12. Juli 2006

Zettels Meckerecke

"Zu Gast bei Feinden"

So hat Peter Dausend seinen Kommentar in der "Welt" zu den Vorgängen im Vorfeld des Besuchs von Präsident Bush überschrieben. Und ironisch spricht er von einem "Volksfest des unbeschwerten Antiameri- kanismus und des selbstgerech- ten Bessermenschseins".

In der Tat: Wenn man sich die Berichterstattung zu diesem Besuch ansieht, dann hat man den Eindruck, daß der Präsident nicht bei einem der engsten Verbündeten der USA einen Kurzbesuch macht, sondern in Feindesland.

Da wird den Sicherheitsvorkehrungen - bei jedem solchen Besuch üblich, eine pure Selbstverständlichkeit - in den Berichten ein Gewicht eingeräumt, so als sei es eine Sensation, daß der US-Präsident angemessen geschützt wird. Da rechnet man allen Ernstes aus, was solch ein Besuch kostet - so, als würde nicht jeder Besuch eines ausländischen Staatsmannes Geld kosten.

Dieser ja eher wenig, denn es ist alles andere als ein "Staatsbesuch"; ja nur eine Stippvisite. Bei einer Kanzlerin, die der Präsident schätzen gelernt hat und die ihn, als Zeichen ihrer eigenen Wertschätzung, in ihre Heimat eingeladen hat.

Ein Freundschaftsbesuch, der eine freundliche Berichterstattung verdient. Aber das Gegenteil ist der Fall, in der Mehrheit der Medien. Was ist da los?

Man muß ihn ja nicht mögen, den amerikanischen Präsidenten. Nicht jeder mag alle, die bei ihm zu Gast sind. Aber man sollte doch als zivilisierter Mensch die Regeln der Gastfreundschaft wahren. Es sollte selbstverständlich sein, daß wir Deutschen, die wir uns bei der WM als gute Gastgeber erwiesen haben, auch diesen Gast so begrüßen, wie das einem Gast nun einmal zukommt.

Es wäre doch schade, wenn der Imagegewinn in der Welt, den wir gerade erst während der WM erreicht haben, durch ein Verhalten, das jede Gastfreundschaft vermissen läßt, sofort wieder getrübt werden würde.



Sollte man meinen.

In der Jungen Welt lesen wir - nicht etwa in einem Kommentar, sondern im Nachrichtenteil - unter der Überschrift "Der Staatsterrorist ist 'not welcome' ": "Heute sucht der US-Präsident Mecklenburg-Vorpommern heim. (...) Auch Geschäftsleute in der Innenstadt werden drei Kreuze machen, wenn sich der Schwefelgestank verzogen hat (...)".

Nun gut, das schreiben Kommunisten, von denen eine faire Berichterstattung nicht zu erwarten ist. Werfen wir einen Blick in die seriöseren Medien. Hier, aus Paperball, ein paar beliebig herausgegriffene Schlagzeilen:

  • mdr.de (Mittwoch, den 12. Juli 2006 - 16:19 Uhr)
    Greenpeace-Proteste vor Bush-Besuch

  • Morgenweb (Mittwoch, den 12. Juli 2006 - 14:00 Uhr)
    Merkel will enge Abstimmung mit Bush erreichen - Proteste begannen

  • Mitteldeutsche Zeitung (Dienstag, den 11. Juli 2006 - 15:05 Uhr)
    Mecklenburg-Vorpommern: Land vor Bush-Besuch im Ausnahmezustand

  • RZ online (Dienstag, den 11. Juli 2006 - 17:03 Uhr)
    Bundesweit Proteste gegen Bush - Besuch

  • Spiegel (Mittwoch, den 12. Juli 2006 - 06:16 Uhr)
    Bush in Stralsund: Die teuerste Grillparty der Welt

  • ZDF Heute (Mittwoch, den 12. Juli 2006 - 14:29 Uhr)
    "Bush geht über Leichen"



  • Eine Begleiterscheinung des Besuchs - daß überwiegend Kommunisten (und, nebenbei bemerkt, auch Nazis) gegen diesen Besuch demonstrieren - wird in diesen Berichten zu dessen wichtigstem Aspekt; so wichtig, daß er die Schlagzeile bestimmt.

    Nur wenige Medien titeln so, wie es bei einem solchen Besuch eigentlich üblich ist. Beispielsweise über den Inhalt der vorgesehenen Gespräche (Kölner Stadt-Anzeiger: "Hintergrund: Themen der Merkel-Bush-Gespräche"; manager-magazin: "Merkel spricht mit Bush über Außenpolitik, Handel und Energie"). Ich mußte schon ziemlich suchen, um solche Schlagzeilen zu finden.


    Die Deutschen und Bush. Die Deutschen und die USA. Das ist eine seltsame Geschichte. Kaum etwas hat mich in politischen Internet-Foren so verwundert wie der Haß, der gegen die USA, gegen Bush artikuliert wird.

    Ich habe lange versucht, argumentativ dagegen anzugehen. Aber das war, wie ich inzwischen eingesehen habe, naiv. Gegen einen solchen tiefsitzenden, irrationalen Haß kann man mit rationalen Argumenten nichts ausrichten.

    Man kann ihn aber zu erklären versuchen. Ein Thema, vielleicht, für künftige Beiträge in diesem Blog.