20. März 2009

Zitat des Tages: In Frankreich haben die Kommunisten ihre Anhänger mobilisiert. Laut FAZ waren das "die Franzosen"

Die Franzosen protestieren gegen die Krise

Überschrift eines Artikels in FAZ.Net zu den gestrigen von der kommunistischen CGT organisierten Demonstrationen und Arbeitsniederlegungen in Frankreich.

Kommentar: Laut der französischen Polizei haben gestern 1,2 Millionen Franzosen demonstriert, davon rund 85.000 in Paris. Der Hauptveranstalter dieser Demonstrationen, die kommunistische Gewerkschaft CGT, spricht von 3 Millionen Manifestants, davon 350.000 in Paris.

Vertraut man - was sich empfehlen dürfte - den Zahlen der Polizei, dann haben gestern also von 65.073.482 Franzosen (aktuelle Bevölkerungszahl vom Januar 2009) gerade einmal 2,3 Prozent an den Demonstrationen teilgenommen.

Das sind ungefähr genauso sehr "die Franzosen", wie die vereinten Wähler von NPD und REPs bei den Bundestagswahlen 2005 (2,2 Prozent) "die Deutschen" waren.



Jetzt ertönt vor meinem - wenn es das denn gibt - geistigen Ohr freilich ein Chor: "Milchmädchenrechnung, Zettel! Milchmädchenrechnung! Man kann doch nicht Demonstranten mit Wählern vergleichen!"

Nein, das kann man nicht. Zu den Wählern gehören auch Alte und Kranke, die nicht zu einer Demonstration gehen würden. Zu ihnen gehören auch Mütter, die nicht demonstrieren, weil sie, während ihre Männer und Kinder manifestieren, ihnen zu Hause das Essen kochen.

Seien wir also großzügig und nehmen wir an, daß die Demonstranten für ihre Lieben daheim mitdemonstrieren. Rechnen wir pro Demonstranten also zwei Alte, Kranke, sonstwie verhinderte Familienmitglieder. Dann sind wir ungefähr bei der Zahl der CGT. Dann wären es knapp fünf Prozent der Franzosen, die gestern demonstrierten.



Sind diese nicht ganz fünf Prozent in irgendeiner Weise repräsentativ für "die Franzosen"? Nichts spricht dafür. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen. Aber die Tatsache, daß die Kommunisten ihre Mitglieder und Sympathisanten auf die Straße bringen konnten, besagt als solche exakt nichts darüber, was "die Franzosen" denken.

Wie wenig, zeigt ein klassisches historisches Beispiel. Im Mai 1968 gab es bekanntlich eine gewaltige Welle von regierungsfeindlichen Demonstrationen in Frankreich. Am 13. Mai demonstrierten allein in Paris 200.000 bis eine Million Menschen. Am 22. Mai erreichte der Generalstreik mit fast neun Millionen im Ausstand einen größeren Umfang als selbst der Generalstreik von 1936, der zur Bildung der Volksfront- Regierung führte.

Es schien damals, im Mai 1968, einen Protest "der Franzosen" von einem ganz anderen Umfang zu geben als jetzt.

Waren es denn aber "die Franzosen", die da protestierten? Keineswegs.

Im Monat nach dem größten Generalstreik in der Geschichte Frankreichs fanden Parlamentswahlen statt. Bei diesen Wahlen am 13. und 20. Juni 1968 kamen Charles de Gaulles UDR und die mit ihr verbündeten Rechtsparteien auf 58,1 Prozent der Stimmen. Die Kommunisten erreichten 20 Prozent; die beiden sozialistischen Parteien zusammen 21,1 Prozent.



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