27. September 2016

Wenns unbedingt mit Frau sein muss: Eine Filmkritik

Normalerweise ist Zettels Raum nicht gerade der richtige Ort für eine Filmkritik, ist doch der Anspruch diesen Ortes der von vernünftigen Gedanken von Gott, der Welt, der menschlichen Seele und allen Dingen überhaupt. Weil aber diese Filmkritik auch ein paar gesellschaftliche Aspekte haben wird, mache ich hier eine Ausnahme. Wenn seichte Kinofilme halt nicht ihr Interesse sind und Sie lieber in metaphysicher Betrachtung verweilen, dann machen Sie um den folgenden Artikel einen kleinen Bogen und lesen lieber morgen hier weiter.


Sie sind noch bei mir? Gut. Es geht also um einen Film. Welcher Film könnte so "wichtig" sein, dass er unbedingt hier Thema sein soll? Nun, es handelt sich um den Film Ghostbusters, bzw. die Neuauflage des Films von 1984 mit dem selben Titel, die in diesem Sommer in die Kinos gekommen ist. Und, um das wichtigste Ergebnis, die eigentliche Filmbewertung, gleich vorweg zu nehmen: Es handelt sich um den größten Stinker, den ich in diesem Jahr gesehen habe. Wer den Film hinter sich gebracht hat, wird sich mit aller Sicherheit nicht nur um das Geld ärgern, sondern eventuell auch wie dieser Autor, seine zwei Stunden Zeit zurück wünschen, in denen man weit sinnvolleres hätte tun können. Wie beispielsweise seine Steuererklärung machen. Oder den Keller aufräumen. Genaugenommen ist an dem Film so ziemlich alles schlecht, was man schlecht machen kann. Die schauspielerischen Leistungen sind recht unterirdisch, keiner der Charactere wirkt besonders glaubwürdig, was besonders dann auffällt wenn man den Film mit seinem Vorbild vergleicht und sich die  stellenweise genialen Darstellungen von Harold Ramis oder Rick Moranis ansieht. Die Handlung wirkt steif und gezwungen, der Höhepunkt wirkt künstlich und ohne rechten Bezug zur Handlung selber. Die "Witze" sind vieles, aber sicher nicht witzig und während im Original kaum eine Minute ohne gelungene Pointe vergeht, kommt dieser ganze Film auf kein halbes Dutzend gequälte Lacher, und da ist der Cameo-Auftritt von Dan Akroyd bereits enthalten. Die Flut von Widersprüchen darf man zwar nicht zu hoch aufhängen (auch das Original ist ein Film mit einem 30 Meter Marshmallow-Mann!), aber wo der erste in seinen Prämissen logisch aufgebaut war, findet man hier überhaupt wenig, was zusammenpasst. Das "Böse" handelt in geradezu Stephen-King holzschnittartigem Verhalten einfach nur strunzdumm, eine echte Bedrohung will zu keinem Zeitpunkt aufkommen und der Faden, der sich durch jede gute Geschichte ziehen sollte, fehlt hier vollständig. 
Zusammengefasst: Die Geschichte ist schlecht, das Drehbuch ist schlecht, die Regie ist Mist und die Schauspieler machen ihre Job nicht. Und das ganze aufbauend auf einen Film, der, vielleicht nicht genial, aber doch zu den sehr, sehr guten Filmen der 80er Jahre gehört (eine Bewertung von 7,8 auf der IMDB will schon was heissen). 
Warum hat diese Litanie aber auch einen gesellschaftlichen Aspekt? Dafür muss man sich die Unterschiede zwischen Original und Neuauflage ansehen. Im Wesentlichen sind das drei. Der erste Unterschied besteht in der Regie. Ivan Reitman hat zwar beide Filme produziert, aber nur im ersten die Regie selbst geführt. Die Neuauflage stammt von Paul Feig, über den noch wenig bekannt ist. Der zweite Unterschied besteht im Drehbuch. Das erste stamm von Dan Akroyd und Harold Ramis, beide bekannt dafür sehr gute Commedy schreiben zu können. Das neue stammt eben auch von Paul Feig und einer weiteren, auch bisher im Wesentlichen unbekannten Autorin, Katie Dippold. Nun hat nicht jeder das Talent eines Harold Ramis, aber offensichtlich ist es hier nicht gelungen jemanden zu finden, der wirklich Commedy schreiben kann. Oder auch nur eine spannende Handlung.
Der größte -und naheliegendeste- Unterschied besteht aber darin, dass die Protagonisten des ersten Films vier Männer waren, davon drei mit sehr großem kommödiantischem Talent. Im neuen Film sind es vier Frauen. Und damit beginnt das Problem. Denn obschon auch von diesen vier Frauen, drei entsprechend vorgeschädigt sind und auch bei Saturday-Night-Lve aufgetreten sind, so kommen sie in diesem Film nicht witzig rüber. Es läuft einfach nicht. Das kann man teilweise auf ein schlechtes Drehbuch schieben, aber das alleine erklärt es nicht. Man kann es eben auch auf schlechte Schauspielerei schieben, aber auch das erklärt es nicht. Was es dagegen sehr wohl erklärt ist, dass männlicher und weiblichen Humor eben nicht gleich ist. Und damit meine ich nicht die Rezeption, es ist der Vortrag.
Kann man sich eine Frau als Atze Schröder vorstellen? Nein? Warum nicht? Weil es nicht witzig wäre. Die Sprüche von Atze Schröder wirken nicht komisch, wenn sie von einer Frau kämen, sondern deplaziert. Oder sehen Sie sich mal den Klassiker "Airplane" an, das Zusammenspiel zwischen Robert Hays und Julie Hagerty. Die Gesichtsausdrücke und Gestiken von Julie Hagerty würden überhaupt nicht funktionieren, wenn sie von Hays kämen, weil die Groteske, die sie darstellen, auch aus ihrer gesellschaftlichen Rolle als Frau herstammen. Ein Mann kann nicht jede weibliche Rolle spielen und nicht jede Frau eine männliche, und gerade Humor ist eine der schwierigsten Dinge, die ein Schauspieler beherschen kann. Bei Ghostbusters geht es vom Thema erst einmal um Nerd-Humor, es geht um Technik, um aberwitzige Handlung, um gesellschaftliche Aussenseiter. Frauen sind ausgesprochen selten in der Rolle des gesellschaftlichen Aussenseiters. Es funktioniert einfach nicht. Und deshalb funktioniert auch der Film nicht.
Interessanterweise wird dennoch der Film heute als Kummulationspunkt für die Auseinandersetzung um Sexismus gesehen. Hat sich in Amerika bereits vor dem Erscheinen des Filmes eine breite Front gegen den Film positioniert, hat sie inzwischen, und zumindest der Teil ist nach Deutschland übergeschwappt, eine von nichts zu überzeugende "Pro" Bewegung gebildet, die in ihm ein Zeugnis der Gleichberechtigung sehen will und unbedingt will, dass diese blöden "Anti-Feministen" aus Amiland Unrecht behalten. Sie werfen mit dem Begriff des Sexismus weitläufig um sich und können den Film gar nicht genug loben. Würde man ein Motto ableiten wollen, so würde diese wohl "Jetzt sind die Frauen mal dran" lauten. Tja. Ein schlechtes Beispiel muss man wohl sagen. Oder ein sehr gutes dafür was dabei raus kommt, wenn man meint das Frauen alles mindestens (!) genauso gut können (müssen) wie Männer. 
Bleibt am Ende zu sagen: Sparen Sie sich das Geld. Und wenn das Ding irgendwann in der Glotze kommt, sparen Sie sich die Zeit. Er ist nicht einmal die zwei Stunden wert.
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Llarian

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