25. September 2016

Zitat des Tages: "Bei der Polizei wird jeder Übergriff, bei dem nicht erwiesen ist, daß er keine rechtsextreme Motivation hat, in die Statistik hineingezählt."

Eine bemerkenswerte Einlassung des Brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) in einem Interview mit dem Sender Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb). In diesem Interview referiert  Woidke, wie der "Kampf gegen rechts" aus seiner Sicht zu führen sei und meint offensichtlich unter anderem einen Kampf mit den Mitteln der Statistik.
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Man muß wirklich dankbar sein, daß es noch Politiker gibt, die es ernst meinen mit der Transparenz. Die fröhliche Unbekümmertheit und Schambefreitheit, mit der der Ministerpräsident zugibt, ein Problem statistisch zu erschaffen, das er im gleichen Interview als "dramatische Zunahme rechtsextremer und fremdenfeindlicher Straftaten" beklagt, um diesem Problem sogleich den Kampf anzusagen ("eine Geldfrage ist das nicht und darf es auch nicht sein") ist mit dem Begriff Chuzpe nicht hinreichend zu beschreiben. So wird die Äußerung der Ostbeauftragten der Bundesregierung Iris Gleicke (SPD) auch gleich verständlicher, die Anfang des Jahres beklagt hat, daß das Problem des Rechtsextremismus in den vergangenen Jahren systematisch heruntergespielt worden sei. Auch die Bundesregierung zeigte sich in den vergangenen Tagen besorgt aufgrund einer dramatischen Zunahme fremdenfeindlicher Straftaten im Osten. Belegt unter anderem durch Zahlen der Brandenburgischen Polizei. 

Man kann als leidlich aufmerksamer Beobachter nur voller Bewunderung den Blick senken vor solch geballter Seriosität und Wahrhaftigkeit im "Kampf gegen rechts". Kein Gedanke, daß im Windschatten solch statistischer und rhetorischer Inflationierung der tatsächliche Rechtsextremismus wachsen und gedeihen kann und wird. 

Nein, die Politik ist hier zweifellos auf dem richtigen Weg. Ich wäre allerdings dafür, noch einen entscheidenden Schritt weiter zu gehen und zukünftig auch Verkehrs- und Steuerdelikte (die ganz besonders!), bei denen nicht zweifelsfrei geklärt ist, daß sie keinen rechtsextremen Hintergrund haben, in der Statistik rechtsextremer Straftaten zu erfassen. Darüber hinaus wäre in solchen Fällen selbstverständlich von der Unschuldsvermutung abzusehen; schließlich wird jeder Steuerhinterzieher, dessen man habhaft geworden ist, zunächst einmal behaupten, daß er kein Rechtsextremist sei. 

Da kann ja schließlich jeder kommen. 


Andreas Döding

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