19. Mai 2014

Thema verfehlt

Ein Duell zur Europawahl in der Welt, der engagierte Polemiker Henryk M. Broder gegen den altgedienten EU-Parlamentarier Elmar Brok - das hörte sich gut an. Wer Broders Serie über Probleme der EU-Bürokratie gelesen hatte, durfte Einiges von der Diskussion erwarten.

Welche Enttäuschung!
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Zuerst fährt Broder einen Angriff auf die seiner Meinung nach ungenügenden Kompetenzen des Parlaments. Da kann man sich natürlich mehr wünschen (wobei gerade Broders Kolumnen sonst eher den Eindruck hinterlassen, er würde sich weniger wünschen). Aber er verrennt sich in einer Diskussion darüber, daß das EP in der Regel nicht alleine entscheiden kann, sondern auf Kooperation mit dem Rat angewiesen ist.
Und da hat Brok völlig recht: Das Eu-System ist noch etwas komplizierter als das US-System, aber im Kern sind beides eben Zweikammerkonstruktionen mit "Checks and balances". Keine Instanz kann alleine "durchregieren", und das ist legitim und vernünftig. Auch wenn Broder das nicht verstehen will - der Vergleich des europäischen Rats mit dem deutschen Bundesrat ist völlig korrekt.

Und weil er inhaltlich in der Sackgasse steckt, greift Broder seinen Partner dann auf der persönlichen Schiene an. Das kann ich sonst in seinen Texten oft amüsant finden - aber in so einem persönlichen Gespräch ist das ziemlich deplaziert. Vor allem mit absurden Vorwürfen: Er wirft Brok vor, "Schiedsrichter in eigener Sache" zu sein. D.h. er führt ein Gespräch mit einem EP-Vertreter - und bestreitet diesem deswegen das Recht, zum EP etwas zu sagen.

Und so geht das leider weiter. Es wird auch vieles Richtiges gesagt, aber Broder erweist sich als schlecht vorbereitet, bringt statt sachlicher Argumente vorgefertigte Sprüche, wird beleidigent - während sein Gegenüber einen recht anständigen Vortrag bringt.


Schade.

Denn die Kernprobleme blieben unberührt: Die Intransparenz der EU-Entscheidungsprozesse, die völlig ungenügenden Kompetenzabgrenzung, die zu umstrittenen EU-Entscheidungen in allen möglichen Detailbereichen führt, und die Etablierung von gemeinsamen Strukturen da, wo wie in der Außenpolitik keine genügenden Gemeinsamkeiten bei den Mitgliedsstaaten vorhanden sind.

R.A.

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