8. August 2007

Ketzereien zum Irak (19): Welcome to the club, Ullrich Fichtner!

David Harnasch hat in der "Achse des Guten" schon darauf hingewiesen; aber ich möchte das Thema doch noch aus meiner Sicht kommentieren:

Nachdem er bereits die erstaunlich informative und objektive Titelgeschichte des aktuellen "Spiegel" geschrieben hatte, hat der "Spiegel"- Redakteur Ullrich Fichtner jetzt in einem Online-Chat noch einmal mit Geduld und Faktenkenntnis viele Vorurteile und Irrtümer zur Situation im Irak zurechtgerückt.

Mich hat das besonders gefreut, weil ich mich - wie auch viele andere Blogger- Kollegen vor allem aus der liberal- konservativen Blogokugelzone - immer wieder einmal bemühe, authentische und zuverlässige Informationen über die Lage im Irak in Erfahrung zu bringen.

Seit Weihnachten 2006 gibt es dazu hier die Serie "Ketzereien zum Irak", deren bisherige Folgen über die in "Zettels kleinem Zimmer" zusammengestellten Links zugänglich sind.



Warum gibt es so wenige authentische Berichte aus dem Irak wie jetzt den von Ullrich Fichtner?

Zum einen natürlich, weil es bequemer und vor allem sicherer ist, den Irak von Dubai, Amman oder Kairo aus zu "beobachten", statt sich in diesen zu begeben.

Zweitens, weil diejenigen, die sich nach Bagdad trauen, dort dann in der Regel in der "Grünen Zone" festsitzen und wieder nur vom Hörensagen berichten können.

Das sind, so scheint mir, die beiden respektablen Gründe. Hinzu kommen allerdings zwei weniger ehrenhafte.



In den USA haben bekanntlich die Demokraten der Invasion des Irak zugestimmt; auch Hillary Clinton hat zum Beispiel dafür gestimmt.

Als dann aber der Wiederaufbau nicht so verlief, wie man sich das vorgestellt hatte; als terroristische Gruppen entstanden, die teils einander, teils die irakische und die US-Armee bekämpfen; als es offensichlich wurde, daß die US-Truppen nicht so schnell würden abgezogen werden können, wie man es sich gedacht hatte - da kippte die Stimmung in den USA. Immer mehr Bürger wollen, wie seinerzeit beim Vietnam- Krieg, nur noch raus.

Verantwortliche Politiker wie der Präsident widerstehen dieser Stimmung; auch auf die Gefahr hin, drastisch an Popularität zu verlieren. Die Partei der Demokraten aber nutzte sie aus und nutzt sie aus. Nächstes Jahr wird ja ein neuer Präsident gewählt.



In Europa, zumal in Deutschland, grassiert ein Antiamerikanismus, der von dem seinerzeitigen Kanzler Schröder kräftig geschürt wurde und der in der Invasion des Irak das schlechthinnige Böse sah, veranstaltet von dem Bösewicht Bush.

Für die derart Eingestellten, unter den deutschen Journalisten vermutlich eine dicke Mehrheit, war und ist jeder Rückschlag der USA ein Triumph. Die Berichterstattung war und ist teilweise derart einseitig, daß sie - "Spiegel-Online" hat sich da besonders hervorgetan - oft mehr an den Journalismus der DDR erinnert als an eine um Fairness bemühte Arbeit.



Aber "Spiegel-Online" - das ist immer ein anderer, weit schlechterer Journalismus gewesen als der des gedruckten "Spiegel". Gewiß, auch in dessen Auslandsredaktion hatten - vor allem, als Carolin Emcke an der Irak- Berichterstattung beteiligt war - die Antiamerikaner zeitweise das Sagen. Aber es gibt beim "Spiegel" eben auch glänzende Journalisten, es gibt eine ausgezeichnete Chefredakion, es gibt Stefan Aust. Und es gibt das herausragende Ressort "Gesellschaft", zu dem Fichtner gehört.

Daß Fichtners Bericht als Titelgeschichte erschien, ist ein Glanzpunkt des klassischen, des objektiven und liberalen "Spiegel"- Journalismus. Welcome to the club, Ullrich Fichtner!

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