13. Januar 2016

Zitat des Tages: Der Tod des Feminismus

Womöglich sind aber auch Frauen dabei, die gar nicht Opfer geworden sind, sondern aus politischer Überzeugung der Meinung waren, dass die Täter mit Migrationshintergrund oder die Flüchtlinge, die das Chaos auf der Domplatte für sexuelle Übergriffe ausgenutzt haben, abgeschoben gehören. Das hoffen sie womöglich mit einer Anzeige zu beschleunigen. 
(Dagmar Dehmer und Andrea Dernbach im Tagesspiegel zu den Ereignissen in Köln)  

Kommentar:

Gender-Mainstreaming, Frauenquoten in Führungsgremien, "vaterlose Gesellschaft" - dem oberflächlichen Beobachter erscheint es so, dass der Feminismus in der deutschen Gesellschaft gesiegt hätte. Und doch hat - beinahe unbemerkt - sein letztes Stündlein geschlagen. 


Die beiden Autorinnen sind sich möglichweise gar nicht bewusst, dass sie es eingeläutet haben, nämlich mit dem oben zitierten Satz. Denn so vielfältig die Frauenbewegung auch sein mochte, es gab in ihr ein zentrales Credo, das lautete: Einem Vergewaltigungsopfer ist ohne jede Einschränkung zu glauben. 

Oft genug war diese Einstellung problematisch - man erinnere sich an den Kachelmann-Prozess - da sie als Forderung an Justiz und Polizei mit der Unschuldsvermutung kollidierte. Aber sie wurde aufrecht erhalten, selbst wenn im konkreten Fall alle Argumente dagegensprachen. Weil es einfach zum Selbstverständnis des Feminismus gehört hat - und dieses Selbstverständnis ging so weit, jeden berechtigten Einwand dagegen als "patriarchalisch" abzubügeln.

Wenn dieses Prinzip nun - wie oben geschehen - pauschal über Bord geworfen wird, ist das nicht einmal nur ein Dammbruch, es ist nicht weniger als die Kapitulation der deutschen Frauenbewegung, und die Unterordnung unter einen ins Perverse verzerrten Antirassismus. Denn es ist klar, dass es sich hierbei nicht um Einzelmeinungen handelt - den beiden Damen gebührt lediglich das Verdienst, es klar auszusprechen. Die ganze Debatte zeigt, dass es sich bei allem, was jetzt geäußert wird, lediglich um Rückzugsgefechte handelt.

Der unter dem Hashtag #ausnahmslos erschienene offene Brief kann - da von vielen im linksgrün-feministischen Spektrum aktiven Damen unterzeichnet - als so etwas wie die aktuelle Sprachregelung zum Thema gelten. Die Quintessenz dieses Textes lautet sinngemäß: Wir dürfen nicht zulassen, dass sexuelle Übergriffe an Frauen dazu genutzt werden, Stimmung gegen Muslime zu machen. Deshalb ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich über Sexismus generell Gedanken zu machen und ihn in jeglicher Form zu bekämpfen.

Was für ein unerträglicher Schwachsinn! Was hier im Gewand der Aufklärung und Weltoffenheit daherkommt, ist nicht weniger als ein selbst auferlegtes Verbot, die Ursachen des wahrscheinlich spektakulärsten Falls an sexuellen Übergriffen in der deutschen Nachkriegsgeschichte auch nur zu analysieren. Und das von einer Bewegung, die bis zum jetzigen Zeitpunkt gerade beim Thema sexuellem Missbrauch so überkonsequent war, dass einige zu Unrecht beschuldigte Männer unwiederbringlich ihr Ansehen verloren haben.

Stellen Sie sich mal vor, lieber Leser, es brennt ein Flüchtlingsheim, und jemand ruft mit den besten Absichten dazu auf, "sich über Brandstiftung generell Gedanken zu machen und sie in jeglicher Form zu bekämpfen". Da wär' was los.

Aber warum passiert das? Warum knickt der deutsche Feminismus ziemlich auf den Tag genau zwei Jahre nach der völlig überzogenen Brüderle-Aufschrei-Debatte so ein?

Wenn man sich in den tonangebenden Communities umschaut, dann sieht man seit einigen Jahren das Phänomen, dass Diskriminierung nicht an Hand konkreter Fälle betrachtet wird, sondern "dekonstruiert" wird (ich habe das an anderer Stelle mal ausführlicher beschrieben) - also lediglich als Instantiierung von Machtverhältnissen betrachtet wird. Was dabei rauskommt, ist ein Einheitsbrei an Antirassismus, Antisexismus und Antikapitalismus - kurz: eine grundsätzlich antiwestliche Haltung. 

Ich war nie ein Freund des klassischen Feminismus, ich fand ihn dogmatisch und antiliberal. Und trotzdem halte ich es für ein Alarmsignal, wenn er nicht nur dem Mob von Köln, sondern auch dem intellektuellen Mob zum Opfer fällt. Denn trotz aller Kritik war der Feminismus eine genuin westliche Bewegung, die in der aufklärerischen Vorstellung der Gleichwertigkeit aller Menschen wurzelt. Wahrscheinlich ist ihm das zum Verhängnis geworden.

Und ich kann nicht anders als es für ein Alarmsignal halten, wenn ich am Ende eines Fernsehabends (zuerst Plasberg, dann Unter den Linden auf Phoenix) feststellen muss, dass die einzigen einigermaßen vernünftigen Argumente ausgerechnet von Frau Schwarzer kommen.     
­
Meister Petz

© Meister Petz. Für Kommentare bitte hier klicken.