5. Februar 2017

Zwei Randnotizen: Schulz zum ersten und zum zweiten

Wenn es die Woche ein Ereignis gab, dass einen wirklich zum nachdenken bringt, dann ist es der plötzlich Höhenflug der SPD unter Martin Schulz.


Denn wie man es auch dreht und wendet, es liegt sicher nicht an Charisma oder Überzeugungen des Kandidaten. Der Mann wirkt ungefähr so dynamisch wie eine Schachtel Valium und wenn sich das öffentliche Schönheitsideal nicht in der letzten Woche ins Gegenteil verkehrt hat, dann ist über besondere Ausstrahlung auch nicht wirklich ein Blumenpott zu gewinnen. Bleibt die Frage nach dem warum und auf die Schnelle fallen mir nur zwei Antworten ein: Weil er nicht Sigmar Gabriel ist und weil er nicht Angela Merkel ist. Oder beides. Das er nicht Sigmar Gabriel ist, wird ihm sicher bei einigen Anhängern der SPD sehr nützen, aber das würde allenfalls zu mehr Stimmung unter den Genossen führen und könnte keine zehn Prozent "Boost" im Vergleich zur letzten Woche erklären. Daher erscheint das Muster, dass er nicht Angela Merkel ist, entschieden besser zu passen.
Vielleicht ist der Wähler dann doch nicht so sehr von "Mutti" überzeugt wie uns Presse und Union nun schon seit Monaten im Dauerfeuer zu erklären suchen (zumindest so lange Mutti die Alternative zur Alternative ist). Und wenn dieser Umschwung nun auch noch von einem Kandidaten der Attraktivität eines Martin Schulz ausgelöst wird, gibt das zumindest mir schwer zu denken.

Viele Deutsche möchten sich nicht der AfD zuwenden, weil ja lange und breit erklärt wurde, dass die ganz bähh sind und ein anständiger Bürger die nicht wählt (und die "rethorischen" Treckerfahrten eines Björn Höcke machen das auch nicht unbedingt schwierig). Aber die Zuwendung zur SPD unter Martin Schulz lässt es durchaus denkbar erscheinen, dass die Wähler der Mitte einen so gewaltigen Leidensdruck verspüren, dass sie auch bereit wären einen Besentiel mit Hut zu wählen, so lange dieser nicht Angela Merkel heisst. Zu dumm, dass die Union sich bereits auf Angela Merkel festgelegt hat, denn derzeit steht sie ziemlich nackig da. Umso mehr sie versucht sich gegen die AfD zu positionieren und versucht konservative Wähler einzusacken (bisher die Strategie), umso mehr verliert sie an die SPD, die einfach nur das Konzept fahren muss "Wir sind nicht Merkel und die Union ist rechts". Wenn sie dagegen versucht ihr Konzept zu wenden und die SPD links zu überholen (alte Strategie Merkel), umso mehr verliert sie Wähler an die AfD. Wer hätte das gedacht? Ich glaube das Martin Schulz ein katastrophal schlechter Kanzler würde, aber ich gebe zu, ich sehe das Untergehen der Merkel Union durchaus auch mit einer gewissen Genugtuung.

Zweite Randnotiz:
Keine zwei Wochen ist es her, dass Gabriel Schulz Platz machte und ihm Kandidatur wie auch Parteivorsitz überlies. Er hätte das nicht machen müssen, die Wahrscheinlichkeit in einer Kampfabstimmung gestürzt zu werden, war zwar da, aber nicht so riesig (und ist auch für den Königsmörder nicht immer einfach, wie auch Lafontaine gelernt hat, nachdem er Sharping gestürzt hatte). Und als Juniorpartner hätte Gabriel mit Sicherheit weitere vier Jahre Aussenminister bleiben können, wenn das seine Ambition ist. Nun kam es anders und Gabriel bewies tatsächlich persönliche Integrität in einem Maße, die man eigentlich nicht unbedingt von ihm erwartet hätte. Und der Dank kommt nun postwendend. So verkündet der frisch gekürte Kandidat im Spiegel im Bezug auf die Idee, dass Gabriel auch nach der Wahl Aussenminister bleiben wollte, dass er "den Sigmar in diesem Punkt wohl enttäuschen muss". Wie gesagt, keine zwei Wochen. Natürlich ist das, was Schulz da von sich gibt, nicht wirklich ein Geheimnis. Es dürfte schwer werden nach einer Wahl, selbst wenn es für die Volksfront reichen würde, die Grünen oder die SED davon zu überzeugen, dass man das Aussenamt behalten wolle (wobei das technisch durchaus denkbar ist, es steht nirgendwo geschrieben, dass der Juniorpartner hier ein Vorrecht hätte). Aber verkünden muss man das eigentlich nicht, es sei denn man hat einen Grund dem anderen möglichst direkt einen auf die Nuss zu geben. Dankbarkeit ala Schulz. Nicht unerwartet, aber doch sehr schön vorgeführt. Wenn es derart platt und deutlich passiert, ist es dann eigentlich noch Intriganz? Denkbar ist allerdings auch eine etwas andere Erklärung: Schulz will für den Fall vorsorgen, dass es eben doch nicht für die Volksfront reicht. In diesem Fall würde sich ja die Frage stellen, wer den Job dann macht. Und damit sich der liebe Gabriel erst gar keine Hoffnung macht, weil Schulz den Posten selber will, macht er dies jetzt schon mal deutlich. Wie blöd wäre es für Schulz, wenn er die Wahl verliert und dann allenfalls ein Gedönsministerium übernehmen könnte, weil der Herr Gabriel sich als Aussenminister etabliert hätte. Und da soll noch einer sagen der Intrigantenstadel hätte sich überholt. 
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Llarian

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