Im September 2010 unterzeichneten Japan und Jordanien ein Abkommen zur Entwicklung der Nutzung der Kernenergie. Japan wird sowohl bei der Erschließung der Uranvorräte als auch bei dem für 2019 geplanten Bau des ersten Kernkraftwerks in Jordanien Unterstützung leisten. Dieses Vorhaben löst bei vielen Beobachtern Ängste aus, aber anders als gegenwärtig in Deutschland nicht vor einem Reaktorunfall, sondern von der Möglichkeit Jordaniens, durch den Betrieb eines Reaktors auch Atomwaffen herstellen zu können.
Diese Verknüpfung der friedlichen Nutzung der Kernenergie mit der enormen Zerstörungskraft von Kernwaffen ignoriert aber die Tatsache, daß vom stromproduzierenden Reaktor bis zur Atombombe ein weiter Weg ist. Eine Atomkraftwerk ist keine Atombombe, unter keinen Umständen. Daß ein Kraftwerk solche Verwüstungen anrichtet wie in den Städten Hiroshima und Nagasaki ist physikalisch unmöglich.
Diese Verknüpfung der friedlichen Nutzung der Kernenergie mit der enormen Zerstörungskraft von Kernwaffen ignoriert aber die Tatsache, daß vom stromproduzierenden Reaktor bis zur Atombombe ein weiter Weg ist. Eine Atomkraftwerk ist keine Atombombe, unter keinen Umständen. Daß ein Kraftwerk solche Verwüstungen anrichtet wie in den Städten Hiroshima und Nagasaki ist physikalisch unmöglich.
Sowohl als Kernbrennstoff als auch als Bombenmaterial kann von Uran nur das Isotop 235 genutzt werden. Es ist "das einzige bekannte natürlich vorkommende Nuklid, das zu einer Kernspaltungs-Kettenreaktion fähig ist". In der Natur kommt dieses Isotop aber in nur einer Konzentration von ca. 0,72% in Urangestein vor.
Dieses Natururan kann nur in selten genutzten Reaktortypen zum Einsatz kommen. In Siedewasserreaktoren wie etwa in Fukushima bedarf es eines Mindestesgehalts von 3%, besser 5% des Isotops 235. Dazu wird das Uran einem Anreicherungsverfahren unterzogen.
Für Kernwaffen ist dagegen eine weit höhere Anreicherung erforderlich. Als Mindestmaß gelten 20%, wo man von low enriched uranium spricht und eine ineffiziente, aber funktionierende Kernwaffe damit erzeugen könnte. Diese 20% sind schon ein weiter Weg, weshalb es dem Iranischen Staatspräsidenten 2010 eine eigene Meldung wert war, das geschafft zu haben. Aber erst hochangereichertes Uran (highly enriched uranium, HEU) mit einem Gehalt von mind. 85% Uran-235 ist für eine "richtige" Atombombe geeignet.
Dagegen steigt auf der anderen Seite die kritische Masse für eine Kettenreaktion in Bombenqualität bei ca. 6% gegen unendlich an. Ein in einem Siedewasser- oder Druckwasserreaktor eingesetzter Kernbrennstoff mit 2, 3 oder max. 5% angereicherter Kernbrennstoff kann daher physikalisch unmöglich zu einer Atombombe werden.
Neben dem Wegfall der Möglichkeit einer Zerstörung der Umgebung durch eine atomare Druckwelle wird auch nie ein "Atompilz" über einem Kernkraftwerk aufsteigen können, wenn man es nicht gerade mit einer Atombombe beschießt. Dazu fehlt es dem Kernbrennstoff einfach an Zerfallsintensität. Was hingegen hoch in die Atmosphäre steigen kann, ist ein brennener Reaktor, wie es in Tschernobyl passiert ist. Das ist dort allerdings durch das fehlende Containment begünstigt worden. Der worst case bleibt bei unter anderem allen in Deutschland eingesetzten Reaktoren der gleiche, wie er teilweise auch in Fukushima eingetreten ist: Leckagen - Dampf, Kühlwasser und der Brennstoff selbst. Für einen Austritt von Brennstoff in Fukushima gibt es keine Hinweise, aber Dampf wurde am Beginn kontrolliert abgelassen und radioaktives Kühlwasser ist ins Meer gelangt. Ob diese Mengen geeignet sind, Gesundheitsschäden zu verursachen, kann man heute nicht wissenschaftlich abgesichert sagen. Ob die für die teils wilden Schätzungen verwendete LNT-Hypothese für Folgen radioaktiver Strahlung gültig ist, darüber wird seit Jahrzehnten heftig gestritten.
Es wäre möglicherweise eine gute Gelegenheit, hier vergleichbare Forschung zu betreiben wie es die von Japan und den USA in Hiroshima gemeinsam betriebene Radiation Effects Research Foundation seit über 60 Jahren mit den Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki macht. Dr. Evan Douple, ein leitender Forscher dieser Einrichtung mit 20 Jahren Erfahrung als Professor für Medizin mit Spezialgebiet Strahlenbiologie an der Dartmouth Medical School, äußerte in einem Interview mit NPR allerdings Bedenken gegenüber einem solchen Vorhaben:
What do you think about the idea of studying health effects from the Fukushima Dai-ichi accident?
I think it would be very unwise. There just isn't any evidence that there are enough exposed people at high-enough doses to expect to see any health effects that are measurable.
[...]
Given what you said about the impossibility of doing the kind of long-term study you mounted of the atom-bomb survivors, can we learn anything from the current episode?
On the basis of our current estimates, there shouldn't be measurable numbers of cancers. So you won't be able to count them, ever. But once the dose estimates are put together and extrapolated, you should be able to make a crude estimate of the health effects, based on the RERF data. And I think that estimate will surprise a lot of people.
And they'll be surprised because?
They're so low.
Was halten Sie von der Idee, die Auswirkungen auf die Gesundheit durch den Unfall in Fukushima Dai-ichi zu untersuchen?
Ich denke, daß das nicht gescheit wäre. Es gibt einfach keine Beweise, daß es genug Menschen gibt, die einer so hohen Strahlenbelastung ausgesetzt wurden, daß man erwarten könnte, Einflüsse auf deren Gesundheit messen zu können.
[...]
Nachdem sie sagen, daß es unmöglich ist, eine zu den Überlebenden der Atombombenabwürfe vergleichbare Langzeitstudie zu betreiben, können wir dann irgendetwas aus diesem Unfall lernen?
Auf der Basis der aktuellen Schätzungen sollte es keine meßbare Anzahl an Krebsfällen geben. Daher werden wir sie nicht zählen können, nie. Aber wenn wir alle Dosisschätzungen zusammenrechnen und aus den Daten von RERF extrapolieren können, dann dürften wir eine grobe Schätzung über die gesundheitlichen Auswirkungen bekommen. Und ich denke daß diese Ergebnisse eine Menge Menschen überraschen werden.
Und warum werden sie überrascht sein?
Weil sie so gering sind.
Um am Ende wieder zu Jordanien zu kommen: auf Einladung von Japan arbeitet unter anderem seit April ein Ärzteteam aus Jordanien in der 25km von den betroffenen Kraftwerken entfernten Stadt Fukushima. Dr. Mohammed Rashaideh auf die Frage, ob er wegen der Strahlengefahr besorgt sei:
"Radiation levels are quite low, even in this area, only 25 kilometres away from the accident," he said. "No one should be worried. People should not overreact."
Ob Jordanien tatsächlich den Bau einer Atombombe anstrebt, kann ich nicht beurteilen. Das Wissen und das Material zum Bau eines Kernkraftwerks ist ein Ausgangspunkt für die Entwicklung von Atomwaffen. Wie man am Beispiel von Iran oder Nordkorea sieht, ist es aber insgesamt ein weiter Weg. Das Kraftwerk selbst birgt seine eigenen Gefahren, aber die sind im Verhältnis vergleichbar klein wie es die Zerstörungen durch die Wasserstoffexplosion in Fukushima im Verhältnis zu den Verwüstungen der Atombombenabwürfe 1945 waren. Fukushima I ist zwar nach dem Tsunami ein mühselig abzuwrackendes zerstörtes Kraftwerk, aber eine "opferlose Katastrophe"."Die Strahlungswerte sind recht gering, sogar in diesem Bereich, nur 25 Kilometer von dem Unfallort entfernt" meint er. "Niemand braucht besorgt zu sein. Die Menschen sollten nicht überreagieren."
Johann Grabner
© Johann Grabner. Für Kommentare bitte hier klicken.