In B.L.O.G. hat Rayson einen sehr interessanten Beitrag mit der Frage eröffnet: "Was wollten die 68er?".
Als einer, der diese Zeit miterlebt hat, der vielleicht selbst eine Art 68er gewesen ist (so genau weiß ich das nicht), fühlte ich mich von Rayson befragt. Aber mit der kurzen Antwort, die ich beabsichtigt hatte, wurde es nichts. Sie wurde länger und länger, zu lang für einen Kommentar. Also setze ich es als Randbemerkung hier hinein; mit Dank an Rayson.
Was wollten die 68er? Ich glaube nicht, daß es damals ein auch nur halbwegs einheitliches "Wollen" gegeben hat. Was es wohl aber gab, das war ein weitgehend einheitliches "Fühlen". Nämlich das Lebensgefühl: "Wir sind die Größten. Uns kann keiner. Wir haben den Durchblick."
Die Grundbefindlichkeit der 68er war eine, sagen wir, naive Arroganz.
Überwertige Vorstellungen. Das Fehlen jedes Respekts für Andersdenkende. Man diskutierte allenfalls untereinander. Die "liberalen Scheißer", die "Faschisten" wurden ausgelacht, beschimpft, niedergeschrien, "entlarvt", lächerlich gemacht.
Man war vollkommen unfähig zur Perspektivenübernahme. Daß Andersdenkende möglicherweise auch Recht haben könnten, lag außerhalb des Horizonts der 68er; darin glichen sie den Nazis und den Kommunisten.
Da war viel Narzissmus, und es war sehr viel pubertäre Unreife. Allmachtsphantasien von jungen Leuten, "subversive Aktion".
Aber statt den Rotzjungen gebührend zu begegnen, kuschte die Gesellschaft vor ihnen, ja bewunderte sie zunehmend. Insofern wurden sie bestätigt, diese dummen und unreifen Revoluzzer; bestätigt von einer hilflosen Väter- Generation mit schlechtem Gewissen, die sich nicht traute, sich gegen diese Unverschämtheiten so zu wehren, wie sie es verdient gehabt hätten.
Das pubertäre Gehabe wurde akzeptiert. Welcher aufgeblasene Revoluzzer, der unversehens populär wird, würde das nicht als Bestätigung seiner krausen Ideen sehen?
Sie erhoben sich moralisch über die Väter- Generation, die 68er. In Wahrheit setzten sie nur deren schlimmste Traditionen fort.
Man war überzeugt, das Schlechte in der deutschen Geschichte weit hinter sich zu lassen - und man dachte genauso intolerant wie die Nazis, man verwendete ihre Methoden. Es war totalitäres Denken, es waren SA- Methoden, die wieder aufgenommen wurden. (Und die ja bis heute nicht verschwunden sind. Die Autonomen, die Antifas, sind in ihren Methoden die Nachfolger der SA).
Die RAF, als die sozusagen höchste Form der 68er Bewegung, hat die Tradition der Freikorps und der SS fortgesetzt: Elitäre Menschen, die völlig kalt und diszipliniert handeln, haben das Recht, nach Belieben zu morden, wenn sie dem folgen, was sie als richtig erkannt haben. Das war ihre Ideologie, so wie es die der Freikorps und die der SS gewesen war. Die RAF - das waren die Vollstrecker des Nazi- Denkens. Menschen, die sich gegen ihre Väter zu empören vermeinten, und die doch nur deren mörderisches Erbe fortführten.
Wie kam es zu dieser "Bewegung"? Da floß vieles zusammen:
Die Protagonisten der 68er Bewegung waren überwiegend zwischen 1945 und 1950 geboren. Sie hatten das alles allenfalls als Kleinkinder erlebt. Ihre bewußte Erinnerung war aber nicht die Erinnerung an Leiden, an Bombenangriffe, an Hunger, sondern die Erinnerung an den Aufstieg in der Nachkriegszeit.
Es ging ihnen gut. Ja, es ging ihnen, wie es ein Schlager der Zeit sagte, " ... besser, besser, besser, immer besser, besser, besser".
Und das mochten sie nun nicht, diese jungen Leute. Das war schal, Konsumterror. Nicht genug Werte. Zu materialistisch. Ja, hatten sie denn keine Ideale, ihre Eltern? Also raus aus ihrer Welt. Eine neue Welt aufbauen. So denken halt Jugendliche, mit jedem Recht der Welt.
Alles verständlich. Normalerweise läßt man sie sich austoben, und dann werden sie vernünftig. Nur war es eben bei dieser Nachkriegsgeneration anders, die nicht von einer intakten Gesellschaft zum Erwachsensein geführt wurde.
Dieses narzißtische, unverschämte Lebensgefühl herrschte damals ja weltweit, weil es eben überall dieselbe Nachkriegsgeneration war, die es trug und propagierte.
Nur gab es halt sehr verschiedene Formen, in denen sich dieses Lebensgefühl äußerte. Man konnte ein Woodstock veranstalten oder zu Mördern werden.
Die RAF, die Bewegung 2. Juni waren keine Außenseiter. Ein erheblicher Teil der 68er hatte Sympathie für das Verbrechen. Man kann das heute schwer verstehen. Aber diese Kinder von Marx und Coca Cola, die selbst nicht erlebt hatten, was Gewalt bedeutet, träumten von der Revolution, vom "Befreiungskrieg", vom "Aufstand der Massen".
Sie erkoren den vielfachen Mörder Ho Tschi Minh, den Massenmörder Mao Tse Tung, die mordenden Tupamaros zu ihren Helden. Sie träumten davon, daß weltweit Krieg und Gewalt herrschen würden.
Wenn sie "Schafft zwei, drei, viele Vietnams!" skandierten, dann verlangten sie den Tod von Hunderttausenden. Nur wenige begannen wirklich mit dem Morden. Aber viele - wenn auch sicher nicht alle - wollten auch in den "Metropolen", wollten auch in Deutschland eine Revolution.
Was die 68er wollten, hat sich zum Glück überwiegend nicht verwirklicht. Es hat nicht die vielen blutigen Kriege wie in Vietnam und Nicaragua gegeben, die sie wollten. Wir haben glücklicherweise nicht die sozialistische Gesellschaft, die sie erträumten.
Unheil haben sie dennoch genug angerichtet. Die sieben Jahre rotgrüner Regierung, die sieben schlimmsten Jahre der Bundesrepublik, wären ohne die 68er nicht möglich gewesen.
Nun, sie sind vorbei. Die 68er sind auf dem Weg in den zwar nicht immer wohlverdienten, aber ganz überwiegend wohldotierten Ruhestand.
Weg damit also, Schwamm drüber. Hoffentlich sind wir Deutschen nach den Nazis, nach den 68ern endlich reif geworden für die Demokratie.
Als einer, der diese Zeit miterlebt hat, der vielleicht selbst eine Art 68er gewesen ist (so genau weiß ich das nicht), fühlte ich mich von Rayson befragt. Aber mit der kurzen Antwort, die ich beabsichtigt hatte, wurde es nichts. Sie wurde länger und länger, zu lang für einen Kommentar. Also setze ich es als Randbemerkung hier hinein; mit Dank an Rayson.
Was wollten die 68er? Ich glaube nicht, daß es damals ein auch nur halbwegs einheitliches "Wollen" gegeben hat. Was es wohl aber gab, das war ein weitgehend einheitliches "Fühlen". Nämlich das Lebensgefühl: "Wir sind die Größten. Uns kann keiner. Wir haben den Durchblick."
Die Grundbefindlichkeit der 68er war eine, sagen wir, naive Arroganz.
Überwertige Vorstellungen. Das Fehlen jedes Respekts für Andersdenkende. Man diskutierte allenfalls untereinander. Die "liberalen Scheißer", die "Faschisten" wurden ausgelacht, beschimpft, niedergeschrien, "entlarvt", lächerlich gemacht.
Man war vollkommen unfähig zur Perspektivenübernahme. Daß Andersdenkende möglicherweise auch Recht haben könnten, lag außerhalb des Horizonts der 68er; darin glichen sie den Nazis und den Kommunisten.
Da war viel Narzissmus, und es war sehr viel pubertäre Unreife. Allmachtsphantasien von jungen Leuten, "subversive Aktion".
Aber statt den Rotzjungen gebührend zu begegnen, kuschte die Gesellschaft vor ihnen, ja bewunderte sie zunehmend. Insofern wurden sie bestätigt, diese dummen und unreifen Revoluzzer; bestätigt von einer hilflosen Väter- Generation mit schlechtem Gewissen, die sich nicht traute, sich gegen diese Unverschämtheiten so zu wehren, wie sie es verdient gehabt hätten.
Das pubertäre Gehabe wurde akzeptiert. Welcher aufgeblasene Revoluzzer, der unversehens populär wird, würde das nicht als Bestätigung seiner krausen Ideen sehen?
Sie erhoben sich moralisch über die Väter- Generation, die 68er. In Wahrheit setzten sie nur deren schlimmste Traditionen fort.
Man war überzeugt, das Schlechte in der deutschen Geschichte weit hinter sich zu lassen - und man dachte genauso intolerant wie die Nazis, man verwendete ihre Methoden. Es war totalitäres Denken, es waren SA- Methoden, die wieder aufgenommen wurden. (Und die ja bis heute nicht verschwunden sind. Die Autonomen, die Antifas, sind in ihren Methoden die Nachfolger der SA).
Die RAF, als die sozusagen höchste Form der 68er Bewegung, hat die Tradition der Freikorps und der SS fortgesetzt: Elitäre Menschen, die völlig kalt und diszipliniert handeln, haben das Recht, nach Belieben zu morden, wenn sie dem folgen, was sie als richtig erkannt haben. Das war ihre Ideologie, so wie es die der Freikorps und die der SS gewesen war. Die RAF - das waren die Vollstrecker des Nazi- Denkens. Menschen, die sich gegen ihre Väter zu empören vermeinten, und die doch nur deren mörderisches Erbe fortführten.
Wie kam es zu dieser "Bewegung"? Da floß vieles zusammen:
Eine kommunistische Unterwanderung, die ihre Früchte trug. Ohne von der DDR kontrollierte Zeitschriften wie "Konkret" und den "Berliner Extra-Dienst", ohne die kommunistisch beeinflußte Anti- Atomtod- Bewegung, ohne kommunistisch gesteuerte Parteien wie den BdD und die DFU, ohne die Beeinflussung des SDS, der Gewerkschaften hätte es die 68er Bewegung jedenfalls nicht in der Form gegeben, in der sie sich entwickelte. Der spezifisch deutsche Generationskonflikt. Ähnlich wie die heutige junge Generation in der ehemaligen DDR hatten wir damals Väter, auf die man überwiegend nicht stolz sein konnte, die keine Vorbilder waren. Rebellionen entstehen meist dann, wenn die Macht, gegen die man rebelliert, erstens nicht als moralisch legitimiert und zweitens als schwach wahrgenommen wird. So sahen die meisten 68er ihre Väter. Es war im Grunde das übliche Aufbegehren der Jungen gegen die Alten. Nur wehrten sich die Alten nicht; also wurden die Jungen immer unverfrorener. Die ungelösten gesellschaftlichen Probleme der jungen Bundesrepublik, die sich unter Adenauer aufgestaut hatten und die unter Erhard virulent geworden waren - überholte Sexualgesetzgebung, autoritäres Denken, der ungeheure Einfluß der Kirchen. Noch bis in die sechziger Jahre hinein wurden Staatsämter nach konfessionellem Proporz vergeben. Zum Beispiel war es ungeschriebenes Gesetz, daß Kanzler und Präsident verschiedenen Konfessionen angehören mußten. Noch 1965 erzählte mir ein Kollege, konfessionslos, daß er nicht wisse, in welche Schule er seine Kinder schicken solle - in Nordrhein- Westfalen gab es nur katholische und evangelische Grundschulen. Die weltweite Jugendrebellion, die eine Rebellion einer glücklichen Generation (die der Nachkriegskinder) gegen eine unglückliche Generation (die der von der Weltwirtschaftskrise, dem Krieg, der Nachkriegszeit Gebeutelten) war. Man verstand die Härte, die Disziplin, den Realitätssinn dieser Väter- Generation nicht mehr - kein Wunder, man war ja selbst nie dem ausgesetzt gewesen, was diese Väter hatten durchmachen und bewältigen müssen.
Meine Großeltern, beispielsweise, waren zweimal "ausgebombt" worden, sie hatten also ihre Wohnung mit allem Besitz über sich zusammenbrechen sehen. Meine Eltern hatten jahrelang die Familie mit einem Null- Einkommen irgendwie durchgebracht; ohne Care- Pakete hätten wir vermutlich nicht überlebt.
Da blühen keine Utopien. Da träumte man nicht von der idealen Gesellschaft der Zukunft, sondern man träumte davon, satt zu essen zu haben und im Winter nicht zu frieren.
Die Protagonisten der 68er Bewegung waren überwiegend zwischen 1945 und 1950 geboren. Sie hatten das alles allenfalls als Kleinkinder erlebt. Ihre bewußte Erinnerung war aber nicht die Erinnerung an Leiden, an Bombenangriffe, an Hunger, sondern die Erinnerung an den Aufstieg in der Nachkriegszeit.
Es ging ihnen gut. Ja, es ging ihnen, wie es ein Schlager der Zeit sagte, " ... besser, besser, besser, immer besser, besser, besser".
Und das mochten sie nun nicht, diese jungen Leute. Das war schal, Konsumterror. Nicht genug Werte. Zu materialistisch. Ja, hatten sie denn keine Ideale, ihre Eltern? Also raus aus ihrer Welt. Eine neue Welt aufbauen. So denken halt Jugendliche, mit jedem Recht der Welt.
Alles verständlich. Normalerweise läßt man sie sich austoben, und dann werden sie vernünftig. Nur war es eben bei dieser Nachkriegsgeneration anders, die nicht von einer intakten Gesellschaft zum Erwachsensein geführt wurde.
Dieses narzißtische, unverschämte Lebensgefühl herrschte damals ja weltweit, weil es eben überall dieselbe Nachkriegsgeneration war, die es trug und propagierte.
Nur gab es halt sehr verschiedene Formen, in denen sich dieses Lebensgefühl äußerte. Man konnte ein Woodstock veranstalten oder zu Mördern werden.
Die RAF, die Bewegung 2. Juni waren keine Außenseiter. Ein erheblicher Teil der 68er hatte Sympathie für das Verbrechen. Man kann das heute schwer verstehen. Aber diese Kinder von Marx und Coca Cola, die selbst nicht erlebt hatten, was Gewalt bedeutet, träumten von der Revolution, vom "Befreiungskrieg", vom "Aufstand der Massen".
Sie erkoren den vielfachen Mörder Ho Tschi Minh, den Massenmörder Mao Tse Tung, die mordenden Tupamaros zu ihren Helden. Sie träumten davon, daß weltweit Krieg und Gewalt herrschen würden.
Wenn sie "Schafft zwei, drei, viele Vietnams!" skandierten, dann verlangten sie den Tod von Hunderttausenden. Nur wenige begannen wirklich mit dem Morden. Aber viele - wenn auch sicher nicht alle - wollten auch in den "Metropolen", wollten auch in Deutschland eine Revolution.
Was die 68er wollten, hat sich zum Glück überwiegend nicht verwirklicht. Es hat nicht die vielen blutigen Kriege wie in Vietnam und Nicaragua gegeben, die sie wollten. Wir haben glücklicherweise nicht die sozialistische Gesellschaft, die sie erträumten.
Unheil haben sie dennoch genug angerichtet. Die sieben Jahre rotgrüner Regierung, die sieben schlimmsten Jahre der Bundesrepublik, wären ohne die 68er nicht möglich gewesen.
Nun, sie sind vorbei. Die 68er sind auf dem Weg in den zwar nicht immer wohlverdienten, aber ganz überwiegend wohldotierten Ruhestand.
Weg damit also, Schwamm drüber. Hoffentlich sind wir Deutschen nach den Nazis, nach den 68ern endlich reif geworden für die Demokratie.