Eigentlich
wollte ich nur einen unschuldigen Artikel zu Glyphosat schreiben. Glyphosat ist
ein Pflanzengift, das in der Landwirtschaft eingesetzt wird, um alle möglichen
Sorten von Unkraut zu bekämpfen. Es gilt in geringen Mengen als unbedenklich
(da der Wirkmechanismus sich auf die Photosynthese auswirkt und die meisten
Menschen, -hier muss auch der Grüne von nebenan stark sein- nicht in der Lage
sind Photosynthese zu betreiben). Wie dem auch sei, Glyphosat ist das derzeitige
neue Kampagnenprojekt der Landwirtschaftsveränderer, zumal damit gleich mehrere
Ziele auf einmal bekämpft werden können (konventionelle Landwirtschaft,
amerikanische Großindustrie, Genindustrie).
Um einige Hintergrundinformationen zu dem Artikel zu sammeln, habe ich mich also mit den größten Lebensmittelskandalen (denn darum geht es ja im Kern) der letzten Jahrzehnte beschäftigt. Machen Sie an dieser Stelle den Test mit sich selber, lieber Leser, was meinen Sie, ist der größte Lebensmittelskandal der letzten Jahre in Europa oder Deutschland gewesen?
Vermutlich
werden Sie auf BSE getippt haben und damit haben Sie, was die Zahl der Toten
angeht, in Europa auch recht (es sind knapp 180 Menschen daran gestorben). Aber
dann wird’s schwierig. Vielleicht wäre ihnen das Gammelfleisch eingefallen.
Sorry, kein Gewinner, wenn sich jemand auch nur den Magen verdorben hat, dann
eher an der Berichterstattung. Oder der Eier-Dioxin Skandal ? Nein, leider auch
kein Gewinner, auch hier hat sich niemand gefunden, der tatsächlich geschädigt
wurde. Nein, der Gewinner wäre ein anderer: Es wäre der EHEC-„Skandal“ von 2011
mit 53 Toten. Skandal deshalb in Anführungszeichen weil er, seit man mehr über
die Ursachen weiß, nahezu nirgendwo mehr von Skandal gesprochen wird. Und damit
sind wir –endlich- beim Thema diesen Artikels. 2011 traten in Deutschland
vermehrt schwere Durchfallerkrankungen auf, die auch in Einzelfällen zum Tode
der betreffenden Person führten. Ausgelöst wurden diese in aller
Wahrscheinlichkeit durch einen Stamm von pathogenen Coli-Bakterien (EHEC), die
die Betroffenen mit der Nahrung aufgenommen haben. Bestritten wird dies
allenfalls und nur noch von Foodwatch, doch dazu später mehr. Ebenso gilt es
als vergleichsweise sicher, dass die Bakterien von einem -jetzt kommts- Bio-Hof
aus Niedersachsen, stammten. Der letzte Nachweis konnte nie geführt werden, da
die Proben von dem Hof selber nicht positiv getestet wurden (aus welchem Grunde
auch immer), allerdings ist die Indizienkette, die zu dem Hof als Quelle
führte, sehr belastend.
Das wäre an
für sich alles Schnee von gestern, wenn da nicht dieser wunderschöne „Bericht“ in der deutschen Wikipedia wäre.
Prinzipiell sollte die Wikipedia ja alles wichtige zusammenfassen, aber sie
schafft es auf mehreren Seiten, mit nahezu 60 Quellenverweisen, nicht ein
einziges mal das Wort „Bio“ auch nur auftauchen zu lassen (mal ab von einer
Biotonne). Das es sich um einen Skandal um Bionahrung, respektive um einen
Bio-Vorzeigebetrieb, gehandelt hat, geht völlig (!) unter. Googelt man den
Skandal bei den Tageszeitungen ergibt sich nahezu dasselbe Bild: Das Wort Bio
wird an jeder Stelle vermieden, so gut es geht. Und das vorher erwähnte
Foodwatch versucht es gleich mit einer Verschwörungstheorie, indem es
unterstellt, die Ursachen seien nie wirklich ausreichend erforscht worden (Eine
ähnliche Denkschule sucht auch heute noch nach dem Führerbefehl zur „Endlösung“).
So wird
natürlich die Geschichte umgeschrieben. Der größte Foodskandal der letzten
Jahre hat nichts mehr mit Bioanbau zu tun, Vegetarier leben sowieso gesünder
und industriell hergestellte Lebensmittel sind gefährlich und falsch. Sucht man
im Netz nach den vorgeblichen Skandalen um Dioxin im Ei oder um das
Gammelfleisch bekommt man von gutmeinenden Redakteuren vor allem einen Rat:
Essen Sie Bio. Am besten vegetarisch, noch besser vegan.
Jetzt kann
man natürlich der Meinung sein, dass vegetarische Ernährung gesünder ist. Oder
vegane besonders human. Man kann auch der Meinung sein, dass pasteurisierte
Milch ungesund sei und man mit Frischmilch viel besser fahre (diese unselige
wie dumme Debatte habe ich schon viel zu oft erlebt). Etc. etc. etc. Aber warum
muss man die Wahrheit dann verbiegen? Wieso muss man aus einem Bio-Skandal eine
Verschwörungstheorie basteln, warum muss man Skandale hochschreiben, die keine
sind, warum muss man die Wahrheit erfinden? In wenigen Jahren wird sich niemand
mehr erinnern was eigentlich 2011 passiert ist, und die „Story“, die von
Journalisten und „Wikipedianten“ in die Welt geschrieben wurde, wird Wahrheit
werden.
Llarian
© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.