Die Meldung schaffte es gestern sogar bis in die Tagesschau. Genaueres erfuhr man beispielsweise aus der FAZ. Genaueres darüber, was sich am 24. August zutrug: Dem Pluto wurde sein Status als Planet aberkannt. Und zwar von denjenigen, die dafür zuständig sind, der International Astronomical Union, die derzeit in Prag ihre Generalversammlung abhält. Ohne Möglichkeit einer Berufung.
Wenn jemand degradiert wird, und sei es ein Planet, dann weckt das unser Interesse, erregt vielleicht gar ein wenig unser Mitleid. Was hat der arme, kleine Pluto getan, daß er seit gestern kein Planet mehr sein darf? Ist er geschrumpft, ist er aus der Bahn geraten, hat er sich sonstwie schlecht benommen?
Nein, er hat sich nicht verändert oder danebenbenommen. Es ist auch nichts Nachteiliges über ihn erst jetzt bekanntgeworden, das seine Degradierung nach sich gezogen hätte. Sondern es ist etwas viel Fundamentaleres passiert, etwas, das verwunderlich klingen mag: Nach Jahrtausenden hat man am 24. August 2006 erstmals genau definiert, was eigentlich ein Planet ist. Und siehe, dabei stellte sich heraus, daß - alas, poor Pluto - dieser kein Planet ist. Jedenfalls, nachdem man sich, in diesen Tagen in Prag, ein wenig gestritten und dann eine Einigung über die Definition erzielt hatte.
Planeten sind, man weiß das, Wandersterne. Planetes, das ist griechisch ein Wanderer; von planasthai, wandern. Meist nennen wir sie Wandelsterne; aber nicht, weil sie sich wandeln würden, sondern weil "wandeln" eine alte Form von "wandern" ist - nimm dein Bett und wandle, wir erinnern uns an das Neue Testament.
Daß sie wandern, anders als die Myriaden Fixsterne, hat ihnen das besondere Interesse der alten Astronomen eingetragen. Sie wandern, so dachte man es sich, weil sie sich um die Erde drehen. Und da auch Sonne und Mond - so sah man es an, weil man es so sah - sich um die Erde drehen, so waren waren auch Mond und Sonne Planeten.
Sehen konnte man, mit "unbewaffnetem" Auge, neben Sonne und Mond die Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Damit hatte man die "sieben Planeten", die noch heute die Grundlage der Astrologie bilden.
Die Astrologie blieb, wie sie war; die Astronomie freilich machte seit der Erfindung des Fernrohrs gigantische Fortschritte, dann wieder mit der Erfindung der Radioastronomie und seit ein paar Jahrzehnten ein drittes Mal, seit wir Sonden zu den Planeten schicken können und Hubble im Raum stationiert haben.
Und so wandelte sich, was man über die Wandelsterne dachte.
Zuerst setzte sich die Erkenntnis durch, daß die Erde selbst ein Planet ist, statt das Zentrum des planetaren Systems, und daß folglich Sonne und Mond (der einzige von allen, der weiter um die Erde kreisen durfte, und doch kein Planet mehr war) aus dem Kreis der Planeten ausschieden.
Da waren's also nur noch fünf. Fünf der klassischen Planeten. Plus die Erde, die nun hinzugekommen war.
Also sechs Planeten. Aber nur vorübergehend, zwischen der Renaissance und der Aufklärung so ungefähr. Denn wie zerronnen, so gewonnen: 1781 entdeckte Herschel den Uranus, den er anfangs für einen Kometen hielt. Und Uranus führte (durch Bahnunregelmäßigkeiten) 1846 auf die Spur von Neptun, bei dem wiederum Bahnabweichungen die Vermutung hervorbrachten, es müsse noch einen weiteren Planeten ganz weit außen geben - der dann auch gefunden und nach dem Höllenhund Pluto benannt wurde.
Ein Planet noch jenseits des Neptun - jedenfalls meistens. Denn zu seinen Seltsamkeiten gehört es, daß er manchmal die Bahn des Neptun kreuzt, der Sonne also näherkommt als dieser.
Und auch sonst ist er ein seltsamer Himmelskörper, der Pluto, der noch nie von einer Raumsonde besucht wurde. (Seit Anfang dieses Jahres ist eine unterwegs; sie soll ihn 2015 erreichen). Er ist winzig; kleiner als unser Mond, mit nur einem Fünftel von dessen Masse. Aber begleitet von einem eigenen Mond, passenderweise Charon genannt (wir sind in der Unterwelt!), der im Durchmesser mehr als halb so groß ist wie der Pluto selbst. Also haben wir es eigentlich mehr mit einem System aus zwei Körpern zu tun, die um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreisen.
Ja, und warum ist er nun kein Planet mehr, der Pluto? Nicht wegen dieser seiner eigenen Besonderheiten. Sondern weil immer deutlicher wurde, daß er nur einer unter vielen ist, wenn auch ein primus inter pares. Schon sein Charon hätte Anspruch auf den Planetenstatus. Und dann wurde vor knapp drei Jahren jener 2003 UB313 entdeckt, vorläufig auch Xena genannt (die Fremde). Größer als Pluto! Rund wie er! Also, wenn Pluto ein Planet ist, dann auch Xena.
Nun gut, warum nicht, dann ist halt eben ein weiterer Planet gefunden? Ja schon. Aber alles spricht dafür, daß er nur einer von Vielen ist, die man nach und nach entdecken wird. In einem Gürtel von Weltraumkörpern am Rand unsers Sonnensystems, dem Kuiper-Gürtel.
Wo also hätte das hinführen sollen? Planeten über Planeten hätten gerechterweise im Lauf der kommenden Jahrzehnte anerkannt werden müssen. Nicht zuletzt auch noch im Nachheinein Ceres, schon 1801 entdeckt, auch nicht so sehr viel kleiner als Pluto, dem der Planetenstatus immer verweigert worden war. Auch ihm hätte man späte Gerechtigkeit nicht verweigern können.
Also, eine klare Definition mußte her. Und die haben wir seit dem 24. August 2006. Ein Planet ist ein Himmelskörper, der
Und an diesem dritten Kriterium ist er gescheitert, der Pluto.
Aber wirklich schlimm ist das eigentlich doch wieder nicht. Denn so, wie im Fußball die Zweite Liga strenggenommen doch immer noch eine Bundesliga ist, so ist Pluto in eine Zweite Planetenliga abgestiegen: Die der dwarf planets, der Zwergplaneten.
Diese Bezeichnung allerdings ist erst ein mal vorläufig. "Plutoiden" hatte man auch erwogen; das wäre für den Pluto natürlich schöner gewesen.
Wenn jemand degradiert wird, und sei es ein Planet, dann weckt das unser Interesse, erregt vielleicht gar ein wenig unser Mitleid. Was hat der arme, kleine Pluto getan, daß er seit gestern kein Planet mehr sein darf? Ist er geschrumpft, ist er aus der Bahn geraten, hat er sich sonstwie schlecht benommen?
Nein, er hat sich nicht verändert oder danebenbenommen. Es ist auch nichts Nachteiliges über ihn erst jetzt bekanntgeworden, das seine Degradierung nach sich gezogen hätte. Sondern es ist etwas viel Fundamentaleres passiert, etwas, das verwunderlich klingen mag: Nach Jahrtausenden hat man am 24. August 2006 erstmals genau definiert, was eigentlich ein Planet ist. Und siehe, dabei stellte sich heraus, daß - alas, poor Pluto - dieser kein Planet ist. Jedenfalls, nachdem man sich, in diesen Tagen in Prag, ein wenig gestritten und dann eine Einigung über die Definition erzielt hatte.
Planeten sind, man weiß das, Wandersterne. Planetes, das ist griechisch ein Wanderer; von planasthai, wandern. Meist nennen wir sie Wandelsterne; aber nicht, weil sie sich wandeln würden, sondern weil "wandeln" eine alte Form von "wandern" ist - nimm dein Bett und wandle, wir erinnern uns an das Neue Testament.
Daß sie wandern, anders als die Myriaden Fixsterne, hat ihnen das besondere Interesse der alten Astronomen eingetragen. Sie wandern, so dachte man es sich, weil sie sich um die Erde drehen. Und da auch Sonne und Mond - so sah man es an, weil man es so sah - sich um die Erde drehen, so waren waren auch Mond und Sonne Planeten.
Sehen konnte man, mit "unbewaffnetem" Auge, neben Sonne und Mond die Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Damit hatte man die "sieben Planeten", die noch heute die Grundlage der Astrologie bilden.
Die Astrologie blieb, wie sie war; die Astronomie freilich machte seit der Erfindung des Fernrohrs gigantische Fortschritte, dann wieder mit der Erfindung der Radioastronomie und seit ein paar Jahrzehnten ein drittes Mal, seit wir Sonden zu den Planeten schicken können und Hubble im Raum stationiert haben.
Und so wandelte sich, was man über die Wandelsterne dachte.
Zuerst setzte sich die Erkenntnis durch, daß die Erde selbst ein Planet ist, statt das Zentrum des planetaren Systems, und daß folglich Sonne und Mond (der einzige von allen, der weiter um die Erde kreisen durfte, und doch kein Planet mehr war) aus dem Kreis der Planeten ausschieden.
Da waren's also nur noch fünf. Fünf der klassischen Planeten. Plus die Erde, die nun hinzugekommen war.
Also sechs Planeten. Aber nur vorübergehend, zwischen der Renaissance und der Aufklärung so ungefähr. Denn wie zerronnen, so gewonnen: 1781 entdeckte Herschel den Uranus, den er anfangs für einen Kometen hielt. Und Uranus führte (durch Bahnunregelmäßigkeiten) 1846 auf die Spur von Neptun, bei dem wiederum Bahnabweichungen die Vermutung hervorbrachten, es müsse noch einen weiteren Planeten ganz weit außen geben - der dann auch gefunden und nach dem Höllenhund Pluto benannt wurde.
Ein Planet noch jenseits des Neptun - jedenfalls meistens. Denn zu seinen Seltsamkeiten gehört es, daß er manchmal die Bahn des Neptun kreuzt, der Sonne also näherkommt als dieser.
Und auch sonst ist er ein seltsamer Himmelskörper, der Pluto, der noch nie von einer Raumsonde besucht wurde. (Seit Anfang dieses Jahres ist eine unterwegs; sie soll ihn 2015 erreichen). Er ist winzig; kleiner als unser Mond, mit nur einem Fünftel von dessen Masse. Aber begleitet von einem eigenen Mond, passenderweise Charon genannt (wir sind in der Unterwelt!), der im Durchmesser mehr als halb so groß ist wie der Pluto selbst. Also haben wir es eigentlich mehr mit einem System aus zwei Körpern zu tun, die um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreisen.
Ja, und warum ist er nun kein Planet mehr, der Pluto? Nicht wegen dieser seiner eigenen Besonderheiten. Sondern weil immer deutlicher wurde, daß er nur einer unter vielen ist, wenn auch ein primus inter pares. Schon sein Charon hätte Anspruch auf den Planetenstatus. Und dann wurde vor knapp drei Jahren jener 2003 UB313 entdeckt, vorläufig auch Xena genannt (die Fremde). Größer als Pluto! Rund wie er! Also, wenn Pluto ein Planet ist, dann auch Xena.
Nun gut, warum nicht, dann ist halt eben ein weiterer Planet gefunden? Ja schon. Aber alles spricht dafür, daß er nur einer von Vielen ist, die man nach und nach entdecken wird. In einem Gürtel von Weltraumkörpern am Rand unsers Sonnensystems, dem Kuiper-Gürtel.
Wo also hätte das hinführen sollen? Planeten über Planeten hätten gerechterweise im Lauf der kommenden Jahrzehnte anerkannt werden müssen. Nicht zuletzt auch noch im Nachheinein Ceres, schon 1801 entdeckt, auch nicht so sehr viel kleiner als Pluto, dem der Planetenstatus immer verweigert worden war. Auch ihm hätte man späte Gerechtigkeit nicht verweigern können.
Also, eine klare Definition mußte her. Und die haben wir seit dem 24. August 2006. Ein Planet ist ein Himmelskörper, der
Mit diesem dritten Kriterium ist gemeint, daß die Massenanziehung des betreffenden Himmelskörpers ausreicht, um alle kleineren Körper (also vor allem Asteroiden) in seiner Umgebung, die auf ähnlichen Bahnen laufen, auf sich stürzen zu lassen, im Lauf der Jahrmilliarden. Nicht primus inter pares, sondern Monarch. Oder, sagen wir, ein absoluter Duodezfürst.um die Sonne kreist, soviel Masse hat, daß er aufgrund der Eigengravitation (siehe hier) eine annähernd runde Form hat (genauer: ein hydrostatisches Gleichgewicht erreicht), und der - da zitiere ich die englische Formulierung "has cleared the neighbourhood around its orbit".
Und an diesem dritten Kriterium ist er gescheitert, der Pluto.
Aber wirklich schlimm ist das eigentlich doch wieder nicht. Denn so, wie im Fußball die Zweite Liga strenggenommen doch immer noch eine Bundesliga ist, so ist Pluto in eine Zweite Planetenliga abgestiegen: Die der dwarf planets, der Zwergplaneten.
Diese Bezeichnung allerdings ist erst ein mal vorläufig. "Plutoiden" hatte man auch erwogen; das wäre für den Pluto natürlich schöner gewesen.