7. März 2009

Zitat des Tages: Läden sitzen auf unverkäuflicher Ware im Wert von mehr als einer Milliarde. Aber nicht wegen der Krise. Über den Leibwächterstaat

Makers of children's products and charities that run second- hand shops are stuck with more than $1 billion of inventory they can't sell because of a new federal product- safety law, according to surveys by trade groups and the charities.

The goods, which have -- or are suspected of having -- illegal levels of lead or plastic- softening chemicals called phthalates, include everything from beach balls to second- hand clothes to brand- new all- terrain vehicles for children. The goods -- piled up in warehouses and storerooms -- will have to be incinerated or dumped, resulting in write- offs and disposal costs that the suppliers say they can ill afford.


(Hersteller von Spielwaren und Wohltätigkeitseinrichtungen, die Gebrauchtwaren- Handlungen betreiben, sitzen auf Waren im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar, die sie aufgrund eines neuen Bundesgesetzes zur Produktsicherheit nicht verkaufen können. Dies ergaben Umfragen von Handelsgruppen und Wohltätigkeitsorganisationen.

Die Waren, die unzulässige Anteile an Blei oder sogenannten Phthalaten (Chemikalien zur Weichmachung von Plastik) enthalten oder enthalten könnten, umfassen Alles von Strandbällen über Second- Hand- Kleidung bis zu nagelneuen Geländefahrzeugen für Kinder. Die Waren - in Warenlagern und Lagerräumen aufgestapelt - müssen verbrannt oder auf Müllhalden entsorgt werden. Das Ergebnis sind Abschreibungen und Entsorgungskosten, die sich die Anbieter nach deren Aussagen schwerlich leisten können.)

Aus dem Wall Street Journal vom 5. März.

Kommentar: Beschreibt da das Wall Street Journal genüßlich die Lage in einem EU-Land, in dem die Verbraucherschützer und Bürokraten wieder einmal gnadenlos zugeschlagen haben?

Nein. Was hier geschildert wird, das ist die Situation, wie sie im Augenblick in den USA herrscht. Als hätte das Land nicht genug wirtschaftliche Probleme, leistet es sich den Luxus einer absurden Rechtslage, die zu diesen Zuständen führte.

Der Ausgangspunkt ist ein Gesetz, das im vergangenen Jahr vom Kongreß verabschiedet wurde, und zwar mit überwältigender Mehrheit: Im Senat gab es ganze drei Gegenstimmen. Im House of Representatives stimmte von 425 Abgeordneten gerade mal einer dagegen; der aufrechte Liberale Ron Paul.

Dieses Gesetz - der Consumer Product Safety Improvement Act (Gesetz zur Verbesserung der Sicherheit von Konsumwaren) - war die Reaktion auf eine Affäre, die auch bei uns Wellen geschlagen hatte: Schädliche Rückstände in Spielzeug aus China.

Vor knapp einem Monat, am 10. Februar, trat dieses Gesetz in Kraft. Und zwar belastet durch ein Gerichtsurteil.

Zunächst hatten die Anbieter auf eine Entscheidung der Washingtoner Consumer Product Safety Commission (Kommission für die Sicherheit von Konsumwaren) vertraut, wonach von der Neuregelung nur Waren betroffen sein sollten, die nach dem 10. Februar hergestellt wurden.

Dagegen hatten Verbraucherschützer Einspruch eingelegt, und ein Bundesgericht hatte entschieden, daß das Gesetz auf alle Waren anzuwenden ist, die nach dem 10. Februar verkauft werden; auch dann, wenn sie schon viel früher hergestellt wurden. Antiquarische Bücher und Second- Hand- Waren aller Art unter Umständen vor Jahrzehnten.

Jede einzelne dieser Waren muß jetzt erst geprüft und zertifiziert werden, bevor sie verkauft werden darf.

Die Probleme, die das verursachen würde, waren bekannt. In "Zettels kleinem Zimmer" hat Gorgasal schon Mitte Dezember darauf hingewiesen. Nun ist exakt das eingetreten, was Blogger damals prophezeit haben: Ein Alptraum. Nicht nur Spielzeugläden sind betroffen, sondern beispielsweise auch Antiquariate, von denen viele vor dem Konkurs stehen.



Amerika, du hast es besser? Nicht immer. Die Überreaktion auf einen "Skandal", der angeblich Gefahren für Verbraucher, gar für Kinder zum Inhalt hat, ist offenbar ein universelles Phänomen in Demokratien, in denen Politiker vor allem eines fürchten: Den Vorwurf, sie täten nicht genug zum Schutz der Bürger vor Gefahren jedweder Art.

Aus dem liberalen Nachtwächter- Staat ist inzwischen der Leibwächter- Staat geworden, der seine Bürger rund um die Uhr absichert und schützt. Immer im Dienst, auch wenn es mal etwas teurer wird.



Mit Dank an Gorgasal. Für Kommentare bitte hier klicken.