Es ist gewiß noch zu früh, um schon von einer Wende zu sprechen; einer Wende hin zu einem Sieg der irakischen Demokratie, der Koalitionstruppen und der irakischen Armee.
Aber es ist offensichtlich, daß die Entscheidung von Präsident Bush, durch die Entsendung weiterer Truppen eine neue Strategie zu ermöglichen - den surge, also den Schub - sich auszuzahlen beginnt.
Zumal mit General Petraeus jetzt ein Mann die US-Truppen kommandiert, der nüchtern, professionell und mit großer persönlicher Überzeugungskraft seine Aufgabe erfüllt.
In der "New York Times" war kürzlich, wie hier beschrieben, ein Bericht zu lesen, dessen Autoren diese Wende zum Besseren sehr beeindruckt hat; vor allem auch die ausgezeichnete Moral der US-Truppen, die ihre Chancen heute überwiegend weit günstiger beurteilen als vor dem surge.
Zugleich ist auch die irakische Innenpolitik in Bewegung geraten. Es zeichnet sich jetzt die reale Möglichkeit ab, daß sich auch die gemäßigten Sunniten von den extremistischen Sunniten trennen; so wie sich die gemäßigten Schiiten schon von El Sadr mit seiner Mahdi- Armee getrennt haben.
Das würde den Weg für eine Koalition der Demokraten eröffnen, die gemeinsam sehr viel wirkungsvoller als jetzt gegen die Extremisten und Terroristen auf beiden Seiten vorgehen könnten.
Der Anlaß für diesen Beitrag ist ein Artikel in der heutigen "Washington Post".
Der Autor, Sudarsan Raghavan, hat sich in der Provinz Babil südlich von Bagdad umgesehen, in der die US-Truppen eine Erweitertung der Strategie versuchen, die die El Kaida aus der Provinz Anbar, noch vor einem Jahr ihre Hochburg, so gut wie völlig vertrieben hat, und die jetzt gerade erfolgreich in der Provinz Diyala angewandt wird: Die US- Truppen verbünden sich mit lokalen sunnitischen Stämmen, die anfangs mit der El Kaida gemeinsame Sache gemacht hatten, die sich aber zunehmend gegen die El Kaida wenden.
Diese Stämme begannen zunächst in Anbar, die El Kaida auf eigenen Faust zu bekämpfen.
Sie hatten sich mit ihr einmal verbündet, weil sie die gemeinsame sunnitische Konfession verbindet und weil sie sich von dem Bündnis Unterstützung gegen die Schiiten und gegen die fremden Invasoren versprachen.
Es stellte sich aber heraus, daß die El Kaida nicht unterstützen, sondern herrschen will. Sie versuchte, Zustände wie unter den Taliban in Afghanistan einzuführen. Sie versuchte, die Scheichs der Stämme zu entmachten. Das ließen diese sich nicht gefallen, und aus den Verbündeten wurden inzwischen erbitterte Feinde.
Im Januar dieses Jahres hat das als einer der ersten Journalisten Bill Ardolino berichtet, der im Irak unterwegs war. In Falludschah hatte er ein ausführliches Interview mit einem hohen lokalen Würdenträger, der ihm diese Situation erläuterte.
Inzwischen haben die US-Truppen die Chance erkannt, die in diesem Zerwürfnis zwischen den sunnitischen Stämmen und der El Kaida liegt. Sie haben die sunnitischen Stämme in Anbar unterstützt, sie unterstützen sie jetzt in Diyala. Anbar ist so gut wie befriedet; in Dilaya läuft die Offensive gut.
Jetzt also Babil.
Dort wollen die USA nun einen entscheidenden, freilich auch riskanten Schritt weiter gehen: Sie verbünden sich nicht nur mit den Stämmen, sondern sie beziehen sie unmittelbar in den Kampf gegen die El Kaida ein.
Die Stämme stellen, so das Angebot, Kämpfer gegen die El Kaida, die als eine Art Hilfspolizisten von den USA ausgerüstet und bezahlt werden. Diese sogenannten "engagierten Bürger" ("concerned citizens") sollen vor allem die Erdöl- Leitungen gegen Anschläge schützen und mithelfen, die Straßenbomben zu räumen, die mehr Opfer unter den US-Soldaten fordern als irgendeine andere Waffe der Terroristen. Sie sollen mit polizeilichen Rechten ausgestattet sein.
Natürlich sind die Amerikaner sich im Klaren darüber, daß diese neue Taktik nicht ohne Gefahren ist. Die so aufgerüsteten Sunniten könnten sich am Ende gegen eine schiitisch dominierte Regierung wenden; vor allem dann, wenn die US-Truppen einmal abgezogen sind.
Aber die US-Kommandeure schätzen diese Gefahr nicht so hoch ein, daß sich deshalb diese Taktik verbieten würde. Die Stämme haben gemerkt, daß sie von den Amerikanern nichts zu fürchten haben, wohl aber von der El Kaida.
Von der El Kaida, die sie ja erst gegen die Schiiten aufgehetzt hat. Traditionell sind im Irak die Schiiten und die Sunniten über die Jahrhunderte gut miteinander ausgekommen; auch wenn man einander nicht sehr mochte.
Auch die Sunniten hatten ein Interesse an den Heiligen Stätten der Schiiten, die dem Land viel Geld von ausländischen Pilgern einbringen. Die Schiiten ihrerseits hatten keinen Grund, den sunnitischen Stämmen ihre Weidegründe oder sonst irgend etwas streitig zu machen.
Der jetzige Konflikt entstand erst durch das Regime Saddam Husseins, der eine rücksichtlose Herrschaft der sunnitischen Minderheit, und in dieser seines Tikrit- Clans, errichtete. Also gab es nach dessen Sturz zahllose offene Rechnungen.
Aber das ist nichts, was über Jahrzehnte wirksam bleibt.
Ohne die El Kaida, deren infame Taktik es war und ist, heilige Stätten sowohl der Schiiten als auch der Sunniten zu attackieren und das jeweils der anderen Seite in die Schuhe zu schieben, ohne die Bunker-Mentalität, die inzwischen in Bagdad auf beiden Seiten entstanden ist, ohne die mafiösen Banden auf beiden Seiten liegt eine Versöhnung zwischen der großen Mehrheit der Sunniten und der Schiiten durchaus im Bereich des Möglichen.
Es ist ein ganz irriges Bild, daß "die Schiiten" und "die Sunniten" im Irak aufeinander losgehen. Auf beiden Seiten sind es Scharfmacher, oft mit kriminellem Hintergrund, die für die Anschläge verantwortlich sind, die immer wieder Kämpfer der jeweils anderen Seite nachts fangen und ermorden.
Deren oft verstümmelte Leichen findet man in Bagdad überwiegend in den konfessionell gemischten Stadtvierteln, in denen die Verbrecherbanden der beiden Seiten noch um die Herrschaft streiten, so wie die Mafia und die Camorra.
Nein, "über den Berg" sind die Demokraten im Irak noch lange nicht. Aber sie haben die Talsohle hinter sich. Jetzt kann man nur noch hoffen - können vor allem die Iraker nur hoffen -, daß der nächste Präsident der USA nicht Obama oder Hillary Clinton heißt.
Mit einem Präsidenten, der Bushs Politik konsequent fortsetzt, könnte - so sieht es im Augenblick aus - mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden, daß es im Irak zu einem Bürgerkrieg kommt oder gar zur Errichtung einer Herrschaft der El Kaida. Es könnte eine sicher nicht nach unseren Vorstellungen perfekte, aber eine doch für arabische Verhältnisse sehr beachtliche Demokratie Fuß fassen.
Aber es ist offensichtlich, daß die Entscheidung von Präsident Bush, durch die Entsendung weiterer Truppen eine neue Strategie zu ermöglichen - den surge, also den Schub - sich auszuzahlen beginnt.
Zumal mit General Petraeus jetzt ein Mann die US-Truppen kommandiert, der nüchtern, professionell und mit großer persönlicher Überzeugungskraft seine Aufgabe erfüllt.
In der "New York Times" war kürzlich, wie hier beschrieben, ein Bericht zu lesen, dessen Autoren diese Wende zum Besseren sehr beeindruckt hat; vor allem auch die ausgezeichnete Moral der US-Truppen, die ihre Chancen heute überwiegend weit günstiger beurteilen als vor dem surge.
Zugleich ist auch die irakische Innenpolitik in Bewegung geraten. Es zeichnet sich jetzt die reale Möglichkeit ab, daß sich auch die gemäßigten Sunniten von den extremistischen Sunniten trennen; so wie sich die gemäßigten Schiiten schon von El Sadr mit seiner Mahdi- Armee getrennt haben.
Das würde den Weg für eine Koalition der Demokraten eröffnen, die gemeinsam sehr viel wirkungsvoller als jetzt gegen die Extremisten und Terroristen auf beiden Seiten vorgehen könnten.
Der Anlaß für diesen Beitrag ist ein Artikel in der heutigen "Washington Post".
Der Autor, Sudarsan Raghavan, hat sich in der Provinz Babil südlich von Bagdad umgesehen, in der die US-Truppen eine Erweitertung der Strategie versuchen, die die El Kaida aus der Provinz Anbar, noch vor einem Jahr ihre Hochburg, so gut wie völlig vertrieben hat, und die jetzt gerade erfolgreich in der Provinz Diyala angewandt wird: Die US- Truppen verbünden sich mit lokalen sunnitischen Stämmen, die anfangs mit der El Kaida gemeinsame Sache gemacht hatten, die sich aber zunehmend gegen die El Kaida wenden.
Diese Stämme begannen zunächst in Anbar, die El Kaida auf eigenen Faust zu bekämpfen.
Sie hatten sich mit ihr einmal verbündet, weil sie die gemeinsame sunnitische Konfession verbindet und weil sie sich von dem Bündnis Unterstützung gegen die Schiiten und gegen die fremden Invasoren versprachen.
Es stellte sich aber heraus, daß die El Kaida nicht unterstützen, sondern herrschen will. Sie versuchte, Zustände wie unter den Taliban in Afghanistan einzuführen. Sie versuchte, die Scheichs der Stämme zu entmachten. Das ließen diese sich nicht gefallen, und aus den Verbündeten wurden inzwischen erbitterte Feinde.
Im Januar dieses Jahres hat das als einer der ersten Journalisten Bill Ardolino berichtet, der im Irak unterwegs war. In Falludschah hatte er ein ausführliches Interview mit einem hohen lokalen Würdenträger, der ihm diese Situation erläuterte.
Inzwischen haben die US-Truppen die Chance erkannt, die in diesem Zerwürfnis zwischen den sunnitischen Stämmen und der El Kaida liegt. Sie haben die sunnitischen Stämme in Anbar unterstützt, sie unterstützen sie jetzt in Diyala. Anbar ist so gut wie befriedet; in Dilaya läuft die Offensive gut.
Jetzt also Babil.
Dort wollen die USA nun einen entscheidenden, freilich auch riskanten Schritt weiter gehen: Sie verbünden sich nicht nur mit den Stämmen, sondern sie beziehen sie unmittelbar in den Kampf gegen die El Kaida ein.
Die Stämme stellen, so das Angebot, Kämpfer gegen die El Kaida, die als eine Art Hilfspolizisten von den USA ausgerüstet und bezahlt werden. Diese sogenannten "engagierten Bürger" ("concerned citizens") sollen vor allem die Erdöl- Leitungen gegen Anschläge schützen und mithelfen, die Straßenbomben zu räumen, die mehr Opfer unter den US-Soldaten fordern als irgendeine andere Waffe der Terroristen. Sie sollen mit polizeilichen Rechten ausgestattet sein.
Natürlich sind die Amerikaner sich im Klaren darüber, daß diese neue Taktik nicht ohne Gefahren ist. Die so aufgerüsteten Sunniten könnten sich am Ende gegen eine schiitisch dominierte Regierung wenden; vor allem dann, wenn die US-Truppen einmal abgezogen sind.
Aber die US-Kommandeure schätzen diese Gefahr nicht so hoch ein, daß sich deshalb diese Taktik verbieten würde. Die Stämme haben gemerkt, daß sie von den Amerikanern nichts zu fürchten haben, wohl aber von der El Kaida.
Von der El Kaida, die sie ja erst gegen die Schiiten aufgehetzt hat. Traditionell sind im Irak die Schiiten und die Sunniten über die Jahrhunderte gut miteinander ausgekommen; auch wenn man einander nicht sehr mochte.
Auch die Sunniten hatten ein Interesse an den Heiligen Stätten der Schiiten, die dem Land viel Geld von ausländischen Pilgern einbringen. Die Schiiten ihrerseits hatten keinen Grund, den sunnitischen Stämmen ihre Weidegründe oder sonst irgend etwas streitig zu machen.
Der jetzige Konflikt entstand erst durch das Regime Saddam Husseins, der eine rücksichtlose Herrschaft der sunnitischen Minderheit, und in dieser seines Tikrit- Clans, errichtete. Also gab es nach dessen Sturz zahllose offene Rechnungen.
Aber das ist nichts, was über Jahrzehnte wirksam bleibt.
Ohne die El Kaida, deren infame Taktik es war und ist, heilige Stätten sowohl der Schiiten als auch der Sunniten zu attackieren und das jeweils der anderen Seite in die Schuhe zu schieben, ohne die Bunker-Mentalität, die inzwischen in Bagdad auf beiden Seiten entstanden ist, ohne die mafiösen Banden auf beiden Seiten liegt eine Versöhnung zwischen der großen Mehrheit der Sunniten und der Schiiten durchaus im Bereich des Möglichen.
Es ist ein ganz irriges Bild, daß "die Schiiten" und "die Sunniten" im Irak aufeinander losgehen. Auf beiden Seiten sind es Scharfmacher, oft mit kriminellem Hintergrund, die für die Anschläge verantwortlich sind, die immer wieder Kämpfer der jeweils anderen Seite nachts fangen und ermorden.
Deren oft verstümmelte Leichen findet man in Bagdad überwiegend in den konfessionell gemischten Stadtvierteln, in denen die Verbrecherbanden der beiden Seiten noch um die Herrschaft streiten, so wie die Mafia und die Camorra.
Nein, "über den Berg" sind die Demokraten im Irak noch lange nicht. Aber sie haben die Talsohle hinter sich. Jetzt kann man nur noch hoffen - können vor allem die Iraker nur hoffen -, daß der nächste Präsident der USA nicht Obama oder Hillary Clinton heißt.
Mit einem Präsidenten, der Bushs Politik konsequent fortsetzt, könnte - so sieht es im Augenblick aus - mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden, daß es im Irak zu einem Bürgerkrieg kommt oder gar zur Errichtung einer Herrschaft der El Kaida. Es könnte eine sicher nicht nach unseren Vorstellungen perfekte, aber eine doch für arabische Verhältnisse sehr beachtliche Demokratie Fuß fassen.
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