Dies ist die abschließende Folge der Serie, die ich Ende Januar angekündigt habe.
"Ketzereien zum Irak" schienen mir erforderlich, solange die Berichte der Leitmedien, vor allem in Deutschland, von so etwas wie einer Orthodoxie geprägt gewesen waren. Deren Inhalt: Bush hat sich mit dem Irak- Krieg versündigt, und zur gerechten Strafe herrschen im Irak Chaos und Bürgerkrieg. Die Amerikaner werden am Ende geschlagen abziehen müssen.
Es war eine negative Berichterstattung, in der die Schwierigkeiten übertrieben und die positiven Tendenzen weitgehend ignoriert wurden. Dagegen versuchte ich meine Ketzereien zu setzen.
Wenn Sie die Zeit erübrigen können, möchte ich Sie einladen, diese Serie noch einmal im Zusammenhang zu lesen. Alle Folgen sind hier verlinkt. Sie können Sie sich auch ansehen, wenn Sie "Ketzereien zum Irak" in die Suchfunktion des Blogs (oben links) eingeben.
Sie werden finden, daß - wie oft - die Ketzer näher an der Wahrheit waren als die Orthodoxen. Die Ketzer, das waren in diesem Fall die drei unabhängigen Berichterstatter vor Ort Michael Totten, Bill Ardolino und Michael Yon, auf deren Informationen ich mich hauptsächlich gestützt habe, sowie der irakische Blog "Iraq the Model".
Inzwischen ist die Ketzerei sozusagen zur Orthodoxie geworden. Niemand leugnet mehr, daß der Terrorismus im Irak weitgehend eingedämmt und daß ein Sieg in Aussicht ist. Daß Anfang dieses Jahres freie Wahlen praktisch ohne Zwischenfälle standfinden konnten; daß eine große Mehrheit der Iraker inzwischen weder einen islamistischen noch einen neuen Baa'th- Staat will, sondern die jetzige Demokratie bejaht - das war den Leitmedien in Deutschland freilich noch immer kaum eine Meldung wert. Aber sie behaupten auch nicht mehr, daß im Irak alles immer schlimmer würde.
Es bleibt eine Frage, die mich seit dem Februar / März 2003 beschäftigt: Warum hat Saddam Hussein diesen Krieg geführt? Er konnte ihn doch nicht gewinnen. Er hätte aushandeln können, daß man ihn ins Exil ziehen läßt, wie Idi Amin und so manchen anderen Diktator. Der Krieg hätte nicht sein müssen; jedenfalls nicht in der blutigen Form, in der er stattfand, weil Saddam sich, so könnte man denken, der Illusion hingab, er könne ihn gewinnen.
Hatte er diese Illusion? Wie sah es überhaupt in der irakischen Regierung in den Monaten vor dem Krieg aus? Dazu ist 2006 in Foreign Affairs ein außerordentlich aufschlußreicher Artikel von Kevin Woods, James Lacey und Williamson Murray erschienen. Die Autoren stützen sich auf Material, das das U.S. Joint Forces Command (USJFCOM) in zweijähriger Arbeit zusammengetragen hatte und dessen Geheimhaltung kurz zuvor aufgehoben worden war - Hunderttausende von Dokumenten des Saddam- Regimes, Verhöre von Dutzenden militärischen und politischen Führern des Irak unter Saddam.
Es ergibt sich ein erstaunliches, ein fast unglaubliches Bild.
Nach den Aussagen der Insider des Regimes rechnete Saddam Hussein bis zuletzt damit, daß dieser Krieg nicht stattfinden werde. Er tat es, weil er Frankreich und Rußland als seine Verbündeten ansah und deren Einfluß für groß genug hielt, um die Amerikaner an der Invasion zu hindern.
Man muß - ich schiebe jetzt einen eigenen Kommentar ein - dazu wissen, daß Frankreich keineswegs von Anfang an entschlossen gewesen war, gegen die Invasion einzutreten. Im Gegenteil - es hatte (so berichtete es damals der Nouvel Observateur) im Jahr 2002 sogar Vorbereitungen für eine Beteiligung an der Invasion gegeben. Ein General war von Chirac in die USA entsandt worden, um Absprachen über einen eventuellen Einsatz von Mirages zu treffen.
Chirac hielt sich alle Optionen offen und entschied sich erst für das Veto im Sicherheitsrat, nachdem er sich Anfang 2003 mit Kanzler Schröder getroffen hatte und danach auf dessen Linie eingeschwenkt war. Der Hintergrund war die sich abzeichnende Achse Paris- Berlin- Moskau, die dann in den Jahren 2003 und 2004 durch viele Köpfe spukte.
Insofern ist die These begründbar, daß Gerhard Schröders "Anti- Kiegs"- Linie nicht unwesentlich dazu beitrug, daß dieser Krieg stattfand.
Als es dann zur Invasion gekommen war, hat Saddam Hussein - ich stütze mich ab jetzt wieder auf den Artikel in Foreign Affairs - nicht damit gerechnet, daß sie sein Regime gefährden würde. Sein Kalkül war, daß seine Armee den Amerikanern blutige Verluste zufügen würde und daß dann die Weltmeinung und die öffentliche Meinung in den USA zusammen mit dem Druck aus Paris und Moskau Präsident Bush zwingen würden, die Invasion abzubrechen. Noch am 30. März, als die Truppen der Koalition bereits kurz vor Bagdad standen, war Saddam dieser Überzeugung.
Er vertraute, so unglaublich es klingt, dem, was sein "Informationsminister" Muhammad Said al-Sahaf - Sie werden sich noch an diesen kleinen Großsprecher erinnern - täglich verkündete!
Wie war das möglich?
Es war möglich, weil in dieser Diktatur Zustände herrschten, unter denen es schlechterdings unmöglich war, zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Schein und Realität, zwischen Fakten und Propaganda zu unterscheiden. Nicht einmal Saddam selbst konnte das.
Beispielsweise wurde die Waffenproduktion von einer "Militärisch- industriellen Kommission" gesteuert, die Saddam in der Zeit der UN-Sanktionen gegründet hatte. Dieser erteilte - nach Aussagen von Mitgliedern - Saddam den Befehl, bestimmte Waffensysteme zu bauen. Die Kommission wußte, daß das nicht gehen würde, versicherte Saddam aber eilfertig, daß es geschehen werde, und legte danach gefälschte Dokumente über den Fortgang der angeblichen Arbeiten vor.
Warum tat man so etwas? Weil bis in die höchsten Ränge hinein ein unglaubliches Klima der Angst, und zwar der Todesangst, herrschte.
Ich habe vor der Invasion im irakischen TV die Übertragung einer Versammlung hoher Offiziere gesehen. Diese bildeten das Auditorium. Auf dem Podium saß Saddam auf einer Art Thron, die Beine lässig übereinander geschlagen und Zigarren rauchend.
Einer nach dem anderen traten die Offiziere, teils buchstäblich zitternd, ans Rednerpult und gaben kurze Erklärungen ab. Da es keine Übersetzung ins Englische gab, konnte ich ihre Texte nicht verstehen, aber allem Anschein nach waren es Versicherungen der Loyalität. Saddam unterbrach den Redner gelegentlich mit einer Bemerkung, auf die dieser manchmal erfreut, manchmal mit Anzeichen des Schreckens reagierte. Es war das perfekte Ritual einer Unterwerfung.
Zurück zum Artikel von Foreign Affairs. Dort wird folgender Vorfall berichtet: In einer kritischen Phase des irakisch- iranischen Kriegs bat Saddam in einer Kabinettssitzung die Minister, offen ihre Meinung zu sagen. Nach einigem Zögern meldete sich der Gesundheitsminister Riyadh Ibrahim und schlug vor, daß Saddam sich vielleicht vorübergehend aus der Staatsführung zurückziehen könnte, bis ein Frieden geschlossen sei, und dann in sein Amt zurückkehren.
Am nächsten Tag wurden Teile der zerstückelten Leiche dieses Ministers an seine Frau übergeben.
Dagegen war der Fall eines Brigadgenerals schon fast harmlos, der in einer Besprechung gesagt hatte, die US-Panzer seien denen der irakischen Armee überlegen. Dafür verbrachte er ein Jahr im Gefängnis.
Wer eine andere Meinung äußerte als Saddam, der spielte mit seinem Leben. Und Saddam wollte nur gute Nachrichten hören. Er hielt sich, wie seine Vorbilder Stalin und Hitler, für einen genialen Feldherrn, der keinen Widerspruch zu dulden brauchte, weil er immer Recht hatte. Also wurde er systematisch belogen.
Hinzu kam, daß er einen Putsch mehr fürchtete als die Amerikaner. Die Schlagkraft seiner Armee war dadurch erheblich eingeschränkt, denn alle Ränge waren mit Spitzeln und mit Kommissaren durchsetzt, die außerhalb der Befehlskette standen.
Selbst als die Invasion schon im Gang war, verzichtete Saddam darauf, Brücken zu sprengen, weil er der Meinung war, er würde sie für Truppenbewegungen im Fall eines Aufstands benötigen.
Die Kampfbereitschaft seiner Truppen versuchte er mit Terror zu sichern; auch dies nach dem Vorbild Stalins. Aus einem Erlaß des Sekretariats der Saddam Fedayeen, einer Spezialtruppe, aus dem Jahr 1998:
Und wie war das mit den Massenvernichtungswaffen, den WMDs? Saddam behauptete intern manchmal, das man sie hätte, und manchmal das Gegenteil. Er sah in ihnen, oder vielmehr in dem Glauben an ihre Existenz, ein wichtiges Mittel, um das Prestige des Irak in der arabischen Welt zu erhalten.
Auf einem Treffen des Revolutionären Kommandorats sagte er, es gebe sie nicht, man werde aber weiter den Anschein erwecken, sie zu besitzen, um Israel von einem Angriff abzuhalten. Laut den Zeugenaussagen glaubten aber manche im innersten Führungszirkel, daß es diese Waffen doch gebe.
Noch Monate nach dem Ende des Kriegs waren etliche Offiziere, die sich im Gewahrsam der Amerikaner befanden, der Überzeugung, daß sich irgendwo versteckt im Irak immer noch WMDs befänden. Diese Militärs wußten, daß es solche Waffen gegeben hatte und hielten es für unglaubhaft, daß sie vernichtet worden wären. Sie wußten, daß sie in der Vergangenheit eingesetzt worden waren, und sahen es als erforderlich an, daß das Regime sie auch in Zukunft einsetzen würde. Und drittens vertrauten auch sie dem, was die internationalen Geheimdienste herausgefunden hatten. Oder meinten, herausgefunden zu haben.
Saddam hatte auch seine hohen Militärs getäuscht, wie er den BND, den französischen Geheimdienst und die amerikanischen Dienste getäuscht hatte. Sein Versteckspiel, was die WMDs anging, kostete ihn schließlich erst die Macht und dann sein Leben.
"Ketzereien zum Irak" schienen mir erforderlich, solange die Berichte der Leitmedien, vor allem in Deutschland, von so etwas wie einer Orthodoxie geprägt gewesen waren. Deren Inhalt: Bush hat sich mit dem Irak- Krieg versündigt, und zur gerechten Strafe herrschen im Irak Chaos und Bürgerkrieg. Die Amerikaner werden am Ende geschlagen abziehen müssen.
Es war eine negative Berichterstattung, in der die Schwierigkeiten übertrieben und die positiven Tendenzen weitgehend ignoriert wurden. Dagegen versuchte ich meine Ketzereien zu setzen.
Wenn Sie die Zeit erübrigen können, möchte ich Sie einladen, diese Serie noch einmal im Zusammenhang zu lesen. Alle Folgen sind hier verlinkt. Sie können Sie sich auch ansehen, wenn Sie "Ketzereien zum Irak" in die Suchfunktion des Blogs (oben links) eingeben.
Sie werden finden, daß - wie oft - die Ketzer näher an der Wahrheit waren als die Orthodoxen. Die Ketzer, das waren in diesem Fall die drei unabhängigen Berichterstatter vor Ort Michael Totten, Bill Ardolino und Michael Yon, auf deren Informationen ich mich hauptsächlich gestützt habe, sowie der irakische Blog "Iraq the Model".
Inzwischen ist die Ketzerei sozusagen zur Orthodoxie geworden. Niemand leugnet mehr, daß der Terrorismus im Irak weitgehend eingedämmt und daß ein Sieg in Aussicht ist. Daß Anfang dieses Jahres freie Wahlen praktisch ohne Zwischenfälle standfinden konnten; daß eine große Mehrheit der Iraker inzwischen weder einen islamistischen noch einen neuen Baa'th- Staat will, sondern die jetzige Demokratie bejaht - das war den Leitmedien in Deutschland freilich noch immer kaum eine Meldung wert. Aber sie behaupten auch nicht mehr, daß im Irak alles immer schlimmer würde.
Es bleibt eine Frage, die mich seit dem Februar / März 2003 beschäftigt: Warum hat Saddam Hussein diesen Krieg geführt? Er konnte ihn doch nicht gewinnen. Er hätte aushandeln können, daß man ihn ins Exil ziehen läßt, wie Idi Amin und so manchen anderen Diktator. Der Krieg hätte nicht sein müssen; jedenfalls nicht in der blutigen Form, in der er stattfand, weil Saddam sich, so könnte man denken, der Illusion hingab, er könne ihn gewinnen.
Hatte er diese Illusion? Wie sah es überhaupt in der irakischen Regierung in den Monaten vor dem Krieg aus? Dazu ist 2006 in Foreign Affairs ein außerordentlich aufschlußreicher Artikel von Kevin Woods, James Lacey und Williamson Murray erschienen. Die Autoren stützen sich auf Material, das das U.S. Joint Forces Command (USJFCOM) in zweijähriger Arbeit zusammengetragen hatte und dessen Geheimhaltung kurz zuvor aufgehoben worden war - Hunderttausende von Dokumenten des Saddam- Regimes, Verhöre von Dutzenden militärischen und politischen Führern des Irak unter Saddam.
Es ergibt sich ein erstaunliches, ein fast unglaubliches Bild.
Nach den Aussagen der Insider des Regimes rechnete Saddam Hussein bis zuletzt damit, daß dieser Krieg nicht stattfinden werde. Er tat es, weil er Frankreich und Rußland als seine Verbündeten ansah und deren Einfluß für groß genug hielt, um die Amerikaner an der Invasion zu hindern.
Man muß - ich schiebe jetzt einen eigenen Kommentar ein - dazu wissen, daß Frankreich keineswegs von Anfang an entschlossen gewesen war, gegen die Invasion einzutreten. Im Gegenteil - es hatte (so berichtete es damals der Nouvel Observateur) im Jahr 2002 sogar Vorbereitungen für eine Beteiligung an der Invasion gegeben. Ein General war von Chirac in die USA entsandt worden, um Absprachen über einen eventuellen Einsatz von Mirages zu treffen.
Chirac hielt sich alle Optionen offen und entschied sich erst für das Veto im Sicherheitsrat, nachdem er sich Anfang 2003 mit Kanzler Schröder getroffen hatte und danach auf dessen Linie eingeschwenkt war. Der Hintergrund war die sich abzeichnende Achse Paris- Berlin- Moskau, die dann in den Jahren 2003 und 2004 durch viele Köpfe spukte.
Insofern ist die These begründbar, daß Gerhard Schröders "Anti- Kiegs"- Linie nicht unwesentlich dazu beitrug, daß dieser Krieg stattfand.
Als es dann zur Invasion gekommen war, hat Saddam Hussein - ich stütze mich ab jetzt wieder auf den Artikel in Foreign Affairs - nicht damit gerechnet, daß sie sein Regime gefährden würde. Sein Kalkül war, daß seine Armee den Amerikanern blutige Verluste zufügen würde und daß dann die Weltmeinung und die öffentliche Meinung in den USA zusammen mit dem Druck aus Paris und Moskau Präsident Bush zwingen würden, die Invasion abzubrechen. Noch am 30. März, als die Truppen der Koalition bereits kurz vor Bagdad standen, war Saddam dieser Überzeugung.
Er vertraute, so unglaublich es klingt, dem, was sein "Informationsminister" Muhammad Said al-Sahaf - Sie werden sich noch an diesen kleinen Großsprecher erinnern - täglich verkündete!
Wie war das möglich?
Es war möglich, weil in dieser Diktatur Zustände herrschten, unter denen es schlechterdings unmöglich war, zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Schein und Realität, zwischen Fakten und Propaganda zu unterscheiden. Nicht einmal Saddam selbst konnte das.
Beispielsweise wurde die Waffenproduktion von einer "Militärisch- industriellen Kommission" gesteuert, die Saddam in der Zeit der UN-Sanktionen gegründet hatte. Dieser erteilte - nach Aussagen von Mitgliedern - Saddam den Befehl, bestimmte Waffensysteme zu bauen. Die Kommission wußte, daß das nicht gehen würde, versicherte Saddam aber eilfertig, daß es geschehen werde, und legte danach gefälschte Dokumente über den Fortgang der angeblichen Arbeiten vor.
Warum tat man so etwas? Weil bis in die höchsten Ränge hinein ein unglaubliches Klima der Angst, und zwar der Todesangst, herrschte.
Ich habe vor der Invasion im irakischen TV die Übertragung einer Versammlung hoher Offiziere gesehen. Diese bildeten das Auditorium. Auf dem Podium saß Saddam auf einer Art Thron, die Beine lässig übereinander geschlagen und Zigarren rauchend.
Einer nach dem anderen traten die Offiziere, teils buchstäblich zitternd, ans Rednerpult und gaben kurze Erklärungen ab. Da es keine Übersetzung ins Englische gab, konnte ich ihre Texte nicht verstehen, aber allem Anschein nach waren es Versicherungen der Loyalität. Saddam unterbrach den Redner gelegentlich mit einer Bemerkung, auf die dieser manchmal erfreut, manchmal mit Anzeichen des Schreckens reagierte. Es war das perfekte Ritual einer Unterwerfung.
Zurück zum Artikel von Foreign Affairs. Dort wird folgender Vorfall berichtet: In einer kritischen Phase des irakisch- iranischen Kriegs bat Saddam in einer Kabinettssitzung die Minister, offen ihre Meinung zu sagen. Nach einigem Zögern meldete sich der Gesundheitsminister Riyadh Ibrahim und schlug vor, daß Saddam sich vielleicht vorübergehend aus der Staatsführung zurückziehen könnte, bis ein Frieden geschlossen sei, und dann in sein Amt zurückkehren.
Am nächsten Tag wurden Teile der zerstückelten Leiche dieses Ministers an seine Frau übergeben.
Dagegen war der Fall eines Brigadgenerals schon fast harmlos, der in einer Besprechung gesagt hatte, die US-Panzer seien denen der irakischen Armee überlegen. Dafür verbrachte er ein Jahr im Gefängnis.
Wer eine andere Meinung äußerte als Saddam, der spielte mit seinem Leben. Und Saddam wollte nur gute Nachrichten hören. Er hielt sich, wie seine Vorbilder Stalin und Hitler, für einen genialen Feldherrn, der keinen Widerspruch zu dulden brauchte, weil er immer Recht hatte. Also wurde er systematisch belogen.
Hinzu kam, daß er einen Putsch mehr fürchtete als die Amerikaner. Die Schlagkraft seiner Armee war dadurch erheblich eingeschränkt, denn alle Ränge waren mit Spitzeln und mit Kommissaren durchsetzt, die außerhalb der Befehlskette standen.
Selbst als die Invasion schon im Gang war, verzichtete Saddam darauf, Brücken zu sprengen, weil er der Meinung war, er würde sie für Truppenbewegungen im Fall eines Aufstands benötigen.
Die Kampfbereitschaft seiner Truppen versuchte er mit Terror zu sichern; auch dies nach dem Vorbild Stalins. Aus einem Erlaß des Sekretariats der Saddam Fedayeen, einer Spezialtruppe, aus dem Jahr 1998:
Any section commander will be executed, if his section is defeated; any platoon commander will be executed, if two of his sections are defeated; any company commander will be executed, if two of his platoons are defeated; any regiment commander will be executed, if two of his companies are defeated; any area commander will be executed, if his Governate is defeated; any Saddam Fedayeen fighter, including commanders, will be executed, if he hesitates in completing his duties, cooperates with the enemy, gives up his weapons, or hides any information concerning the security of the state.
Jeder Truppführer wird hingerichtet, wenn sein Trupp eine Niederlage erleidet; jeder Zugführer wird hingerichtet, wenn zwei Trupps in seinem Zug eine Niederlage erleiden; jeder Kompaniechef wird hingerichtet, wenn zwei Züge seiner Kompanie eine Niederlage erleiden: jeder Bereichskommandeur wird hingerichtet, wenn sein Befehlsbereich eine Niederlage erleidet; jeder Kämpfer der Saddam Fedayeen, einschließlich den Kommandeuren, wird hingerichtet, wenn er bei der Ausführung von Befehlen zögert, wenn er mit dem Feind zusammenarbeitet, seine Waffen ausliefert oder irgendeine Information zurückhält, die die Sicherheit des Staates betrifft.
Und wie war das mit den Massenvernichtungswaffen, den WMDs? Saddam behauptete intern manchmal, das man sie hätte, und manchmal das Gegenteil. Er sah in ihnen, oder vielmehr in dem Glauben an ihre Existenz, ein wichtiges Mittel, um das Prestige des Irak in der arabischen Welt zu erhalten.
Auf einem Treffen des Revolutionären Kommandorats sagte er, es gebe sie nicht, man werde aber weiter den Anschein erwecken, sie zu besitzen, um Israel von einem Angriff abzuhalten. Laut den Zeugenaussagen glaubten aber manche im innersten Führungszirkel, daß es diese Waffen doch gebe.
Noch Monate nach dem Ende des Kriegs waren etliche Offiziere, die sich im Gewahrsam der Amerikaner befanden, der Überzeugung, daß sich irgendwo versteckt im Irak immer noch WMDs befänden. Diese Militärs wußten, daß es solche Waffen gegeben hatte und hielten es für unglaubhaft, daß sie vernichtet worden wären. Sie wußten, daß sie in der Vergangenheit eingesetzt worden waren, und sahen es als erforderlich an, daß das Regime sie auch in Zukunft einsetzen würde. Und drittens vertrauten auch sie dem, was die internationalen Geheimdienste herausgefunden hatten. Oder meinten, herausgefunden zu haben.
Saddam hatte auch seine hohen Militärs getäuscht, wie er den BND, den französischen Geheimdienst und die amerikanischen Dienste getäuscht hatte. Sein Versteckspiel, was die WMDs anging, kostete ihn schließlich erst die Macht und dann sein Leben.
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