17. April 2021

Hail Lobster oder: Republikaner trinken auch Cola.

Während im deutschen der Kulturkampf eher noch im kleinen stattfindet (damit man ihn nicht so bemerkt), ist in den USA der Kampf in Folge der Wahl und des unerwarteten Sieges der Linken derzeit voll entbrannt. Die Linke wittert Morgenluft und schickt sich an nicht nur ein paar Gesetze zu ändern oder etwas Geld umzuverteilen, wie sie es historisch getan hat, die heutige Linke ist radikal unterwandert und hat begonnen das ganze Land von Grund auf neu zu gestalten und zu verändern.
Dieser Kampf ist schon lange nicht mehr auf die Politik (oder die Medien) selber beschränkt, selbst Universitäten und Schulen (sonst das liebste Feld der Gesellschaftsingenieure) sind nicht mehr der einzige Schauplatz. Heute bleibt in Amerika kein Feld mehr außen vor und ein wichtiges Feld ist das der Wirtschaft.  Angeführt von einigen Technologiekonzernen versucht die amerikanische Linke derzeit die Wirtschaft auf Linie zu bringen, ihre Politik zu teilen und nicht zuletzt ihre Propaganda zu verbreiten. Teilweise subtil, teilweise durch gesetzlichen oder sozialen Druck, teilweise sind einige Firmen auch freiwillig dabei, weil sie glauben dabei ein gutes Geschäft zu machen.

Einige von diesen Aktionen sind dabei sogar unfreiwillig komisch bis unterhaltsam, beispielsweise der völlig schief gelaufene Gillette Spot von Anfang 2019, der der Firma nicht nur den größten Verlust in ihrer Geschichte einbrachte, sondern heute noch als peinlichster Ausweis der woke-Kultur herhalten kann. Doch so dumm (und teuer) der Spot am Ende auch gewesen sein mag, so kann man ihm eine gewisse Harmlosigkeit nicht absprechen, er ist direkt gezielt, nicht verklausuliert und auf seine Art durchaus ehrlich. 

Leider kann man das nicht universell beobachten und einige der Aktionen sind inzwischen ziemlich radikal unter der Gürtellinie. Ein jüngeres Beispiel davon findet sich bei Marvel. Für die jüngste Ausgabe ihres Captain America Comics beschäftigte Marvel den Autor Ta-Nehisi Coates, eigentlich kein klassischer Comic Autor sondern ein (reichlich) links orientierter Journalist, der üblicherweise eher für die amerikanischen, großen Zeitungen schreibt (Atlantic, WPost, NYTimes). Man weiß nicht ob Marvel sich eine Drehung Richtung woke wünschte oder ob es eher auf den Wunsch des Autors zurück ging, aber Coates lieferte. Und das nicht zu knapp. Das Comic ist eine einzige Schmierschrift mit dem Ziel Jordan Peterson als Nazi darzustellen. Jordan Peterson, der amerikanische Autor und Psychologie-Professor, dessen Schriften unter jungen Männern westlicher Prägung in den letzten Jahren ziemlich starken Absatz fanden, weil Peterson ihnen eine Perspektive bietet, die ihnen so offensichtlich bisher nicht geboten wurde. Simple Lebensweisheiten wie "Räum dein Zimmer auf", "Lüge nicht" oder "Kümmer Dich um deine Familie" sind Petersons Botschaften und sie kommen an. Man könnte sagen Peterson ist eine Inkarnation von Idealvorstellungen von Männlichkeit, wie sie vor 30 oder 50 Jahren noch ausgesprochen bestimmend wahren und heute mehr und mehr in Vergessenheit geraten.

Offensichtlich Grund genug ihn zu diffamieren, zu einem Nazi und Schreibtischmörder zu mutieren und die jungen Männer, die durch ihn eine Perspektive finden, als weiche Jammerlappen und Mitläufer zu klassifizieren. Der Begriff der "weißen Fragilität" findet sich nicht im Text, wird aber gründlich ausgelebt und passt wunderbar in das heutige, linke Diffamierungsschema. 

Peterson selber nimmt die versuchte "Character assassination" inzwischen eher gelassen hin. Inzwischen gibt es etliche Memes, wo uns der Nazi Character "Red Skull" erklärt, man solle nicht lügen oder müsse sein Zimmer aufräumen. Ebenso kann man im Netz inzwischen T-Shirts kaufen, die nicht nur die Aufforderung zur Ordnung sondern ein etwas verändertes Logo des Erzbösewichtes verwenden, basierend auf einem Hummer (Peterson hat in seiner Eigenschaft als Verhaltenspsychologe in seinen Büchern öfter Vergleiche zum Verhalten von Hummern gezogen). Passend entsprechend auch der Gruß dazu: Hail Lobster!

Damit ist wohl das, was Marvel hier versucht hat, gründlich schief gelaufen. Was allerdings nichts an der bösen Intention ändert. Was Marvel hier versucht hat, ist schlicht bösartig. Es ist nicht nur der Versuch eine missliebige Person öffentlich zu diskreditieren, es ist auch gleichzeitig der Versuch dies weniger bei Erwachsenen als bei Heranwachsenden zu tun, umhin genau in der Gruppe von Menschen, die gerade verzweifelt nach Perspektiven und Halt sucht, auch und gerade solche Perspektiven, die Peterson bieten kann. Es ist zwar nicht die berüchtigte "Lufthoheit über den Kinderbetten", die eins der Scholzomat auf seine unnachahmliche Art und Weise für seine Partei einforderte, aber zumindest die Lufthoheit über die Jugend ist hier ziemlich klar im Visier. Und im Rahmen dessen, dass wir erhebliche gesetzliche Einschränkungen aufgestellt haben, um die Jugend vor diesen oder jenen Inhalten zu schützen, weil ihre Psychen dafür noch nicht ausreichend vorbereitet sind, so muss man sich doch fragen, warum Marvel meint das politische Propaganda das richtige ist, was man Jugendlichen einfüttern sollte.

Dennoch denke ich, dass Marvel hier, wie auch Gillette zwei Jahre zuvor, die Rechnung deutlich ohne den Wirt gemacht hat. Der Chef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, drückte es vorletzte Woche sehr prägnant aus: "Republicans drink Coca-Cola too [...]". Womit er sich darauf bezog, dass auch Coca-Cola (in diesem Fall im Streit um ein neues Wahlgesetz) meinte sich besonders woke aufstellen zu müssen. Denn für einen Getränkekonzern ist es am Ende vielleicht nicht mehr so lustig, wenn ein Teil seiner Konsumentenschaft keine Lust mehr hat sein Produkt zu konsumieren, weil er sich politisch äußern muss. Coca-Cola ist inzwischen auch zurück gerudert. Marvel dürfte es schwer fallen hier noch zurück zu rudern.
Konzerne wie Facebook oder Twitter können es sich (noch) leisten maximal "woke" zu sein und sich so zu verhalten. Ihre Marktmacht macht sie oftmals zu Monopolisten und ist das Monopol bedroht (so wie bei Twitter neulich durch Parler), hilft man sich einfach mal gegenseitig aus und lässt den Kumpel mit seiner Macht die Konkurrenz ausschalten (schönen Gruß von Amazon). Aber das wird bei Marvel kaum gelingen, so wichtig ist es nicht Comics zu lesen oder ins Kino zu gehen. 

Ich für meinen Teil habe genau das getan, was ich in meinem Artikel vor zwei Jahren auch angekündigt habe. Ich habe kein Gillette Produkt mehr erworben und ich werde es auch in Zukunft kaum tun. Nach einiger Zeit der Suche bin ich beim hauseigenen Produkt von dm hängen geblieben, dass zwar qualitativ etwas schlechter ist, aber durch den deutlich geringeren Preis insgesamt günstiger ist. Und was Marvel angeht, so bin ich ohnehin nicht mehr so im Alter für Comics, aber was Filme betrifft, so kann man durchaus auch sehr gut mit DC leben (der letzte Justice League war ohnehin deutlich besser als der extrem langatmige Infinity Wars). Schade eigentlich. Aber glaubt ernsthaft jemand bei Marvel, ich würde eher die Medien eines Konzerns konsumieren, der meint mich beschimpfen oder diffamieren zu können? "12 rules for life", das vorletzte Buch von Peterson, ist über fünf Millionen mal verkauft worden. Die meisten Exemplare vermutlich an junge oder nicht mehr ganz junge Männer. Eigentlich die klassische Zielgruppe für Comics und ihre Verfilmungen. Und ausgerechnet die beschimpft man. Das soll clever sein? 

Deswegen, in dem Sinne, besten Gruß an Marvel und: Hail Lobster!
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Llarian

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