27. Februar 2007

Randbemerkung: Die PDS und der Gruß eines Terroristen

Meldungen brauchen manchmal lange, bis sie das Interesse finden, das sie verdienen.

Zum Beispiel eine Grußbotschaft, mit der sich Christian Klar an die Teilnehmer einer "Rosa- Luxemburg- Konferenz" wandte. Diese Grußadresse wurde am 15. Januar in der "Jungen Welt" im Wortlaut veröffentlicht. Vor knapp sechs Wochen also. Erst jetzt findet sie Beachtung.

Klar schreibt unter anderem:
Aber wie sieht das in Europa aus? Von hier aus rollt weiter dieses imperiale Bündnis, das sich ermächtigt, jedes Land der Erde, das sich seiner Zurichtung für die aktuelle Neuverteilung der Profite widersetzt, aus dem Himmel herab zu züchtigen (...) Trotzdem gilt hier ebenso: "Das geht anders". Wo sollte sonst die Kraft zu kämpfen herkommen? Die spezielle Sache dürfte sein, daß die in Europa ökonomisch gerade abstürzenden großen Gesellschaftsbereiche den chauvinistischen "Rettern" entrissen werden. Sonst wird es nicht möglich sein, die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen.
In den gestrigen Zeitungen wurde das hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt kommentiert, daß Klar nicht eben die Reue erkennen läßt, die vielleicht doch eine Voraussetzung für eine Begnadigung sein sollte. Klar rede sich um Kopf und Kragen, schrieb zum Beispiel Welt-Online.



Mir erscheint dieser Aspekt uninteressant. Daß Klar weiter seinen Wahnideen anhängt, ist ja bekannt; siehe in diesem Blog zum Beispiel hier und hier. Es gab und gibt keinen Hinweis darauf, daß er sich geändert hat.

Viel interessanter finde ich, daß er eine Grußadresse an diese Konferenz richten konnte. Eine Grußadresse, die offenbar ja keineswegs zurückgewiesen, sondern im Gegenteil sogar in der "Jungen Welt" im Wortlaut veröffentlicht wurde.



Was hat es mit dieser Rosa-Luxemburg-Konferenz auf sich? Ist es vielleicht eine Konferenz, in der man die Freiheit der Andersdenkenden diskutiert hat?

Nein. Diese Konferenz findet seit 1996 jährlich statt, veranstaltet von der "Jungen Welt" und anderen Organisationen wie Cuba Sí; und zentral sind die "Suche nach Wegen, die mörderische neoliberale Entwicklung zu durchbrechen, der Wille, den Kapitalismus zu überwinden und die Einsicht in die Notwendigkeit einer sozialistischen Perspektive."

Mit anderen Worten, da treffen sich militante Kommunisten.



Hier, der "Jungen Welt" entnommen, die Liste der diesjähirgen Referentinnen und Referenten:
*Mumia Abu Jamal, politischer Gefangener (USA)

*Francisco Brown Infante, Direktor am Institut für Europäische Studien (Havanna / Cuba)

*Robert R. Bryan, Rechtsanwalt (San Francisco / USA)

*Prof. Peter Grottian, Freie Universität Berlin

*Ernest Kaltenegger, Fraktionsvorsitzender der KPÖ im Steiermärkischen Landtag (Österreich)

*Gesine Lötzsch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende Die Linke.PDS, MdB

*Arnaldo Otegi,Sprecher der derzeit verbotenen Partei Batasuna (Baskenland)

*Leo Mayer, Sekretariat Parteivorstand DKP, ehem. stellv. BRV Siemens

*Dr. Alberto Moreira, Befreiungstheologe (Universität Goiania / Brasilien)

*Andrea Schuhmann, Antifaschistische Linke Berlin (ALB)

*Klaus Steiniger, Chefredakteur Rotfuchs

*Feng Yuan, Journalistin (Peking / China)
Eine interessante Referentenliste.

Der erste Referent, Mumia Abul Jamal, sitzt im Hochsicherheitsgefängnis State Correctional Institution Greene im US-Bundesstaat Pennsylvania. Er wurde keineswegs aus politischen Gründen verurteilt, sondern wegen Mordes an dem Polizisten Daniel Faulkner. Ein seltsamer Referent auf einer Konferenz. Wie mag er nach Berlin gekommen sein?

Als zweiter Referent wird Francisco Brown Infante genannt, ein cubanischer Spezialist für den Zusammenbruch des Kommunismus in der UdSSR und Osteuropa.

Arnaldo Otegi ist ein Angehöriger der ETA, der wegen Verherrlichung des Terrorismus zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt wurde.

Weiter gehören zu den Referenten unter anderem ein österreichischer Kommunist, ein Mann aus dem Parteivorstand der DKP (ja, die gibt's noch!), eine chinesische Journalistin - und Gesine Lötzsch, stellvertretende Vorsitzende der Franktion "Die Linke.PDS" im Bundestag.



Ich wundere mich immer wieder über die Naivität derer, die der PDS abnehmen, "in der Demokratie angekommen" zu sein.

Wenn ein demokratischer Rechter sich in einer Konferenz mit einer Ansammlung lupenreiner Nazis zusammentun würde, wäre das sein politisches Ende.

Gesine Lötzsch, stellvertretende Frationsvorsitzende der PDS im Bundestag, kann sich hingegen mit einem amerikanischen verurteilten Mörder, mit einem Funktionär der cubanischen Diktatur, mit Kommunisten aus Deutschland und Österreich, mit einem verurteilten Verherrlicher des Terrorismus in einer Konferenz zusammenfinden - und kein Hahn kräht danach. Ihre Partei ruft sie nicht zur Ordnung; ganz zu schweigen von dem Parteiausschluß, der jeden Demokraten treffen würde, der sich mit ähnlich militanten Rechtsextremisten gemeinsam auf einer Konferenz sehen ließe.



Nun also, nach fast sechs Wochen, gibt es ein Medienecho auf Christian Klars "Grußadresse".

Aber nicht auf den Umstand, daß an einer solchen Konferenz eine hochrangige Bundespolitikerin der PDS teilgenommen hat, immerhin einer Regierungspartei im Land Berlin. Nicht deshalb wird jetzt verspätet über diese Konferenz berichtet.

Sondern weil man sich darüber wundert, daß Christian Klar noch immer Kommunist ist, und er das auch bekundet hat.