Das Bundesland Hessen hat einen interessanten Modellversuch gestartet: Um an hessischen Fachhochschulen ein Studium aufzunehmen, genügt derzeit eine mittlere Reife mit einer Benotung von besser als 2,5. Also anders gesagt: Ein mittelmäßiger Realschulabschluß. Das Bundesland verspricht sich davon einen vereinfachten Zugang zu Hochschulen und damit die Erleichterung der Möglichkeit auch ohne Abitur ein Studium abzuschliessen.
Nun, ersteres wird mit aller Sicherheit funktionieren, der Zugang wird zweifelsohne leichter werden. Ob dadurch mehr als eine homöopathische Dosis zusätzlich ein Studium abschliessen werden, darf man allerdings zurecht bezweifeln. Andererseits ist das, was das Bundesland hier treibt, nur folgericht in einer Politik, respektive einer politischen Forderung, die ja nun schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten erhoben und umgesetzt wird: Die Idee, dass jeder ein Studium hinter sich bringen kann und sollte, weil die Gesellschaft sich ja immer weiter von einfachen Arbeiten weg entwickelt und zunehmend hochqualifizierte Kräfte gebraucht werden.
Während die Begründung durchaus in sich schlüssig ist, liegt dieser Forderung allerdings eine falsche Prämisse zugrunde, die zu diskutieren politisch pfui, gesellschaftlich ungewollt und zudem im persönlichen Gespräch schnell auch persönlich genommen wird: Die Prämisse das Intelligenz und Verstand gleichverteilt sein soll.
Nun, prinzipiell gilt die Erkenntnis, das nichts fairer auf der Welt verteilt ist als der Verstand: Jeder meint genug davon zu haben. Aber wenn man einen Moment das Reich der Phantasie zu verlassen bereit ist, kommt man halt schon zu dem Ergebnis das Intelligenz tatsächlich sehr unterschiedlich verteilt ist. Und bei weitem nicht allzu "fair". Intelligenz ist zu 50-60% vor allem genetisch bedingt und da es auch eine starke Korrelation zwischen Intelligenz und Gehalt gibt, ist es eben so, dass die Kinder von "reichen" Eltern eben auch eine deutlich höhere Chance haben eine höhere Intelligenz von Natur aus mitbekommen zu haben als ihre Pendants aus "armem" Elternhaus. Dies ist wohl für einen Teil der politischen Gesellschaft ein absolut rotes Tuch und dieser Autor empfiehlt jedem, der in eine Diskussion oder Debatte mit einem eher linken Teil der Bevölkerung gerät, dieses Faktum besser zu umgehen. Die Empörung solcher Menschen lässt sich übrigens durchaus noch steigern, wenn man darauf hinweist, dass sich die Genetik von Volksgruppen auch nach ihrer Herkunft unterscheidet (nicht machen, kann sehr laut enden.). Aber unabhängig von diesem Exkurs sollte man schon in der Lage sein zu verstehen das die Verteilung von Verstand etwas ist, was eben nicht den politisch korrekten Vorstellungen einiger Mitmenschen gehorcht sondern seine ganz eigenen Regeln hat. Eine dieser Regeln ist auch, dass Intelligenz, gerade im fortgeschrittenen Alter, nur sehr schwer (wenn überhaupt) zu steigern ist. Wenn man sich auf den Intelligenztest, als bisher einziges Instrument mit halbwegs akzeptablem wissenschaftlichen Hintergrund, bezieht, dann stellt man fest, dass der IQ ab seiner realen Meßbarkeit (mit wenigen Jahren) über den größten Teil des Lebens nur sehr wenige Änderungen erfährt (okay, man kann sich den Verstand wegsaufen, das mal aussen vor). Wie man Intelligenz, wenn diese nicht schon bei einem Schulkind vorliegt, effektiv steigern kann, ist bis heute nicht bekannt. Man kann zwar die Ausnutzung des Verstandes steigern (Stichwort: Verstand ist auch ein Muskel der benutzt werden muss, um trainiert zu sein), aber das Potential ist nach heutigem Stand der Wissenschaft ziemlich fix.
All das hindert aber Politik und Medien nicht daran genau das Gegenteil anzunehmen und fleissig zu propagieren, dass jeder junge Mensch studieren kann, studieren sollte und wir so in eine Gesellschaft der Hochgebildeten transformiert werden. Zumindest eins wurde damit tatsächlich erreicht: Die Zahl der Studenten hat sich durch die letzten 20 Jahre um mehr als 50% erhöht, von gut anderthalb auf fast zweieinhalb Millionen. Von der heutigen Generation geht fast die Hälfte studieren. Nun bleibt aber das Problem das die heutige Generation nicht unbedingt deutlich klüger ist als die Generation vor ihr (wenn man den Flynn-Effekt linear annimmt wären es sechs Punkte, wenn man ihn dagegen als eher logarithmisch betrachtet eher drei). Was also passiert nun, wenn nicht mehr die 10 oder 20 Prozent Besten eines Jahrgangs studierten, sondern 40 Prozent?
Die Antwort hängt stark vom Prüfungsverhalten der Hochschulen ab. Prüfen sie wie vorher werden die meisten der jetzt neu Hinzugekommenen abbrechen. Und in technischen Bereichen passiert das auch. Fächer wie Maschinenbau oder Informatik weisen inzwischen Abbruchsquoten von 50% und mehr auf. Das ist aber politisch so nun ganz und gar nicht gewollt. Also wird Druck auf die Hochschulen ausgeübt doch bitte nicht so viele herauszuprüfen. Ein besonders augenscheinliches Beispiel hat die Landesregierung NRW im letzten Jahr eingeführt: Sie zahlt jeder Hochschule für jeden abschliessenden Studenten 4000 Euro. Die Wirkung liegt auf der Hand: Die Lehrstühle lassen mehr Studenten passieren. Aber nicht unbedingt durch bessere Lehre (die würde deutlich mehr kosten), sondern indem sie die Studenten halt passieren lässt. Was juckt es die Uni wenn da ein Student mit schlechtem Abschluss rauskommt? Die Rückkopplung für solche Dinge ist ausgesprochen gering. Da steckt man lieber das Geld ein. Und so ändert die Uni halt ihr Prüfungsverhalten. Und die Konsequenz ist, dass viele Studenten, die unter den "alten" Bedinungen nicht einmal in die Nähe eines Abschlusses gekommen wären, heute mit einem mittelmäßigen Abschluss die Uni verlassen. Nur macht so ein Abschluss den Studenten natürlich nicht klüger. Oder kompetenter. Ganz im Gegenteil. Mancher mag mit der Illusion leben er habe jetzt richtig was geleistet und könne was. Die Quittung kommt dann auf dem Arbeitsmarkt und das ist dann ein ziemlich fieser Absturz. Denn jemand, der es nicht kann, wird nicht eingestellt, nur weil er jetzt jemand ist, der es nicht kann und einen Abschluss hat. Das mag im öffentlichen Dienst funktionieren, aber in Firmen, die Geld verdienen wollen, klappt das eben nicht.
Wie der eine oder andere Leser wissen wird, hat dieser Autor eine gewisse Zeit an der Uni verbracht und nicht nur sein Studium absolviert, sondern war auch eine Zeit in der Lehre tätig (bis man diese komischen zwei Buchstaben hat). In dieser Zeit war an dem Lehrstuhl das Abbruchsverhältnis anfangs bei etwa 50% (die normale Quote für dieses Fach), durch den Dotcom-Boom im Jahr 2001 schnellte diese allerdings auch zwischenzeitlich auf etwa 75% an. D.h. zu Anfang schaffte es jeder zweite, am Ende nur noch jeder vierte. Und das nicht unbedingt weil es ein besonders schwieriger Lehrstuhl gewesen wäre. Sondern weil ein guter Teil der Studenten nicht studierfähig war. Ein gutes Drittel weil sie die persönlichen Vorraussetzungen nicht mitgebracht haben: Weder die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen noch die Bereitschaft auch mal ein bischen Raubbau an sich selbst zu treiben. Wer bereits im ersten Semester an der 8-Uhr Vorlesung scheitert, wird in aller Regel auch anderweitig nirgendwohin kommen. Ein nicht kleinerer Teil (mit Überschneidungen zur ersten Gruppe) aber auch deshalb, weil sie fachlich nicht zu dem Studium in der Lage waren. Dreiviertel der Studenten waren nicht in der Lage schriftlich zu dividieren. (Ein befreundeter Professor erzählte mir, dass in seiner Grundstudiumsvorlesung mehr als 90% nicht in der Lage war ein lineares Gleichungssystem mit drei Variablen und drei Formeln korrekt zu lösen.) Da fehlt elementarster Stoff. Und viele von diesen Leuten scheitern. Während aus der ersten Gruppe nach einem Jahr noch ein paar den Schuss hören und die persönliche Reife entwickeln, ist bei der zweiten Gruppe fast nichts zu retten. Wer an einfacher Algebra scheitert, wird keine Formalsprache lernen können. Wer nicht einmal die Grundrechenarten korrekt schriftlich anwenden kann, kann nie verstehen wie ein Computer funktioniert. Es geht nicht. Besonders übel stösst auf, dass sich gar nicht so wenige Professoren nicht trauen, das zu artikulieren. Man sagt das den Leuten nicht ins Gesicht. Und das ist, auch wenns paradox klingt, fies. Man tut niemandem einen Gefallen, wenn man ihm Illusionen macht. Und die erste Illusion, die sich sehr viele Studenten machen, ist, dass das Abitur sie dazu befähigt jedes beliebige Studium erfolgreich anzugehen. Das ist eine Lüge. Eine politisch korrekte und ausgesprochen fiese Lüge. Denn viele scheitern später. Und das tut verdammt weh. Wenn Leute nach zehn Semestern sich endlich eingestehen, dass sie es nicht packen, haben sie nicht nur fünf Jahre ihres Lebens verloren, sie haben auch sehr viel Frustration erlebt und haben das innerliche Gefühl ein Versager zu sein. Und das eigentlich nur, weil man ihnen vorher eingeredet hat, sie könnten das schon und wenn nicht, läge es an ihnen. Nun, natürlich liegt es "an ihnen", aber es kann doch keiner was dafür, wenn der Verstand eben doch nicht so reichlich da war, wie man immer gern gehabt hätte. So mancher abgestürzte Student hätte einen hervorragenden Azubi abgegeben, fünf Jahre mehr Zeit gehabt etwas Produktives in seinem Leben anzufangen und nicht diese Erfahrung machen müssen.
Und dieser Irrsinn soll noch ausgeweitet werden. Nicht weil es richtig ist. Oder gut funktionieren würde. Nein, weil es einer verdammten Prämisse unterliegt, die fast den Kern der politischen Korrektheit trifft: Wir alle sind gleich. Und zwar so gleich, dass wir auch alle mit dem selben Verstand geboren sein müssen. Müssen, betonterweise. Es geht nicht um Realität, es geht darum, dass das so sein muss, denn alles andere wäre furchtbar unfair. Diejenigen, die bei dieser Idiotie unter die Räder kommen, interessieren dabei keinen. Es war ja gut gemeint. Und wenn jemand auf der Uni versagt, dann ist er es entweder selber schuld, oder besser noch, man sorgt dafür, dass es niemand merkt. Indem man wertlose Diplome verteilt und den gesellschaftlichen Fortschritt propagiert. Bis die Leute dann wirtschaftlich trotzdem scheitern. Aber das kann man dann auf die böse Industrie schieben. Einen Grund gibt es immer. Nur nicht die naheliegendste Erklärung. Die ist bäh.
Nun, ersteres wird mit aller Sicherheit funktionieren, der Zugang wird zweifelsohne leichter werden. Ob dadurch mehr als eine homöopathische Dosis zusätzlich ein Studium abschliessen werden, darf man allerdings zurecht bezweifeln. Andererseits ist das, was das Bundesland hier treibt, nur folgericht in einer Politik, respektive einer politischen Forderung, die ja nun schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten erhoben und umgesetzt wird: Die Idee, dass jeder ein Studium hinter sich bringen kann und sollte, weil die Gesellschaft sich ja immer weiter von einfachen Arbeiten weg entwickelt und zunehmend hochqualifizierte Kräfte gebraucht werden.
Während die Begründung durchaus in sich schlüssig ist, liegt dieser Forderung allerdings eine falsche Prämisse zugrunde, die zu diskutieren politisch pfui, gesellschaftlich ungewollt und zudem im persönlichen Gespräch schnell auch persönlich genommen wird: Die Prämisse das Intelligenz und Verstand gleichverteilt sein soll.
Nun, prinzipiell gilt die Erkenntnis, das nichts fairer auf der Welt verteilt ist als der Verstand: Jeder meint genug davon zu haben. Aber wenn man einen Moment das Reich der Phantasie zu verlassen bereit ist, kommt man halt schon zu dem Ergebnis das Intelligenz tatsächlich sehr unterschiedlich verteilt ist. Und bei weitem nicht allzu "fair". Intelligenz ist zu 50-60% vor allem genetisch bedingt und da es auch eine starke Korrelation zwischen Intelligenz und Gehalt gibt, ist es eben so, dass die Kinder von "reichen" Eltern eben auch eine deutlich höhere Chance haben eine höhere Intelligenz von Natur aus mitbekommen zu haben als ihre Pendants aus "armem" Elternhaus. Dies ist wohl für einen Teil der politischen Gesellschaft ein absolut rotes Tuch und dieser Autor empfiehlt jedem, der in eine Diskussion oder Debatte mit einem eher linken Teil der Bevölkerung gerät, dieses Faktum besser zu umgehen. Die Empörung solcher Menschen lässt sich übrigens durchaus noch steigern, wenn man darauf hinweist, dass sich die Genetik von Volksgruppen auch nach ihrer Herkunft unterscheidet (nicht machen, kann sehr laut enden.). Aber unabhängig von diesem Exkurs sollte man schon in der Lage sein zu verstehen das die Verteilung von Verstand etwas ist, was eben nicht den politisch korrekten Vorstellungen einiger Mitmenschen gehorcht sondern seine ganz eigenen Regeln hat. Eine dieser Regeln ist auch, dass Intelligenz, gerade im fortgeschrittenen Alter, nur sehr schwer (wenn überhaupt) zu steigern ist. Wenn man sich auf den Intelligenztest, als bisher einziges Instrument mit halbwegs akzeptablem wissenschaftlichen Hintergrund, bezieht, dann stellt man fest, dass der IQ ab seiner realen Meßbarkeit (mit wenigen Jahren) über den größten Teil des Lebens nur sehr wenige Änderungen erfährt (okay, man kann sich den Verstand wegsaufen, das mal aussen vor). Wie man Intelligenz, wenn diese nicht schon bei einem Schulkind vorliegt, effektiv steigern kann, ist bis heute nicht bekannt. Man kann zwar die Ausnutzung des Verstandes steigern (Stichwort: Verstand ist auch ein Muskel der benutzt werden muss, um trainiert zu sein), aber das Potential ist nach heutigem Stand der Wissenschaft ziemlich fix.
All das hindert aber Politik und Medien nicht daran genau das Gegenteil anzunehmen und fleissig zu propagieren, dass jeder junge Mensch studieren kann, studieren sollte und wir so in eine Gesellschaft der Hochgebildeten transformiert werden. Zumindest eins wurde damit tatsächlich erreicht: Die Zahl der Studenten hat sich durch die letzten 20 Jahre um mehr als 50% erhöht, von gut anderthalb auf fast zweieinhalb Millionen. Von der heutigen Generation geht fast die Hälfte studieren. Nun bleibt aber das Problem das die heutige Generation nicht unbedingt deutlich klüger ist als die Generation vor ihr (wenn man den Flynn-Effekt linear annimmt wären es sechs Punkte, wenn man ihn dagegen als eher logarithmisch betrachtet eher drei). Was also passiert nun, wenn nicht mehr die 10 oder 20 Prozent Besten eines Jahrgangs studierten, sondern 40 Prozent?
Die Antwort hängt stark vom Prüfungsverhalten der Hochschulen ab. Prüfen sie wie vorher werden die meisten der jetzt neu Hinzugekommenen abbrechen. Und in technischen Bereichen passiert das auch. Fächer wie Maschinenbau oder Informatik weisen inzwischen Abbruchsquoten von 50% und mehr auf. Das ist aber politisch so nun ganz und gar nicht gewollt. Also wird Druck auf die Hochschulen ausgeübt doch bitte nicht so viele herauszuprüfen. Ein besonders augenscheinliches Beispiel hat die Landesregierung NRW im letzten Jahr eingeführt: Sie zahlt jeder Hochschule für jeden abschliessenden Studenten 4000 Euro. Die Wirkung liegt auf der Hand: Die Lehrstühle lassen mehr Studenten passieren. Aber nicht unbedingt durch bessere Lehre (die würde deutlich mehr kosten), sondern indem sie die Studenten halt passieren lässt. Was juckt es die Uni wenn da ein Student mit schlechtem Abschluss rauskommt? Die Rückkopplung für solche Dinge ist ausgesprochen gering. Da steckt man lieber das Geld ein. Und so ändert die Uni halt ihr Prüfungsverhalten. Und die Konsequenz ist, dass viele Studenten, die unter den "alten" Bedinungen nicht einmal in die Nähe eines Abschlusses gekommen wären, heute mit einem mittelmäßigen Abschluss die Uni verlassen. Nur macht so ein Abschluss den Studenten natürlich nicht klüger. Oder kompetenter. Ganz im Gegenteil. Mancher mag mit der Illusion leben er habe jetzt richtig was geleistet und könne was. Die Quittung kommt dann auf dem Arbeitsmarkt und das ist dann ein ziemlich fieser Absturz. Denn jemand, der es nicht kann, wird nicht eingestellt, nur weil er jetzt jemand ist, der es nicht kann und einen Abschluss hat. Das mag im öffentlichen Dienst funktionieren, aber in Firmen, die Geld verdienen wollen, klappt das eben nicht.
Wie der eine oder andere Leser wissen wird, hat dieser Autor eine gewisse Zeit an der Uni verbracht und nicht nur sein Studium absolviert, sondern war auch eine Zeit in der Lehre tätig (bis man diese komischen zwei Buchstaben hat). In dieser Zeit war an dem Lehrstuhl das Abbruchsverhältnis anfangs bei etwa 50% (die normale Quote für dieses Fach), durch den Dotcom-Boom im Jahr 2001 schnellte diese allerdings auch zwischenzeitlich auf etwa 75% an. D.h. zu Anfang schaffte es jeder zweite, am Ende nur noch jeder vierte. Und das nicht unbedingt weil es ein besonders schwieriger Lehrstuhl gewesen wäre. Sondern weil ein guter Teil der Studenten nicht studierfähig war. Ein gutes Drittel weil sie die persönlichen Vorraussetzungen nicht mitgebracht haben: Weder die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen noch die Bereitschaft auch mal ein bischen Raubbau an sich selbst zu treiben. Wer bereits im ersten Semester an der 8-Uhr Vorlesung scheitert, wird in aller Regel auch anderweitig nirgendwohin kommen. Ein nicht kleinerer Teil (mit Überschneidungen zur ersten Gruppe) aber auch deshalb, weil sie fachlich nicht zu dem Studium in der Lage waren. Dreiviertel der Studenten waren nicht in der Lage schriftlich zu dividieren. (Ein befreundeter Professor erzählte mir, dass in seiner Grundstudiumsvorlesung mehr als 90% nicht in der Lage war ein lineares Gleichungssystem mit drei Variablen und drei Formeln korrekt zu lösen.) Da fehlt elementarster Stoff. Und viele von diesen Leuten scheitern. Während aus der ersten Gruppe nach einem Jahr noch ein paar den Schuss hören und die persönliche Reife entwickeln, ist bei der zweiten Gruppe fast nichts zu retten. Wer an einfacher Algebra scheitert, wird keine Formalsprache lernen können. Wer nicht einmal die Grundrechenarten korrekt schriftlich anwenden kann, kann nie verstehen wie ein Computer funktioniert. Es geht nicht. Besonders übel stösst auf, dass sich gar nicht so wenige Professoren nicht trauen, das zu artikulieren. Man sagt das den Leuten nicht ins Gesicht. Und das ist, auch wenns paradox klingt, fies. Man tut niemandem einen Gefallen, wenn man ihm Illusionen macht. Und die erste Illusion, die sich sehr viele Studenten machen, ist, dass das Abitur sie dazu befähigt jedes beliebige Studium erfolgreich anzugehen. Das ist eine Lüge. Eine politisch korrekte und ausgesprochen fiese Lüge. Denn viele scheitern später. Und das tut verdammt weh. Wenn Leute nach zehn Semestern sich endlich eingestehen, dass sie es nicht packen, haben sie nicht nur fünf Jahre ihres Lebens verloren, sie haben auch sehr viel Frustration erlebt und haben das innerliche Gefühl ein Versager zu sein. Und das eigentlich nur, weil man ihnen vorher eingeredet hat, sie könnten das schon und wenn nicht, läge es an ihnen. Nun, natürlich liegt es "an ihnen", aber es kann doch keiner was dafür, wenn der Verstand eben doch nicht so reichlich da war, wie man immer gern gehabt hätte. So mancher abgestürzte Student hätte einen hervorragenden Azubi abgegeben, fünf Jahre mehr Zeit gehabt etwas Produktives in seinem Leben anzufangen und nicht diese Erfahrung machen müssen.
Und dieser Irrsinn soll noch ausgeweitet werden. Nicht weil es richtig ist. Oder gut funktionieren würde. Nein, weil es einer verdammten Prämisse unterliegt, die fast den Kern der politischen Korrektheit trifft: Wir alle sind gleich. Und zwar so gleich, dass wir auch alle mit dem selben Verstand geboren sein müssen. Müssen, betonterweise. Es geht nicht um Realität, es geht darum, dass das so sein muss, denn alles andere wäre furchtbar unfair. Diejenigen, die bei dieser Idiotie unter die Räder kommen, interessieren dabei keinen. Es war ja gut gemeint. Und wenn jemand auf der Uni versagt, dann ist er es entweder selber schuld, oder besser noch, man sorgt dafür, dass es niemand merkt. Indem man wertlose Diplome verteilt und den gesellschaftlichen Fortschritt propagiert. Bis die Leute dann wirtschaftlich trotzdem scheitern. Aber das kann man dann auf die böse Industrie schieben. Einen Grund gibt es immer. Nur nicht die naheliegendste Erklärung. Die ist bäh.
Llarian
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