7. Juli 2022

Randnotiz: Venezuela als Vorbild und "Wer A sagt, muss auch B sagen wollen"

Es mag zunächst mal noch ein Kuriosum sein, aber die Bild Zeitung weiß diese Woche zu berichten, dass die erste Wohnungsbaugenossenschaft in Deutschland ihren Mietern Duschzeiten vorschreibt, "um Energie zu sparen". Man sollte meinen es sei ein Witz und neigt dazu den Kalender zu suchen ob wir Anfang April haben. Aber es ist kein Witz. Die meinen das vollkommen ernst. Deutschland im Jahr 2022 bereitet sich darauf vor "den Gürtel enger zu schnallen". 

Jetzt könnte man natürlich meinen, es handele sich um eine "einmalige Maßnahme". Der böse Irre aus Moskau hat ja der Welt den Krieg erklärt, und jetzt müssen wir in Solidarität mit unseren Verbündeten in der Ukraine halt mal kurz zurück stecken. Okay. Kann man so sehen. Nicht völlig falsch. Und natürlich gibt es auch schlimmeres als das man nachts nicht mehr warm duschen kann (für den Autor dieser Zeilen ist das tatsächlich eine ordentliche Einschränkung, denn Training geht normalerweise bis Mitternacht und eiskalt duschen ist etwas, an dass man sich auch erst einmal gewöhnen muss).

Das schlimme ist aber etwas anderes, was die Bild Zeitung eher nicht auspackt und vermutlich den meisten auch erst einmal nicht auffallen wird: Es geht nicht darum "einmal" den Gürtel enger zu schnallen, um aus einer Krise zu kommen. Unsere Regierung hat KEIN Konzept wie sie das Problem dauerhaft angehen will. Sie schwadroniert von erneuerbaren Energien, die aber leider selbst bei einer Verdreifachung ihrer Kapazität (und das würde schon hunderte Milliarden kosten) die Krise nicht auffangen können. Selbst eine Verzehnfachung würde nicht genügen ohne gigantische Energiespeicher. 

Nach jetzigem technischen Stand, nach dem was überhaupt irgendwie möglich oder denkbar ist, muss ein Land, wenn es weiter so viel Energie verbrauchen will wie bisher, entweder Kohle, Öl oder Atomkraftwerke bauen. Oder  mit Russland Frieden schließen und sich diesem auf Gedeih und Verderb ausliefern. Die Alternative dazu ist schlicht die Reduktion der Lebensqualität. Womit wir in Venezuela sind, wo die Regierung ihren Bürgern auch den immer engeren Gürtel vorschreibt.

Und ich sehe keine neuen AKWs, keine Ölkraftwerke, keine neuen Kohlekraftwerke. Ich sehe auch keine Planung dafür sondern nur einen Wirtschaftsminister, der es nicht einmal schafft die bestehenden Kraftwerke weiter betreiben zu wollen. Und eine Außenministerin die permanent Öl ins Feuer gießt. Gut, über letzteres kann man streiten, der größte Teil der Bevölkerung goutiert das (und dieser Autor räumt ein, auch dazu zu gehören), aber wenn man schon "harte Kante" zeigen will (oder muss), dann muss man auch ein Konzept haben wie man das länger als drei Wochen durchhalten will. Als Moskau Berlin blockierte gab es ein glasklares Bekenntnis die Rosinenbomber so lange fliegen zu lassen, wie es notwendig wäre. Am Anfang dachte man nämlich in Moskau genau so, dass die Amis bald die Lust verlieren würden. Erst als klar wurde, wie ernst die das meinen, hat man eingelenkt.

Die heutige Situation ist dem nicht unähnlich. Der Mann in Moskau lacht sich tot über die Deutschen, wenn die Härte zeigen wollen und nicht einmal wissen wie sie den nächsten Winter ohne seine Hilfe überstehen wollen. Das Lachen würde ihm sofort vergehen, wenn in Deutschland neue AKWs geplant werden und die Vorlage zum Abschaffen der Fracking-Verbote im Bundestag liegen. 

Aber Venezuela? Es mag der grünen Denke entsprechen Venezuela als Vorbild zu suchen, aber Putin weiß durchaus, dass wenn die Deutschen anfangen zu frieren, das hohe Ross ganz schnell zum Pony verkommen wird. Am Ende wird man frieren UND dem Mann aus Moskau alles geben müssen, was er haben will. In Venezuela hungert man derzeit ebenso und spuckt auch keine großen Töne mehr. 


Llarian

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