Annette Schavans Doktorvater Gerhard Wehle hat ein Dissertationsthema vergeben, das sich nicht einmal für eine Habilitationsschrift eignen würde; ein Thema, dem ein Wissenschaftler sein Lebenswerk widmen könnte: Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung.
Wie kann man ein solches breites, ja uferloses Thema einer Doktorandin für ihre Dissertation geben? Man konnte es 1980, als die Pädagogische Hochschule Rheinland, Abteilung Neuss, gerade in die Universität Düsseldorf integriert worden war, ihrerseits hervorgegangen aus einer Medizinischen Akademie.
Man wird Pädagogen an Pädagogischen Hochschulen nicht zu nahe treten, wenn man vermutet, daß sie die großen Themen lieben; daß sie vielleicht nicht beurteilen können, was es bedeuten würde, ein solches riesiges Thema auf der Ebene der Primärliteratur zu bearbeiten. Also von Tausenden von Schriften.
Ein Nachwuchswissenschaftler kann nicht das Thema "Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" bearbeiten und dabei alle Primärquellen berücksichtigen. Das könnte vielleicht ein Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft; über Jahrzehnte forschend.
Was macht eine Doktorandin, die sich einem solchen ungeheuren Thema gegenübersieht? Sie macht das, was sie allein machen kann: Sie liest; natürlich überwiegend Sekundärliteratur. Sie exzerpiert.
1980 gab es nicht copy and paste. Man setzte sich in die Bibliotheken, man ackerte sich zu Hause durch die Bücher, oft per Fernleihe bestellt und also nur für eine begrenzte Zeit verfügbar. Man legte Karteikarten an, auf die man die Auszüge aus den Büchern schrieb, von denen man dachte, daß man sie verwerten könnte.
Die Doktorandin Schavan hat sich beherzt und völlig überfordert mit dem Thema herumgeschlagen, das ihr ein Doktorvater aufgetragen hat, dem offenkundig jeder Sinn für Proportionen fehlte. Sie hat das gemacht, was sie tun konnte, um ein solches überbordendes Thema zu bewältigen: Die Sekundärliteratur verwertet. Sie hat nicht verheimlicht, daß sie das getan hat.
Was anders hätte sie denn tun können? Sich von Platon und Augustinus über Luther und Kant bis zu Skinner durch die gesamte abendländische Geistesgeschichte hindurcharbeiten; alles mittels der Lektüre der Primärquellen?
Daß Annette Schavan sich an die Sekundärliteratur angelehnt und nicht die Tausende von Primärquellen gelesen hat, das wird ihr jetzt zum Vorwurf gemacht.
Deshalb hat ein "Fakultätsrat", ohne auch nur ein einziges auswärtiges Gutachten eingeholt zu haben, nun in geheimer Abstimmung beschlossen, ihr den Doktorgrad abzuerkennen. Es gibt dazu eine Presseerklärung mit der kuriosen Überschrift "Aktuelle Sitzung des Fakultätsrats der Philosophischen Fakultät und Presseerklärung vom 05.02.2013".
Damit Sie wissen, worum es geht, hier ein Beispiel aus Schavanplag, der WebSite, die offenkundig dem "Fakultätsrat" zu seinen Einsichten verholfen hat.
Annette Schavan schrieb in ihrer Dissertation:
Siehe auch:
Wie kann man ein solches breites, ja uferloses Thema einer Doktorandin für ihre Dissertation geben? Man konnte es 1980, als die Pädagogische Hochschule Rheinland, Abteilung Neuss, gerade in die Universität Düsseldorf integriert worden war, ihrerseits hervorgegangen aus einer Medizinischen Akademie.
Man wird Pädagogen an Pädagogischen Hochschulen nicht zu nahe treten, wenn man vermutet, daß sie die großen Themen lieben; daß sie vielleicht nicht beurteilen können, was es bedeuten würde, ein solches riesiges Thema auf der Ebene der Primärliteratur zu bearbeiten. Also von Tausenden von Schriften.
Ein Nachwuchswissenschaftler kann nicht das Thema "Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" bearbeiten und dabei alle Primärquellen berücksichtigen. Das könnte vielleicht ein Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft; über Jahrzehnte forschend.
Was macht eine Doktorandin, die sich einem solchen ungeheuren Thema gegenübersieht? Sie macht das, was sie allein machen kann: Sie liest; natürlich überwiegend Sekundärliteratur. Sie exzerpiert.
1980 gab es nicht copy and paste. Man setzte sich in die Bibliotheken, man ackerte sich zu Hause durch die Bücher, oft per Fernleihe bestellt und also nur für eine begrenzte Zeit verfügbar. Man legte Karteikarten an, auf die man die Auszüge aus den Büchern schrieb, von denen man dachte, daß man sie verwerten könnte.
Die Doktorandin Schavan hat sich beherzt und völlig überfordert mit dem Thema herumgeschlagen, das ihr ein Doktorvater aufgetragen hat, dem offenkundig jeder Sinn für Proportionen fehlte. Sie hat das gemacht, was sie tun konnte, um ein solches überbordendes Thema zu bewältigen: Die Sekundärliteratur verwertet. Sie hat nicht verheimlicht, daß sie das getan hat.
Was anders hätte sie denn tun können? Sich von Platon und Augustinus über Luther und Kant bis zu Skinner durch die gesamte abendländische Geistesgeschichte hindurcharbeiten; alles mittels der Lektüre der Primärquellen?
Daß Annette Schavan sich an die Sekundärliteratur angelehnt und nicht die Tausende von Primärquellen gelesen hat, das wird ihr jetzt zum Vorwurf gemacht.
Deshalb hat ein "Fakultätsrat", ohne auch nur ein einziges auswärtiges Gutachten eingeholt zu haben, nun in geheimer Abstimmung beschlossen, ihr den Doktorgrad abzuerkennen. Es gibt dazu eine Presseerklärung mit der kuriosen Überschrift "Aktuelle Sitzung des Fakultätsrats der Philosophischen Fakultät und Presseerklärung vom 05.02.2013".
Damit Sie wissen, worum es geht, hier ein Beispiel aus Schavanplag, der WebSite, die offenkundig dem "Fakultätsrat" zu seinen Einsichten verholfen hat.
Annette Schavan schrieb in ihrer Dissertation:
Neben der behavioristischen Psychologie, wonach unter "Sozialisierung" jenes Muster von Belohnung und Strafe verstanden wird, das sich z.B. im Verhalten der Mutter gegenüber dem Kind manifestiert, jene "child-rearing-practices", durch die der junge Mensch soziale Verhaltensweisen erlernt, die ihm die Eingliederung in die Gesellschaft ermöglichenSie versah das mit der folgenden Fußnote:
vgl. dazu eine Kurzdarstellung mit Literaturverweisen bei Fend, Helmut: Sozialisierung und Erziehung. Weinheim und Basel 1976. S. 16-20.Fend nun, den Schavan also ausdrücklich zitiert, hatte geschrieben:
Unter "Sozialisierung" wird hier nichts anderes als jenes Muster von Belohnung und Strafe verstanden, das sich z. B. im Verhalten der Mutter gegenüber dem Kind manifestiert. Mit "Sozialisierung" sind "child-rearing practices" gemeint, besonders jene, die während der frühen Kindheit in der Familie angewendet werden. Durch sie lerne der Mensch sozial akzeptable Verhaltensweisen und werde dadurch in die Gesellschaft eingegliedert.Dergleichen ist es, was den Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf zur Aberkennung des Doktorgrads bewogen hat. Eine schändliche Entscheidung.
Siehe auch:
Plagiatorin Schavan?; ZR vom 15. 10. 2012
"Zwischen Guttenbergs und Schavans Doktorarbeiten liegen Welten". Nebst einer Anmerkung zur seltsamen Stellungnahme eines linken Politologen; ZR vom 18. 10. 2012
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette vom Autor Laurence Chaperon unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany-Lizenz freigegeben.