6. Dezember 2008

Zitate des Tages: "Die Anwendung von Waffen richtig und notwendig". Hans-Christian Ströbele und das "mörderische Regime" eines linken Christdemokraten

Wenn immer wieder gesagt wird, gerade hier so in Debatten im Deutschen Bundestag, wir können uns doch Militäreinsätzen, auch Kriegseinsätzen im Ausland nicht verweigern, wir sind in der NATO, wir sind in der Völkergemeinschaft, wir sind in der Atlantischen Union und ähnlichen Dingen, dann sage ich immer, das war eigentlich so, wie ich mir es gewünscht habe, dass Deutschland eine Sonderrolle gespielt hat, aber eine besonders friedliche, dass gesagt wird, mit denen kann man keine Militäreinsätze und mit denen kann man keinen Krieg führen. Das ehrt doch ein Volk, wenn das einen solchen Ruf hat.

Der Abgeordnete der "Grünen" Hans-Christian Ströbele vorgestern im Deutschlandfunk in einem Interview mit Jochen Spengler

Also, ich bin kein Pazifist, dass muss ich immer gleich dazu sagen. (...) Mir hat man ja zum Beispiel in den 80er Jahren vorgeworfen, dass ich eine Geldsammlung für Waffen für das Volk in El Salvador unterstützt habe, wo es darum ging, dass das Volk sich gegen ein mörderisches Militär- Regime auflehnte und sich deswegen bewaffnet hat. Ich habe diese Sammlung für richtig gehalten, ich sehe durchaus in einzelnen Situationen, dass die Anwendung von Waffen richtig und notwendig ist.

Hans-Christian Ströbele im Januar 2004 in einem Interview mit Jakob Buhre und Daniel Khafif, publiziert im Internet- Portal Planet Interview.

Kommentar: Ich bin auf diese beiden Zitate gestoßen, als ich mir den Hintergrund für einen, so die "Süddeutsche Zeitung", "Sturm der Entrüstung" ansehen wollte, den Ströbele durch das vorgestrige Interview ausgelöst hat. Allerdings nicht mit der oben zitierten Äußerung zur deutschen Sonderrolle, sondern mit der Kundgabe seines "unwohlen Gefühls in der Magengegend" wegen des "Raushängens" von deutschen Fahnen bei der Fußball-WM.

Daß dem Abgeordneten Ströbele die Fahne, die seit 1848 das demokratische, freie Deutschland symbolisiert, Übelkeit bereitet, kann ich verstehen. Ich vermute, daß rote Fahnen bei ihm nicht diese viszerale Reaktion auslösen, sondern eher ein Gefühl der Ergriffenheit.

Fahnen sind eben nicht gleich Fahnen. Und Krieg ist nicht gleich Krieg. Wenn es darum geht, gemeinsam mit unseren Verbündeten gegen Terroristen und ihre Hintermänner vorzugehen, dann möchte Ströbele für Deutschland gern die "Sonderrolle" eines Landes, mit dem zusammen man "keinen Krieg führen" kann. Wenn hingegen Kommunisten einen Guerrilla- Krieg führen, dann findet Ströbele "die Anwendung von Waffen richtig und notwendig".

Natürlich nicht gegen sie, sondern durch sie.



Die Sache mit den "Waffen für El Salvador" verdient es, etwas genauer beleuchtet zu werden. Im April 2004 hat sich Hans- Christian Ströbele im "Tagesspiegel" an sie erinnert:
Die "taz"-Spendenaktion "Waffen für El Salvador" war vom ersten Tag an umstritten. Von den Kirchen über die Unis bis zur "taz"-Redaktion wurde heiß diskutiert: Geld für Waffen für den Befreiungskampf zu sammeln, ist das legitim, ethisch und politisch zu vertreten? Ich fand: ja. (...) Zur Geldübergabe flog immer einer von uns rüber, mit 200.000 Dollar in Plastiktüten. Die Commandantes von vier Guerillagruppen zählten Schein für Schein und quittierten per Unterschrift.
Gestartet wurde diese Aktion durch einen Aufruf in der "taz" im Dezember 1980.

Wie war damals die politische Situation in El Salvador? Am 15. Oktober 1979 war eine "Revolutionäre Regierungs- Junta" durch einen Putsch gegen den zuletzt dikatorisch regierenden Präsidenten Carlos Humberto Romero an die Macht gekommen. Diese Junta bestand - so kann man es in der Wikipedia lesen - aus "politically- liberal and -moderate military officers and civilians", aus politisch liberalen, gemäßigten Offizieren und Zivilisten.

"They were inspired by left- wing politics, and wanted to project a moderate image of government, initiating a program of land reform and nationalization of the banking, coffee, and sugar industries" - sie waren von linker Politik inspiriert und wollten das Bild einer gemäßigten Regierung vermitteln, indem sie ein Programm der Landreform und der Nationalisierung des Bankwesens, der Kaffee- und Zuckerindustrie einleiteten; so ein anderer Artikel in der Wikipedia.

So also sah das "mörderische Militär- Regime" aus, gegen das sich laut Ströbele "das Volk auflehnte".

Im Dezember 1980, als die "taz" unter wesentlicher Beteiligung Ströbeles mit der Aktion "Waffen für "El Salvador" begann, wurde José Napoléon Duarte Vorsitzender dieser links- reformerischen Junta. Er hatte als Jugendlicher 1944 an Protesten gegen den damaligen Diktator Hernández Martínez teilgenommen und deshalb in die USA fliehen müssen. Nach seiner Rückkehr gehörte er in El Salvador zu den Gründern der christlich- demokratischen Partei.

Von 1964 bis 1970 war Duarte Bürgermeister von San Salvador, wo er eine Politik der "Umverteilung des Reichtums" verfolgte; so die Wikipedia. 1970 kandidierte er für das Amt des Präsidenten, das er - wahrscheinlich aufgrund von Wahlfälschungen zugunsten seines rechten Gegenkandidaten Molina - nicht erlangte. 1972 versuchten linke Offiziere einen Putsch gegen Molina, in den Duarte angeblich verwickelt war. Er wurde verhaftet, gefoltert und zum Tode verurteilt. Aufgrund internationaler Proteste schob Molina ihn aber nach Venezuela ab.

Von dort aus war er in der internationalen christlich- demokratischen Bewegung tätig. Nach dem Putsch der "Revolutionären Regierungs- Junta" (JRG) 1979 kehrte Duarte nach El Salvador zurück, wurde zuerst Außenminister und dann Präsident; wie gesagt im selben Monat, in dem Ströbele die Aktion "Waffen für El Salvador" mit initiierte.

Über Duartes Zeit als Regierungschef schreibt die Wikipedia:
During his time at the head of the JRG, Duarte initiated land reform, nationalized certain industries such as sugar and denounced human rights violations by the military and the FMLN alike.

Während seiner Zeit als Führer der JRG startete Duarte eine Landreform, nationalisierte bestimmmte Industrien wie die Zucker- Industrie und verurteilte Verletzungen der Menschenrechte sowohl durch das Militär als auch durch die FMLN.
Die FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) war eine kommunistische Guerrilla- Armee, die im Oktober 1980 aus einem Zusammenschluß verschiedener bewaffneter Gruppen hervorgegangen war; vermutlich unter tätiger Mithilfe Fidel Castros.

Diese FMLN führte während der achtziger Jahre, immer unterstützt durch Ströbeles Aktion "Waffen für El Salvador", einen blutigen Guerrilla- Krieg; und zwar gegen ein El Salvador, das zur Demokratie zurückgekehrt war. 1984 wurde Duarte, der Kandidat der demokratischen Linken, mit 53,6 Prozent der Stimmen gegen den Kandidaten der Rechten, Roberto D'Aubuisson, zum Präsidenten gewählt.

Die regelmäßigen Geld- Transfers aus Deutschland an die kommunistischen Aufständischen endeten erst 1992; da waren insgesamt 4.737.755 Mark und 10 Pfennige ausgezahlt worden.



Daß es, wie Ströbele behauptet, damals "darum ging, dass das Volk sich gegen ein mörderisches Militär- Regime auflehnte und sich deswegen bewaffnet hat", ist eine Geschichtsklitterung, um nicht zu sagen eine dreiste Lüge.

Dieser Guerrilla- Krieg wurde von Kommunisten gegen eine gemäßigt linke, ab 1984 auch demokratisch legitimierte Regierung geführt. Das gehörte zur Strategie Castros; denn diese Reformer waren, unterstützt von den USA, der gefährlichste Gegner des Kommunismus. Ihr Erfolg hätte den Kommunisten das Wasser abgegraben; deshalb wurden sie viel rücksichtsloser bekämpft als die rechten Diktatoren Lateinamerikas.

Es ging in diesen Auseinandersetzungen der achtziger Jahre den Kommunisten nicht darum, das Los der Armen zu verbessern; das versuchten vielmehr Politiker wie Duarte nach Kräften. Es ging darum, den Kommunismus von Cuba aus auf das mittelamerikanische Festland auszudehnen, als einen ersten Schritt zur Eroberung ganz Lateinamerikas.

Es war ein umfassender revolutionärer Krieg, der von Castro und seinen Verbündeten geführt wurde; El Salvador war nur einer der Schauplätze.

Für diesen Krieg hat Ströbele Geld gesammelt; jener Hans- Christian Ströbele, der heute im Kampf gegen den Terrorismus für Deutschland eine "Sonderrolle" wünscht.

Eine "besonders friedliche".



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