Herr Bundeskanzler!
Ich verkneife mir ausdrücklich, bei dieser Anrede die übliche Form zu wahren. Nach Ihrem gestrigen Auftritt beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein sträubt sich in mir alles, Ihnen einen höflichen Gruß wie „Sehr geehrter Herr Bundeskanzler…“ oder „Lieber Olaf Scholz…“ hierherzusetzen. Dazu müßte ich zumindest ein Minimum an Respekt, nicht vor Ihrem Amt, sondern vor Ihnen als Amtsträger aufbringen können.
Ich habe nicht ernsthaft erwartet, daß Sie der Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine zustimmen würden – auch wenn etwa Julian Röpcke von der BILD-Zeitung auf Berufung auf sichere Quellen in hohen Kreisen der Bundesregierung im Vorfeld der Tagung eine Chance „von 90 Prozent“ dafür ausgemacht hatten. Zu offen, zu hartnäckig haben Sie Ihre kategorische Verweigerungshaltung in den letzten Monaten ein um das andere Mal zu erkennen gegeben. Wieder und wieder waren Sie sich nicht zu schade, neue Ausreden zu erfinden, die sich sofort als haltlos oder, schlimmer, als glatte Lügen erwiesen haben.
Aber mit ihrer gestrigen Haltung haben Sie auch weiterhin verhindert, daß andere Staaten, die in der Lage wären, der Ukraine Leopard-Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen, dies auch tun können. Das war der Knack- und Angelpunkt des gestrigen Treffens. Ein Dutzend deutscher Leopard werden an der Front im Osten der Ukraine keine Wende des Kriegs herbeiführen; die gut 200 in Deutschland gefertigten Modelle, die andere Armeen zur Verfügung stellen könnten, sehr wohl.
Ich übersehe nicht, daß Deutschland mittlerweile bei der Bereitstellung von anderem Rüstungsmaterial durchaus in führender Position liegt. Aber bis Ihre Regierung Gepard, Marder, Iris-T oder PATRIOT geliefert hat, war es ein zähes, elendes, unwürdiges Zögern, Verzögern, Hinhalten, über Monate hinweg, ein Zögern, das nur der russischen Seite genutzt hat und den Krieg nur verlängert hat.
Seit Monaten – genauer: seit dem Rückzug der russischen Soldaten aus der Umgebung von Kyiv, besonders aber seit der Offensive und der Rückeroberung von Charkiw Anfang September ist jedem, wirklich jedem, klar, daß dieser Krieg auf dem Schlachtfeld entschieden wird. Daß er durch ukrainische militärische Überlegenheit gewonnen werden wird. UND NUR DADURCH. Wer auch nur ein ansatzweises Interesse daran hat, daß das Sterben in der Ukraine schnellstmöglich ein Ende hat, muß nach allen Kräften dafür sorgen, daß die Ukraine in der Lage ist, die mörderischen Invasoren zu besiegen und aus dem Land zu treiben.
Dieser Krieg wird nicht durch „Friedensgespräche“ entschieden. Er wird nicht dadurch entscheiden, daß Sie, Herr Bundeskanzler, sich mit dem Mörder im Kreml an einen Tisch setzen, der von Petersburg bis Wladiwostok reicht. Er wird nicht dadurch entscheiden daß Sie eineinhalb Stunden lang mit einem Kriegsverbrecher „etwas zu besprechen haben“ – wie im vergangen Mai und dann wieder im September. Was bitteschön gibt es in dieser Lage, angesichts der russischen Aggression, angesichts des Mordens, der Vergewaltigungen, der Zerstörung der Infrastruktur, der Vertreibungen, deren Zahl sich auf eine zweistellige Millionensumme beläuft, zu „besprechen“? Obschon ich Ihnen zugute halten muß, daß Sie für die Aussprache der sechs Silben „Вон из Украины!“ wahrscheinlich 90 Minuten benötigen.
Und auf dieses Plazet hat die Welt gestern gewartet: darauf, daß Sie nicht länger die Lieferung dieser Panzer durch andere Länder blockieren. Vielleicht bekommen Sie ja in Ihrem Vakuum im Kanzleramt nicht mit, wie Ihre Weigerung im westlichen Ausland, aber auch bei großen Teilen der Deutschen, deren moralischer Kompaß noch nicht festgerostet ist, angekommen ist: es herrscht Fassungslosigkeit, Entsetzen, blankes Unverständnis. Oder wie es ein amerikanischer Kommentator knapp und treffend ausdrückte: „Olaf Scholz ist die wirksamste Panzerabwehrwaffe, die es für Rubel zu kaufen gibt.“
Ramstein war gestern ein Lackmustest. Es ging nicht um die Frage, ob die Ukraine in anderer Hinsicht nach Kräften unterstützt werden soll: es ging darum, ob sich Deutschland seiner Verantwortung stellt. Seit Wochen war erwartet worden, war zumindest gehofft worden, daß Deutschland – daß SIE! – ihre störrische Verweigerungshaltung aufgeben, für die niemand in der westlichen Welt und niemand in der Ukraine auch nur einen Funken Verständnis mehr übrig hat. Und das mit Recht. Das gilt übrigens auch für mich.
Vielleicht verfolgen Sie die Nachrichten ja nicht, oder sie sind Ihnen schlicht egal. Dann lassen Sie mich nachhelfen: vor vier Tagen sind in der ukrainischen Stadt Dnipro beim Beschuß eines Wohnblocks durch eine russische Rakete 45 Menschen gestorben, darunter sechs Kinder. Mitte Dezember ist im von der ukrainischen Armee befreiten Cherson ein Folterkeller für Kinder entdeckt worden. Seit September hat die Ukraine um die Lieferung von Leopard-Panzern aus dem Westen gebeten; seit September wird sie von Politikern wie Ihnen hingehalten. Hätte Deutschland schon vor Monaten die geforderten Waffen geliefert, könnten viele dieser Menschen noch am Leben sein. Ja, Herr Scholz: das Blut dieser Menschen klebt auch an Ihren Händen. Nicht an denen „der Deutschen“. An Ihren.
Ich erwarte, daß der Rest der westlichen Staatengemeinschaft aus dem moralischen und politischen Offenbarungseid, den Sie gestern geleistet haben, seine Lehren ziehen wird und der Ukraine trotzdem ihre Leopard-Panzer zur Verfügung stellen wird. Der Einwand, Deutschland habe irgendein „moralisches Recht,“ darüber zu bestimmen, WO die hier gefertigten Waffen eingesetzt werden dürfen, ist längst hinfällig. Sie haben ihn mit ihrem kindischen Trotz und Ihrer Verweigerung, sich der Wirklichkeit zu stellen, außer Kraft gesetzt. Diese Regierungen haben diese Panzer bestellt, angeschafft und bezahlt, um ihre Länder, ihre Bevölkerung und das, wofür sie stehen, zu verteidigen.. Sie sehen, daß dieser Einsatz in diesem Krieg nicht in Finnland, nicht in Spanien, nicht in Polen dringlich ist, sondern an der Front in der Ukraine. Sie wissen, daß es auf keinen Fall darauf hinauslaufen darf, daß Russland mit seinen Verbrechen davonkommt, daß es dafür belohnt wird und daß es auf keinen Fall dazu kommen darf, daß es erneut aufrüstet und der Westen – einschließlich der Ukraine – in einem erneuten Krieg einen noch höheren Preis zahlen muß. Und sie sind entschlossen, dementsprechend zu handeln und ihrer Verantwortung nachzukommen. Sie, Herr Scholz, sind es nicht. Sie haben vor der Geschichte versagt. Und zwar in der ersten ernsthaften Prüfung, der sich dieser Staat seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 ausgesetzt sieht.
Es ist aber nicht nur Ihr Blockieren selbst, das so empörend ist: es sind auch die immer wieder wechselnden Ausreden und Lügen. Zuerst hieß es, die ukrainische Armee sei nicht in der Lage, mit modernem westlichen Gerät umzugehen. Diesem, halten zu Gnaden, Gefasel verdankt sich das Konzept des „Ringtauschs,“ nach dem Deutschland an Drittländer Systeme abgibt, die noch über Haubitzen und Panzer aus Sowjetzeiten verfügen und diese im Gegenzug an die Ukraine liefern – ein militärische Eselei, die in dem letzten 200 Jahren selten zu finden sein dürfte. Als sich dies als Lüge erwies, hieß es: die Lieferung von schweren Waffen, Flugabwehr, Patriot, HIMARS würde von Russland als Grund für eine Eskalation genommen und bedeute für uns die Gefahr eines Atomkriegs. Vielleicht haben Sie im Kalten Krieg noch in die Windeln gesungen, aber das Prinzip des atomaren Abschreckung beruhte auf der handfesten Drohung, daß der Gegner im Fall des Einsatzes solcher Waffen mit der sicheren eigenen Vernichtung zu rechnen hatte. Mit diesem Risiko war der Westen bereit, zu leben. Es war die Lehre, die man aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen hat. Und es hat funktioniert.
Ihre letzten Ausflüchte waren so infantil wie infam. Sie haben die Lieferung davon abhängig gemacht, daß andere Länder ebenfalls liefern – aber genau diese Lieferung verhindert, indem Sie sie ihnen mit der oben erwähnten Sperrklausel verboten haben. Am Mittwoch hieß es: die Lieferung sei daran gekoppelt, daß die USA ihrerseits Kampfpanzer vom Typ Abrams M1 liefern würde – eine Volte, die Ihr eigener Verteidigungsminister zwei Tage später, gestern in Ramstein, als blanke Lüge demaskiert hat. Ganz nebenbei: 14 Länder in Europa setzen den Leopard ein, so daß es hier Ausbildungszentren und Standorte zur Wartung und Rparatur gibt. Zudem fährt der Leopard mit Diesel, während der Abrams seit 1991 auf das Kerosingemisch JP-8 angewiesen ist, was den Aufbau zusätzlicher Nachschubkapazitäten nötig machen würde.
Aber Sie haben damit das Vertrauen des westlichen Partner mit Füßen getreten: Gerade hier ist es nötig, daß man sich auf Bündnispartner verlassen kann, daß das Vertrauen, das die Vorgängerregierungen aufgebaut haben, nicht bei der ersten Gelegenheit, nicht grundlos mißbraucht und enttäuscht wird. Und dazu braucht es eine klare Darstellung und Begründung -eine nachvollziehbare Begründung – für die eigene Haltung. Es ist das MINDESTE, daß Sie in einem solchen Fall klipp und klar sagen: Wir werden nicht liefern. Wir werden auf jeden Fall dafür sorgen, daß auch niemand unserer Bündnispartner liefert. Dann wissen diese Länder, woran sie mit Deutschland sind. Und dann müssen Sie mit den Konsequenzen leben. Das ist die Jobbeschreibung, das ist die Verantwortung, die mit dem Job als Regierungschef eines der führenden Staaten der NATO verbunden ist.
Er besteht NICHT darin, Panzer und Turbinen zu tätscheln und dabei wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen. Andererseits gebe ich zu, daß Sie außer Tatenlosigkeit und blamablen Fehlgriffen bei Ihrer Personalauswahl in Ihrer ganzen politischen Laufbahn nichts vorzuweisen haben. Das war schon zu Ihrer Zeit als Oberbürgermeister von Hamburg so. (Das ist natürlich auch der Grund, warum sowohl ihre Pateigenossen als auch die Grünen und die FDP mit Ihnen als Kanzlerkandidaten so gut leben konnten. Bei einer politisch unfähigen, ambitionslosen Nullnummer konnten sich alle Anwärter auf ein Ministeramt sicher sein, daß Sie ihnen niemals die eigene Agenda stören würden und sie sich nach Belieben austoben durften – Frau Lambrecht hat das ja reichlich demonstriert.)
Nun will ich nicht kategorisch ausschließen, daß sich hinter Ihrer kindischen, giftigen Trotzreaktion mehr als nur ein bloßes „Ich will aber nicht!“ verbirgt. Vielleicht gibt es handfeste Gründe, die Sie zu dieser Haltung zwingen. Nur ist davon niemandem etwas bekannt. Es ist schon vor Monaten spekuliert worden, daß es etwa im Zug der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung zu einem Abkommen gekommen sein könnte, bei dem sich Kohl und Genscher 1990 verpflichtet haben, keine Waffensysteme zu liefern, die direkt gegen die Sowjetunion – oder deren Rechtsnachfolger, die Russische Föderation, zum Einsatz kommen würden, wenn sich die Imperialisten im Kreml daran machen sollten, den sich schon 1990 abzeichnenden Zerfall ihrer Imperiums mit Waffengewalt rückgängig zu machen. (Zur Erinnerung: die „Januarereignisse“ in Baku im Januar 1990, als die russische Armee die Demonstrationen für Unabhängigkeit zusammenkartätscht hat, haben 170 Menschen das Leben gekostet; die „Blutwoche“ in Wilma im Januar 1991 hat 13 Opfer gefordert.) Denkbar wäre es, daß Moskau damit drohen kann, bei der Lieferung von Kampfpanzern die Existenz eines solchen Abkommens öffentlich zu machen. Und die Folge davon wäre, daß den Verträgen, die andere Staaten in den letzten drei Jahrzehnten mit der Bundesrepublik geschlossen haben, die Rechtsgrundlage entzogen wäre, weil diese Verträge mit Deutschland auf der Unkenntnis der bestehenden Lage abgeschlossen worden sind: kurzum: weil es sich um staatlichen Betrug handeln würde. Das ist natürlich nichts als wilde Spekulation meinerseits. Ich versuche mir nur, irgendeinen möglichen Reim auf ihr Verhalten zu machen, der nicht darauf hinausläuft: „Herr Scholz sind die Folgen seines Handelns – seiner Handlungsverweigerung – vollkommen gleichgültig – er ist verantwortungslos, unmoralisch und er legt höchstens Wert darauf, dies ganz offen zu zeigen.“
Es haben auch nicht alle Menschen vergessen, Herr Scholz, daß Sie zu Anfang Ihrer politischen Laufbahn ein erklärter Gegner des freien Westens und des westlichen Verteidigungsbündnisses , der NATO, gewesen sind. Daß Sie als Vizevorsitzender der Jusos neun Mal von der Führung der FDJ nach Ostberlin eingeladen worden sind und von der Stasi als „wichtiger Partner im Kampf gegen den Westen“ geführt worden sind. (Und wer die Methoden der Firma Horch-und-Guck kennt, mit denen sie dafür sorgte, daß sie bei solchen Visiten an kompromittierende Belege kam, um ihre Schäfchen bei Bedarf erpressen zu können, darf sich hier seine eigenen Gedanken machen.)
Allerdings, um kurz abzuschweifen: eine der zwingenden Konsequenzen aus der tiefgehenden Kompromittierung der deutschen Politik durch Sprachrohre, und Parteigänger Moskaus läßt es dringend geboten erscheinen, daß nach dem Ende des Krieges in der deutschen Politik so etwas wie ein McCarthyismus 2.0 oder ein Radikalenerlaß eingeführt wird. Die fatalen Entscheidungen pro Nordstream (besonders für die völlig Abhängigkeit durch Nordstream 2, ein Jahr nach Putins Annexion der Krim begonnen), des Appeasements, Ihres fatalen Hinhaltens und und und – das muß zur Folge haben, daß nie wieder in diesem Land Kandidaten aus einer solchen Fünften Kolonne in die höchsten Staatsämter gewählt werden: weder Leute wie Sie, noch Ihre Vorgängerin im Kanzleramt, die ohne Treue zum Sozialismus unter Garantie niemals Funktionärin der FDJ geworden wäre, weder ein Herr Steinmeier, der Jahre lang das beste Mietmaul Putins im Westen war, noch ein Herr Schröder noch eine Frau Schwesig. Daß Herr Schröder noch Mitglied der SPD und Frau Schwesig noch in ihrem Amt ist, sagt alles über diese Partei.
Nun – mit Ihrem gestrigen Auftritt in Ramstein haben Sie zumindest für endgültige Klarheit gesorgt, woran der Westen, woran dieses Land mit Ihnen ist. Ab sofort darf ihnen jede militärische Niederlage in der Ukraine auch persönlich angerechnet werden. Aufgrund verweigerter Hilfeleistung. Und für Ihre Koalitionspartner von den Grünen und der FDP bleibt eigentlich nur noch die Möglichkeit des konstruktiven Mißtrauensvotums, wenn sie nicht in gleicher Weise schuldig und zum Mittäter werden wollen. Bis gestern konnten sie, wider besseres Wissen, noch auf das Prinzip Hoffnung setzen. Damit ist es vorbei.
Ach ja, Herr Bundeskanzler: Herzlichen Glückwunsch. Mit Ihrem Auftritt haben die die Rüstungsindustrie in Deutschland begraben. Diese Firmen können die Produktion einstellen und den Schlüssel wegwerfen. (Das senkt auch den Stromverbrauch und den CO2-Ausstoß.) Leopard-Panzer etwa sind in 21 Armeen in aller Welt im Einsatz; gut 2000 davon. Wer einen solchen Kampfwagen für umgerechnet sechs Millionen Euro für das eigene Arsenal anschafft, tätigt diese Investition, damit er damit im Notfall einsatzbereit ist. Er rechnet damit, das 30 Jahre lang tun zu können. Glauben Sie im Ernst, irgendein Staat, der nicht unter die Hippies gefallen ist, würde sich in Zukunft noch in diesem vitalen Bereich vom Ja und Amen in Berlin abhängig machen wollen? Auf Ersatzteile oder Munition, die der Kasper im Kanzleramt nach Gutdünken – und völlig unberechenbar dazu, siehe oben, verweigert, wenn ihm eine Laus über die Leber gekrochen ist? Dasselbe gilt natürlich auch für Rüstungsgüter aus Schweizer Produktion. Bei Rheinmetall, Thyssenkrupp, KMV, Diehl und Heckler & Koch wird man Ihnen ohne Zweifel dankbar sein. Vielleicht haben Sie es ja beim Tätscheln von Turbopumpen nicht mitbekommen, aber im vergangenen August hat die Regierung von Taiwan Interesse angemeldet, bei deutschen Werften U-Boote zu bestellen, um besser gegen eine mögliche Invasion der Chinesischen Volksarmee gerüstet zu sein. Man wird sich dort hüten, sich von deutscher Willkür abhängig zu machen. (Wobei ich bei Rheinmetall eine Ausnahme machen würde: Dort hat man nämlich bis mindestens 2019 das 2014 verhängte Embargo für deutsche Rüstungsgüter nach Russland nach der Besetzung der Krim schlicht ignoriert und in Mulino bei Nischni Nowgorod die einzige moderne Ausbildungsstätte für Offiziere, über die die russische Armee verfügt, gebaut. Auch die Einheiten der Wagner-Gruppe, deren bestialisches Wüten nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Syrien und Afrika in den Nachrichten leicht zu finden ist, werden dort trainiert. Man wird diese друшба народни dort sicherlich gern weiter pflegen.)
Noch eine kleine Abschweifung: Ihr neugebackener Verteidigungsminister, Herr Pistorius, hat gestern im Ramstein erklärt, er habe jetzt (jetzt!) einen „Prüfauftrag“ an sein Haus erteilt, weil niemand dort wisse, über wieviel Panzer des Typs Leopard 2 die Bundeswehr verfügt und wieviele davon einsatzbereit sind. Wie oben geschrieben, gibt es die Bitte der Ukraine darum seit September, am 26. April hat der Bundestag formell und mit großer Mehrheit beschlossen, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern; seit dem 24 Februar findet gut 2000 km östlich von hier ein Krieg statt, den dieser Kontinent seit 77 Jahren nicht mehr gesehen hat. Die Bundeswehr ist kein Trachtenverein, damit Stricklieseln aus einmal den Willi Wichtig markieren können und sie mit den Nachwuchs in den Osterurlaub zu fliegen – sie hat einen handfesten Auftrag zur Landesverteidigung und zur Erfüllung der Bündnisverpflichtungen. Wie kann es angehen, daß es die Hardthöhe in beinah einem Jahr versäumt hat, eine solch elementare Bestandsaufnahme durchzuführen? Fall dies nicht auch wieder eine Ihrer schamlosen Lügen darstellt, die Sie der Abwechslung halber, an einen Stiefelknecht delegiert haben? Wenn ich den Medienmeldungen von heute glauben darf, hat Frau Lambrecht dies gewissermaßen als letzte ihrer Amtshandlungen so angeordnet. Auf der Webseite des „Business Insider“ heißt es dazu heute:
Ein Versäumnis? Nein – im Gegenteil: Wie Business Insider von mehreren Quellen im Verteidigungsministeriums erfuhr, soll die frühere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) knapp eine Woche vor ihrem Rücktritt ihre Beamten angewiesen haben, keine Bestandsaufnahme bei den Bundeswehr-Panzern des Typs Leopard 1 und Leopard 2 vorzunehmen. Und das, obwohl ihr Haus eine Zählung der Fahrzeuge zuvor vorgeschlagen haben soll, um in der Frage möglicher weiterer Lieferungen auskunftsfähig zu sein.
Zu den möglichen Gründen heißt es im Ministerium: Angeblich sollte damit Kanzler Olaf Scholz (SPD) in der Frage möglicher Kampfpanzer-Lieferungen nicht noch zusätzlich unter Druck gesetzt werden. Die Sorge: Wäre herausgekommen, dass die Bundeswehr ihre einsatzfähigen Panzer zählt, hätte das als Bereitschaft interpretiert werden können, Panzer liefern zu wollen. Diesen Eindruck wollte man angeblich vermeiden, zumal das Kanzleramt bis dahin auch keinen entsprechenden formalen Prüfauftrag an das Verteidigungsministerium erteilt haben soll, heißt es.
Und das heißt nicht nur, daß von April bis Mitte Januar eine solche Bestandsaufnahme nicht nur unterblieben ist, sondern sie auch noch von der obersten Dienstvorgesetzen vorsätzlich torpediert worden ist. Ich bin nur ein juristischer Laie, aber nach meinem Dafürhalten sieht das nach der aktiven Begehung eines Straftatbestandes aus. Und zwar nach ³94 StGB, auch bekannt als „Landesverrat.“
Um Ihnen, Herr Bundeskanzler, Herr Pistorius, auf die Sprünge zu helfen: nominell hat die Bundeswehr zurzeit einen Bestand an 223 Leopard 2A5 und 2A6 sowie 98 Modellen der Baureihe 2A7 und 2A7 V (sie unterscheiden sich in Motorisierung und Bewaffnung) sowie 55 eingemotteten älteren 2A4 in BW-Beständen und 200 2A4 beim Hersteller. Von diesem Zahlen sind erfahrungsgemäß 40 Prozent abzuziehen, da diese Panzer als Ersatzteillager dienen, um den Rest am Laufen zu halten. Bei der Bundeswehr sind sie an fünf Standorten stationiert, unter anderem beim Panzerregiment 193 in Munster. Die dortigen Kommandeure sollten in der Lage sein, Ihnen in weniger als Monatsfrist einen ersten Bericht über Anzahl und Einsatzfähigkeit abzuliefern. Ich gehe davon aus, daß einer der 2500 Beschäftigten in Bundesministerium für Verteidigung in der Lage ist, ein Telefonverzeichnis mit den entsprechenden Rufnummern aufzufinden und zu lesen zu können.
Um die Sache abzuschließen:
Herr Scholz: Sie sind eine Schande für Deutschland.
Herr Scholz: Sie sind eine Schande für Europa.
Herr Scholz: Sie sind eine Schande für die NATO.
Herr Scholz: Sie sind eine Schande für alle Länder der freien Welt, die an die Werte von Freiheit, Frieden und Selbststimmung glauben.
In der SPD war für mindestens vierzig Jahre lang ein Politiker Vorbild, der die Zeit des Zweiten Weltkriegs im Exil in Norwegen verbracht hat: Willy Brandt, der seinen Namen aus Selbstschutz 1934 angenommen hatte, weil die SAPD nach der Machtergreifung Hitlers verboten worden war. Auch Ihr Idol, Herr Scholz, scheint ein Politiker zu sein, der zu dieser Zeit in Norwegen tätig war. Sein Name war Vidkun Quisling.
Mit voller Verachtung
Ulrich Elkmann
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