7. Mai 2014

Irritationen im Kreml

Das Anschluß-"Referendum" auf der Krim war von Anfang an umstritten: Gegründet auf einem dubiosen Beschluß, mit manipulativen Abstimmungsoptionen, nach einseitiger Propaganda, ohne echte geheime Abstimmung, bei Präsenz fremder Truppen als Druckmmittel - nach allen normalen demokratischen Maßstäben war diese Abstimmung eine Farce. Dazu ein völlig unglaubhaftes Ergebnis, nach dem angeblich nicht nur die Russen auf der Krim komplett zugestimmt hätten, sondern auch ein großer Teil der Ukrainer und Krimtataren.

Trotz dieser Mängel bildet die "Zustimmung der Bevölkerung" auf der Krim bis heute einen zentralen Baustein der Putin-Propaganda und wird auch von seinen Anhängern in Deutschland gerne ins Feld geführt.

Und dann kam die Überraschung.
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Sowohl in der NZZ wie in der ZEIT wurde über eine Stellungnahme des russischen Menschenrechtsrats berichtet, in dem die Abstimmung auf der Krim als massiv gefälscht bezeichnet wurde. Und dieser Rat ist immerhin eine ganz offizielle Institution im Kreml und wie die übrigen Regierungsorgane unter Putins Kontrolle.

Die Authentizität des Dokuments selber ist wohl unstrittig, es ist (jedenfalls zum Zeitpunkt, als dieser Artikel entstand) auf der offiziellen Webpräsenz des Kreml zu finden.

Und die von NZZ/ZEIT gebrachte Übersetzung bzw. Interpretation des Texts ist wohl auch korrekt, so jedenfalls nach Forbes und russisch-kundigen Kollegen aus Zettels Raum.
Offen bleibt nur, ob die offenbar auf Stichproben basierenden Aussagen der Kommissionsmitglieder, die letztlich eine Zustimmung von nur einem Drittel der Krimbewohner behaupten, wirklich das Gesamtergebnis korrekt bewerten können.

Es ist auf jeden Fall bemerkenswert, daß es in Rußland selbst in Regierungskreisen Menschen gibt, die Putin so direkt widersprechen.

Und es ist auffällig, daß die übrigen deutschen Medien diese sensationelle Nachricht bisher nicht aufgegriffen haben.
Und das obwohl nächsten Sonntag eine Wiederholung des Krim-Szenarios ansteht - auch in der Ost-Ukraine wollen Putins Leute ein "Referendum" über die Zukunft des Landes abhalten.

R.A.

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