7. Februar 2007

Marginalie: Anrüchiges Vokabular

In Berlin, so meldet Spiegel-Online, wird ein Behördenformular verwendet, in dem von "personenbezogenen Daten besonderer Kategorien, hier zur rassischen und ethnischen Herkunft" die Rede ist.

Hieran hat der Abgeordneten Özcan Mutlu (Grün- Alternative Liste) Anstoß genommen. In einer Kleinen Anfrage an den Berliner Senat will er, laut Spiegel-Online, unter anderem wissen, "auf welchen 'wissenschaftlichen Erkenntnissen und Theorien' die Einteilung in 'Rassen' denn basiere oder was der Senat unter 'rassischer und ethnischer Herkunft' überhaupt verstünde."

Dazu merken die Autoren von Spiegel-Online, Hani Yamak und Sven Röbel, an: "Der Passus, dessen Vokabular an den NS-Jargon des 'Dritten Reichs' erinnert, ist seit Jahren bürokratische Realität in der deutschen Hauptstadt". Und sie urteilen: "Eine deutsche Behörde, die 62 Jahre nach Kriegsende derart anrüchiges Vokabular in ein offizielles Dokument druckt - der Vorgang birgt in der Tat politischen Zündstoff".



Politischen Zündstoff birgt allerdings, wenn wir Hani Yamak und Sven Röbel folgen, auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, das freilich schon vier Jahre nach Kriegsende formuliert wurde.

Dort heißt es in Artikel 3, Absatz 3:
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Tja, er wabert eben überall, der "NS-Jargon". Und die "Einteilung in 'Rassen' durch 'wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien'" zu begründen, das haben sie augenscheinlich versäumt, die Väter des Grundgesetzes, als sie dieses "anrüchige Vokabular" verwendeten.

Und niemand hat's gemerkt. Bis auf diesen Mangel endlich, nach mehr als einem halben Jahrhundert, ein Abgeordneter der Grün- Alternativen Liste aufmerksam wurde.