Zugegeben: Die Frage ist natürlich provokativ. Für die einen ist sie absoluter Unsinn, für die anderen geradezu eine Selbstverständlichkeit. Sowohl das Nein als auch das Ja lassen sich antworten, ohne sich auch nur einen Millimeter mit dem Inhalt der Frage auseinanderzusetzen. Doch genau das soll hier geschehen.
Wenn ein Paar eine lange Zeit miteinander liiert ist, kommt es schon mal hier und da zu recht massiven Krisen. Diese können unterschiedlichste Ursachen haben, aber gemein ist ihnen am Ende doch oftmals die Frage: Wie macht man weiter? Dafür gibt es ebenso eine Reihe von Strategien, mit dem Vorteil, dass diese nicht ganz so divers sind. So kann man sich zum Beispiel in Freundschaft trennen. Oder man kann einen Schritt zurück machen und erst einmal aus einer gewissen Distanz beurteilen, wo man eigentlich steht. Auch kann man die Probleme analysieren und versuchen gemeinsam lösen. Gerade letzteres ist natürlich der Königsweg, aber vielen Paaren gelingt dies nicht, denn es setzt natürlich auch die Bereitschaft voraus hart daran zu arbeiten und eventuell Nachteile für sich selber in Kauf zu nehmen. Ein vierter Weg, weit populärer, ist dagegen das Aussitzen. Man benennt die Probleme nicht und hofft, dass sie vorbeigehen. Diese Strategie ist gar nicht mal so schlecht und dieser Autor kann durchaus bezeugen, dass wenn Probleme sich aus absehbaren Lebensabschnitten ergeben, diese durchaus mit Aussitzen überwunden werden können.
Erstaunlicherweise (?) sieht man aber oft auch eine fünfte Strategie: Wenn wir es so nicht schaffen, dann verbinden wir uns eben noch mehr. Da wird dann oft geheiratet oder ein Kind in die Welt gesetzt. Es ist die Reaktion auf eine eventuell zu grosse Nähe noch näher zusammen zu rücken oder zu den bestehenden Problemen ein noch grösseres hinzuzusetzen. Diese Strategie sieht man erstaunlich oft und was man fast genauso oft sieht ist das Folgende: Es geht schief. Und zwar verheerend schief. Und in einigen Fällen katastrophal schief. Im Ergebnis tritt an die Möglichkeit sich vielleicht ehrlich und in Freundschaft zu trennen der blanke Hass, statt gemeinsam Probleme zu lösen wird ein verbitterter Streit um Kinder und Vermögen geführt. Opfer sind am Ende alle, die Partner, die Kinder, die Familien.
Natürlich wird Ihnen, lieber Leser, die Parallele zur aktuellen politischen Situation in Europa nicht entgangen sein (nach der Überschrift ist es ja auch kaum zu übersehen). Europa hat derzeit massive Probleme. Die Schuldenkrise ist eins davon. Die Flüchtlingskrise ein zweites. Beide Probleme haben massives Sprengstoffpotential, wobei es im Kern bei beiden Fragen eigentlich um ein ganz simples Problem geht: Die verschiedenen europäischen Länder sind unterschiedlicher Meinung wie ein bestimmtes Problem gelöst werden soll. Nehmen wir das einfachere Problem der Schuldenkrise. Die "Südländer" haben jahrelang mit Schuldenpolitik existiert, man hat Währungen abgewertet und vielleicht etwas mehr konsumiert als andere. Die "Nordländer" dagegen haben sich eher an Austerität orientiert, Währungen weniger abgewertet, Schulden vermieden und eben etwas mehr investiert. Beide Standpunkte kann man vertreten, aber es sind eben grundunterschiedliche Methoden des Wirtschaftens. Beides zusammen geht aber nicht. Und so streiten sich die Länder massiv um das richtig und falsch. Nur gibt es eben keinen Mittelweg, ein "bischen Austerität" funktioniert nicht. In einer Beziehung müsste man eigentlich zu der Erkenntnis kommen einen Schritt zurück zu machen, Distanz zu wahren und die Gemeinsamkeiten wo anders zu suchen. Es ist ja völlig okay, wenn der Mann alleine (!) zu seinem Skatabend geht und die Frau alleine (!) mit ihren Mädels was trinken geht. So lange man andere Tage für gemeinsames findet ist das absolut in Ordnung.
Nicht so Frau Merkel und nicht so Europa: Nein, wir müssen alle eine gemeinsame Struktur haben. Und so verordnet sie den Griechen die deutsche Politik. Die davon die Krise bekommen, die selbe Krise, die der Mann hat, wenn er zur Literaturabend seiner Frau muss oder die Frau mit dem Mann im Kino den letzten Tarrantino schauen soll. Und das spaltet. Nicht zu knapp. Statt sich Gedanken zu machen wie wir unsere Ideen beibehalten können, muss mehr Europa erzwungen werden. Statt den Griechen die Möglichkeit zu geben ehrlich pleite zu gehen, wird ihnen ein Sparkurs verordnet der im völligen Widerspruch zu den letzten 50 Jahren steht.
Die Flüchtlingskrise ist nicht so viel anders. Man kann zwar getrennter Meinung sein, ob die Flüchtlinge den Deutschen viel bringen werden (dieser Autor glaubt es nicht), aber man muss eben auch anerkennen, dass ad hoc eine Mehrheit in diesem Land die Kanzlerin bis dato gestützt hat. Die osteuropäischen Länder sehen das dagegen absolut anders, sie haben nicht die geringste Lust sich "multikulturalisieren" zu lassen, man gefällt sich in seiner ethnischen Zusammensetzung und will auch klar christlich orientiert bleiben. Und was denkt sich Frau Merkel ? Sie versucht den Osteuropäer das Messer an die Kehle zu setzen und die (echte oder vermeintliche ist an der Stelle egal) Meinung der Deutschen durchzusetzen. Und das treibt natürlich einen massiven Keil zwischen West- und Osteuropa. Das dabei auch andere Länder dem einen oder anderen Part beipflichten ist dabei nebensächlich, das ist bei der Schuldenkrise nicht anders, die Handelnden sind in beiden Fällen die Deutschen, respektive Frau Merkel.
Wenn Europa so friedlich bleiben soll, wie es das seit 50 Jahren ist, dann müssen sich die Völker tatsächlich freundschaftlich verbunden fühlen. Oder zumindest nicht feindlich. Wenn in Athen Bilder von deutschen Politikern mit Hakenkreuzen auftauchen, dann ist das ein Beleg, dass das Gegenteil passiert. Wenn die Warschau das selbe auftaucht, dann ist das exakt der selbe Hintergrund. Und es ist Angela Merkel, die diese Bilder auslöst. Aus ihrer idee "mehr Europa" als Lösung für jedes Problem zu verkaufen. Umso mehr sie diesen Weg geht, umso enger die Strukturen erzwungen werden, umso schlimmer wird es werden, wenn diese zusammenbrechen. Was ist ihre Antwort auf die Flüchtlingskrise ? Mehr Europa. Was ist ihre Antwort auf die Schuldenkrise ? Mehr Europa. Was ist ihre Antwort darauf, dass sich in vielen Ländern mehr und mehr Parteien bilden, die Europa kritisch sehen ? Mehr Europa.
Ich habe die ganz schwere Vermutung das das mehr Europa in gar nicht so ferner Zukunft zu etwas ganz anderem führen wird: Gar kein Europa mehr.
Llarian
© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.