3. Juli 2013

Snowden


Staatsgeheimnisse sind (auch) in demokratischen Rechtsstaaten nur wenigen zugänglich, allein das sorgt für Interesse. Diesem Interesse steht eine Nachfrage nach Informationen gegenüber, die das bestehende Angebot übersteigt.
Vor allem wenn es sich um gesammelte Informationen von Geheimdiensten handelt. Diese, wie auch ihre Herkunft nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich zu machen ist die Arbeitsgrundlage dieser Dienste.
Nicht jede Herkunft ist legaler Natur und auch nicht jede Tätigkeit.
Ob ein Staat nun Diebesgut von einem gesuchten Verbrecher kauft oder staatliche Mitarbeiter Straftaten von V-Leuten decken.

Neben den Geheimdiensten gibt es Nachrichtendienste – die Grenzen sind fließend. So fließend wie die zwischen Nachrichtendiensten und Medienkonzernen.
Deren Informationsbeschaffung ist geschützt. Sie müssen keine Angaben zu ihren Quellen machen auch wenn es immer wieder Versuche von staatlicher Seite gibt, diese zu erzwingen. Auch nicht, wenn gegen die Quellen ermittelt wird oder Haftbefehle vorliegen. Und die Quellen müssen selbstverständlich nicht an die Öffentlichkeit um sich der Strafverfolgung auszusetzen.
Die Pressefreiheit schützt in demokratischen Staaten die Journalisten wie auch ihre Quellen. Wenn etwas von großem öffentlichen Interesse ist, dann vor allem Verstöße des Staates gegen bestehende Gesetze. Diese aufzudecken ist die wichtigste Funktion der Pressefreiheit.  
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Da Informationen Machtfaktoren sind, kann mit ihnen aber auch Geld verdient werden. Die Presse setzt mit investigativem Journalismus dem Staat Grenzen. Nicht aus einem wie auch immer gearteten Idealismus heraus; sie will Geld verdienen. Es ist ein Geschäft von dem auch die Demokratie lebt und profitiert. Und ein schönes Beispiel wie das Gewinnstreben einzelner zum Nutzen vieler wird.

Der sogenannte Whistleblower Edward Snowden ist das, was Journalisten eine Quelle nennen.
Die meisten haben schon viele Quellen kennengelernt und ebenso die unterschiedlichen Motive. Ein ausgeprägter Nihilismus, Rachegelüste, Geltungssucht, ideologisches Sendungsbewusstsein und natürlich auch das ganz normale erzielen von finanziellen Einnahmen, sind die gängigen Motive. 
Quellen haben sich, um der Strafverfolgung durch ihren Geheimnisverrat zu entgehen, früher geschützt und wurden geschützt – durch ihre Handelspartner.

Edward Snowden hat diesen Schutz, den ihm nur ein Rechtsstaat bietet, aus freien Stücken aufgegeben.  
Als ehemaliger Mitarbeiter der CIA mit diplomatischem Schutz und des NSA nutzt er seine geheimdienstlichen Kenntnisse und Fähigkeiten um die vorsätzlich und geplant gestohlenen Informationen dieser Dienste an Zeitungen weiterzugeben. Auch an eine, die nicht der freien Presse zuzurechnen und in Abhängigkeit zu einem diktatorischen Regime steht, wie die South China Morning Post. Er flieht in die Arme dieser Regime und bittet diese um Asyl. Wäre er ein Spion würde man sagen: Er hat die Seiten gewechselt. Und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Regime mittlerweile nicht seine Kenntnisse teilen.
Die Washington Post hielt den Großteil dessen was sie von Snowden erhielten, für nicht veröffentlichbar.

Und, das ist neu, er tritt als Quelle aus Anonymität und handelt selbst. Im Unterschied zu Wikileaks.
Somit erspart er sich den Zwischenhändler und ist die erste Quelle die sich ins Rampenlicht stellt.
Um berühmt zu werden geben manche Menschen alles, Snowden ist einer von ihnen. Als Sahnehäubchen hat er auch eine interessante Biographie die auch Fragen aufwirft.

Natürlich begeht Edward Snowden Verrat. Das ist unumgänglich, denn er missbraucht das Vertrauen derjenigen, die ihm die Informationen anvertrauen. Das tut aber jede Quelle.
Bis hierhin ist Edward Snowden weder ein Held noch ein Verbrecher.
Deckt eine Quelle Handlungen des Staates auf, die geeignet sind, die Demokratie und den Rechtsstaat zu beseitigen, kann diese mit Recht als Held bezeichnet werden.
Handelt eine Quelle wie Snowden aber auf eigene Faust und verwirft den Schutz den ihm der Rechtsstaat als Quelle gewährt um politisches Asyl bei den Feinden der Pressefreiheit zu suchen um seiner Selbstgerechtigkeit Ausdruck zu verleihen, wird er angeklagt und verfolgt.
Zu dem droht er seinem Heimatland und fügt ihm schweren Schaden zu, nur, weil er, der ehemalige Spion beschlossen hat die Spionage zu verdammen. Er ist nicht nur ein Verräter, er greift mit schweren Waffen an. Kein Staat kann und darf sich das gefallen lassen.

Dieser Schaden kann nicht aufgewogen werden durch die Erkenntnisse die er der Öffentlichkeit über Programme der Dienste der USA und Großbritannien zugänglich gemacht hat.

So erschreckend das Ausmaß der Überwachung auch ist, es diente nicht der Unterdrückung der Bürger. Das ist der Unterschied zu einer Diktatur.
Die Ähnlichkeit besteht darin, dass Grundrechte verletzt wurden und werden. Die Abwägung was dem Bürger als Grundrecht von höherem Nutzen zu sein hat, also seine Sicherheit oder seine Freiheit, darf nicht in den Händen einer Regierung liegen. Und in einer fremden Regierung welche nicht kontrlliebar ist, schon gar nicht. Diese Grundrechte müssen gegen Regierungen verteidigt werden, weil das Misstrauen in den Staat zu ihrer Implementierung geführt hat.
Und wie man sieht, völlig zu recht. 


Erling Plaethe


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