8. Februar 2007

Marginalie: Auschwitz, die RAF und deutsche Vergangenheitsbewältigung

Heute läuft im NDR die "Nacht der RAF-Terroristen". Verdienstvoll - aber schade, daß die Wiederholung dieser Dokumentationen nachts, also fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit, gesendet wird.

Mir scheint, es gibt da Informationsbedarf.

Denn offenbar sind wir Deutschen ja mit dem politischen Mord noch nicht fertig. Ich hatte gedacht - wie wahrscheinlich die meisten meiner Generation -, daß der Auschwitz­prozeß, daß der Eichmann­prozeß, daß die sich daran damals anknüpfenden heftigen Diskussionen uns Deutsche damit hätten klar kommen lassen.

Klar kommen in dem Sinn, daß wir dazu eine Einstellung gewinnen, wie sie in allen demokratischen Rechtsstaaten herrscht.

Es gab fortan, dachte ich damals, einen breiten Konsens darüber, daß das Ermorden von Menschen nicht dadurch entschuldigt werden kann, daß der Mörder politische Motive hat oder vorgibt.

Daß jemand Juden aus Antisemitismus ermordet hat - und nicht, um sich zu bereichern oder sonst einen persönlichen Vorteil zu erringen -, macht den Mord nicht weniger verwerflich. Boger, Kaduk, Klehr wurden nicht als politische Täter verurteilt, sondern als Mörder. Politik rechtfertigt kein Verbrechen. Das politische Motiv mindert die Schuld des Mörders nicht; allenfalls macht es sie größer.



Wird jetzt diese Selbstverständlichkeit, die in jedem Rechtsstaat gilt, wieder problematisiert? Es scheint so. Brigitte Mohnhaupt ist eine vielfache Mörderin. Christian Klar ist ein vielfacher Mörder. Sie sind ihrer Schuld entsprechend verurteilt worden, und sie haben ihre Strafe abzubüßen, wie jeder andere Mörder.

Mehr dürfte dazu eigentlich nicht zu sagen sein.

Aber nun geht sie wieder los, diese Diskussion. Darf nicht vielleicht doch jemand morden, wenn er politische Motive hat? Sollte man nicht wenigstens anerkennen, daß jemand nicht ein "gemeiner Mörder" ist, wenn er Symbolfiguren des Kapitals, wie Schleyer, Beckurts und Herrhausen, ermordet hat? Verdienen diese "Kämpfer" nicht mehr Verständnis, verdienen sie nicht eher Gnade als andere Mörder, weil sie politisch motiviert gewesen waren?

Ja, hätte man vielleicht auch Mulka, Boger und den anderen NS-Mördern strafmildernd anrechnen sollen, daß sie Antisemiten waren? Ihnen jedenfalls deshalb eine Begnadigung gewähren?

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