnte etwas komplexer sein.
In den siebziger Jahren wurde in vielen Ländern die Pornografie freigegeben; in Deutschland im Jahr 1975. Schon in den Jahren zuvor waren die Maßstäbe für das, was veröffentlichbar ist, immer lockerer geworden. Es gab eine regelrechte Flut von Zeitschriften wie die "St. Pauli Nachrichten", die vorübergehend Millionen- Auflagen erreichten und in denen die Bilder immer freizügiger wurden, bis die Ordnungsämter einzuschreiten begannen.
Damals lernte ich in einer Kneipe im Ruhrgebiet einen anderen Gast kennen, der mir im Lauf eines kleinen Thekengesprächts erzählte, daß er Beamter des Ordnungsamts sei. Aktuell beauftragt damit, Zeitschriften des Genres "St. Pauli Nachrichten" an den Kiosken zu sichten und gegebenfalls einzuziehen, falls sie Darstellungen enthielten, die die Grenzen des damals Erlaubten überschritten.
Und dann öffnete dieser Mann seine Aktentasche und zeigte mir und den anderen am Tresen, welche tollen Funde er gemacht hatte. Nicht ohne uns auf besonders "scharfe" Bilder aufmerksam zu machen. Offensichtlich seiner Tätigkeit voll und ganz hingegeben; höchst angetan von dem Material, das er da erjagt hatte. Nicht nur die Erfüllung seiner amtlichen Pflichten genießend, sondern auch deren Gegenstand.
Ich habe diese Geschichte nicht vergessen, weil mir damals etwas bewußt geworden ist, was für Kenner der Psychoanalyse sozusagen Grundwissen ist: Dieselbe Handlung, derselbe psychische Vorgang kann zugleich den Anforderungen des Überich genügen und der Erfüllung libidinöser Wünsche dienen.
Freud hat das an zahlreichen Beispielen zu demonstrieren versucht, am detailliersten beim Traum, der seiner Ansicht nach die verdeckte Erfüllung verdrängter Wünsche ist. Die unmittelbare (halluzinatorische) Erfüllung solcher Wünsche läßt die Zensur (obwohl im Traum herabgesetzt) nicht zu. Aber in verdeckter Form - durch Symbolbildung zum Beispiel, durch Verdichtung und Verschiebung - gelingt es dem Es, sich gewissermaßen an der Zensur vorbeizumogeln. Sie zu überlisten, weil sie nicht merkt, was da gespielt wird.
Ob nun diese Traumtheorie Sigmund Freuds stimmt oder nicht (wahrscheinlich stimmt sie nicht) - so ungefähr mag es auch bei dem Abgeordneten Tauss gewesen sein. Er hat sich aus seiner Perspektive - sozusagen der seines Überich - möglicherweise wirklich nichts vorzuwerfen. Ein Kämpfer gegen die Kinder- Pornografie.
Der aber doch auch, sagen wir, mit Lust bei der Arbeit gewesen ist. Wie jener damalige Beamte des Ordnungsamts. Und der das natürlich - so könnte es sein - im Grunde auch sehr gut wußte.
Natürlich ist das nur eine Möglichkeit. Es kann auch sein, daß den Abgeordneten Tauss wirklich nur die besten Absichten motivierten. Es kann auch sein, daß er ein Pädophiler ist, der ein Doppelleben führte. Aber es könnte eben auch komplexer sein.
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