10. April 2021

Das Ende der Fahnenstange. Ein Gedankensplitter zu Inflation, Wachstum und anderen unwichtigen Dingen.

Bei der Hintergrundrecherche für einen anderen Artikel, der noch in Arbeit ist, habe ich mich ein wenig intensiver mit dem Thema Inflation beschäftigt. Sie wissen schon, die Inflation, die seit Jahren so vor sich hindümpelt und der EZB permanent als Begründung dient weiters Geld zu drucken. Die selbe Inflation, die "gefühlt" jedes Jahr mehr und mehr steigt und von der uns das statistische Bundesamt im Auftrag der Regierung permanent erklärt, das finde nur in unserem Kopf statt. 

­Fangen wir mal ganz plakativ an. Die älteren von uns (okay, die nicht mehr absolut jungen) werden sich noch erinnern, dass wir im Jahr 2002 die DM gegen den Euro tauschten. Vielfach wurden Preise angepasst, doch das statistische Bundesamt erklärte uns der "Teuro" sei nur eine Illusion  und eigentlich seien die Preise kaum gestiegen (offiziell um 1,3 Prozent in jenem Jahr). Nun ist das bei einem Jahr immer schwer zu beurteilen, es sagt wenig aus, wenn der Kaffee beim Italiener um die Ecke vorher 3,50 DM gekostet hat nun 2 Euro kostet. Kann ein Einzelfall sein, der schon lange angepasst werden musste. Könnte ja sein. In der Regel hilft es dann, sich die Preise über eine längere Zeit anzusehen.
Beispielsweise was der Kaffee vor 20 Jahren gekostet hat und was er heute kostet. An der Stelle ist die DM sehr praktisch, denn viele erinnern sich noch an genau diese Preise, sie sind ein bischen wie in der Zeit eingefroren. Und wir stellen fest, dass vieles von dem, was vor 20 Jahren eine Summe X in DM gekostet hat, heute eine Summe X in Euro kostet, oft auch einiges mehr (beispielsweise Strom). Die DM ist inzwischen vom Euro ziemlich gut abgelöst und das werden viele auch in ihrem Alltag bestätigen. Früher war die Schachtel Kippen 6 DM, heute 7 Euro (die habe ich mir nicht ausgedacht sondern tatsächlich nachgeschlagen).  Oder ein Taxikilometer, mittlere Distanz, in Oldenburg (man findet nicht so viele "historische" auf die Schnelle) kostete bei Euroeinführung 1,20, heute 1,80 (bei doppeltem Grundpreis). 
Jetzt wird dem gerne entgegen gehalten man dürfe ja nicht in DM rechnen, das sei ja nun wirklich zu lange her. Ist es das? Nach offizieller(!) Inflationsstatistik liegt die Teuerung seit Euroeinführung bei knapp 25 Prozent (sogar etwas darunter). An der Stelle werden die meisten stutzig. 25 Prozent erscheint doch etwas seltsam. Wie kommt das?

Dazu muss man zwei Dinge betrachten. Zunächst: Inflation ist gar nicht so kompliziert, wie es gerne gemacht wird. Prinzipiell gibt es eine ganz simple Methode sich Inflation über lange Zeiträume zu betrachten, nämlich die reale Produktion und die Geldmenge M3. Klingt kompliziert, ist es aber gar nicht. Die reale Produktion eines Landes entspricht den Gütern, die jedes Jahr produziert werden (inklusive Dienstleistungen), das Wachstum drückt sich im Bruttoinlandsprodukt aus. Das ist eine vergleichsweise gut untersuchte Größe und ist in der westlichen Welt, besonders aber in Deutschland, eine (fast) monoton wachsende Funktion, deren erste Ableitung seit Jahren fällt und irgendwo so um die 2 Prozent (in Deutschland) dümpelt. An der Stelle sei mir der Seitenstupser gestattet, dass eine Partei, die gerne den Kanzler demnächst stellen möchte (und wohl auch wird), ein Wachstum von 0 Prozent für langfristig wünschenswert hält. 
Kommen wir zur Geldmenge M3. Wer es genau nachlesen will kann es hier tun, aber die Geldmenge M3 kann man salopp gesprochen als die Menge allen Geldes bezeichnen, dass in einem Land (oder besser eine Währungszone) vorhanden ist, sowohl in Form von Bargeld, wichtiger aber noch auch in Form von Schuldverschreibungen, Geldmarktpapieren, im Prinzip allen Verbindlichkeiten insgesamt. Es ist sozusagen das gesamte Geld eines Systems. Genau dieses Geld sollte durch die oben erwähnte Produktion gedeckt sein (was mit das zentrale Argument war, warum man die Golddeckung vor einigen Jahrzehnten fallen lies). Wenn beides genau gleich wächst, dann sollte die Inflation um die null Prozent herumlaufen, denn ich kann mit meinem Anteil von M3 genau die selbe Menge an Produkten kaufen wie vorher.  

Das dumme ist: Das passiert leider überhaupt nicht. Tatsächlich ist die Menge an Euros, also die Geldmenge M3, seit dem Jahr 2002 (Einführung des Euros) um gut 120 Prozent gestiegen (alleine im letzten Jahr um satte 12 Prozent). Die Menge an Geldes hat sich somit mehr als verdoppelt während die reale Produktion nur um rund 50 Prozent gestiegen ist. Der Rest ist Inflation und damit weit, weit weg von den amtlichen Zahlen, allerdings erstaunlich(!) nahe an der angeblich so gefühlten Inflation. 

Damit komme ich zum zweiten Punkt: Wenn das so simpel ist, warum spiegelt sich das nicht in den offiziellen Zahlen des Bundesamtes für Statistik wieder? Das ist etwas komplizierter und hat vor allem zwei Gründe: Zum einen, das Bundesamt für Statistik erhebt zwar mehr Daten, aber die immer wieder verwendete Statistik ist die "Entwicklung der Verbraucherpreise". Damit sind die beiden größten (derzeitigen) Effekte von Inflation, die Sachwert- und Finanzmarktentwicklung schon einmal außen vor. Salopp gesprochen: Das sich die Immobilienpreise seit Jahren zwischen sieben und 10 Prozent pro Jahr steigern, interessiert in dieser Statistik niemanden. Das berühmte "Eigenheim" (immerhin ein Traum von etwas mehr als der Hälfte aller Deutschen) kommt dabei schlicht nicht vor. Das es kaum noch einer bezahlen kann spielt keine Rolle. Keine Inflation in der Leseart des Bundes. Der zweite Trick ist weit perfider: Wenn man sich nicht allzu tief damit beschäftigt, dann würde man naiverweise davon ausgehen, dass der berüchtigte "Warenkorb", der sich hinter der Entwicklung der Verbraucherpreise verbirgt über die Jahre konstant bleibt, bzw. eine objektive Größe darstellt. Weit gefehlt. Dieser Warenkorb wird öfter angepasst und das durchaus auf recht fragwürdige Art und Weise. Das fängt zum einen bei der Gewichtung an. So wurde beispielsweise vor einigen Jahren der Warenkorb derart angepasst, dass die Ausgaben für Wohnen verkleinert wurden. Was praktisch ist, denn in dem Moment kommen die teilweise extremen Steigerungen der Miete nicht mehr in der offiziellen "Inflation" an, bzw. sind gedämpft. Gleichzeitig werden Anteile erhöht, die weniger stark teuer geworden sind. Wieder weniger Inflation.
Besonders perfide sind die Entwicklungen im Bereich "Lustgewinn", bzw. Verschlechterung. So sind Computer viel billiger geworden, oder? Nein, eigentlich nicht, zumindest nicht durch die letzten 10 Jahre. Ein Computer kostet immer so zwischen 500 und 1000 Euro (okay, meiner etwas mehr, aber Spieler zahlen halt immer ein bissel mehr). Daran hat sich nichts geändert. Was sich geändert hat ist die Qualität. Der Rechner ist besser. Viel besser. Nur nützt ihnen das nicht viel, wenn sie halt einen brauchen. Sie haben wenig davon, dass da das neuste Wuselwindows mit automatischer Gestenerkennung und digitaler Gemütsbeurteilung läuft, wenn sie es nicht nutzen. Und die meisten nutzen es nicht. Aber der Statistiker erkennt die viel bessere Qualität und schließt daraus, dass sie jetzt einen viel billigeren Computer haben. Obwohl sie das selbe zahlen müssen. Das selbe gilt auch für Autos, für Handys, für Fernseher, überhaupt für Elektronik. Umgekehrt gilt das übrigens nicht. Wenn sie in einem Mietshaus wohnen, dann verschlechtert sich der Zustand jedes Jahr, so lange der Vermieter nicht permanent nachinvestiert. Sie zahlen sozusagen die normalen Mieterhöhungen, müssen aber gleichzeitig(!) damit leben, dass das, wofür sie zahlen, weniger Nutzen für sie bringt. Es ist etwas gänzlich anderes in einem Haus zu wohnen, dass 50 Jahre alt ist als in einem Neubau. Interessiert aber den Statistiker nicht, in seiner Welt verschlechtern sich Güter nicht. Das gilt für alle Güter, egal ob die Qualität deutlich schlechter ist als früher (und ich kenne noch den Unterschied zwischen einer Levis von 1980 und einer von heute und er ist gewaltig). 
Zusammengefasst: Durch die Auswahl der Warenkorbs, seiner Gewichtung und seiner Bewertung sind jede Menge subjektive Möglichkeiten der Einflussnahme gegeben. Und das Bundesamt für Statistik macht davon ausgiebig Gebrauch (soviel auch zum Thema "Trau unbedingt dem Bundesamt für Statistik!"). Warum tut es das? Das ist wiederum simpel: Weil die Bundesregierung das unbedingt so haben will. Der Michel soll zum einen um die Teuerung gar nicht wissen, er soll gar nicht wissen, dass sein reales Einkommen seit Jahren sinkt. Er soll sich gefälligst über das neueste Handy und die neue Playstation freuen, ersatzweise den riesigen Flachbildschirm, als darüber nachzudenken, dass er keine Altersersparnisse mehr anlegen kann, seine Lebensversicherung lächerlich wenig Geld einbringt und er den Traum vom Eigenheim sein ganzes Leben lang träumen kann, denn real wirds nix werden. Zum anderen soll er bitte darüber getäuscht werden, dass wir real fast kein Wirtschaftswachstum mehr produzieren. Denn die offizielle Messung des BIPs hängt, Sie werden es ahnen, an der offiziellen Inflation. 

Die schnöde Wahrheit ist: Der Staat ist nicht einfach nur pleite. Er war schon immer pleite, aber vor 20 Jahren war er halt "nur pleite" und hat von den Steuergeldern gelebt. Das reicht aber schon lange nicht mehr und statt sich von Steuergeldern zu ernähren, hat der Staat inzwischen angefangen aus der Druckerpresse zu leben. Die ganzen sozialen Wohltaten der letzten 20 Jahre (auch schon davor, aber eben mit exponentieller Zunahme durch die letzten Jahre), wie beispielsweise der Energieschwachsinn, Merkels Flüchtlingskrise oder die Europa-Rettung sind nicht durch Steuern finanziert sondern durch den Diebstahl der Einlagevermögen seiner Bürger. Der Staat stiehlt das Geld und das nicht nur in kleinen Häppchen sondern immer dreister. Die ganze Corona-Politik der Regierung Merkel ist finanziert aus einer absurd hohen Inflation von fast 17 Prozent(!) im letzten Jahr, zusammengesetzt aus einem Anwachsen der Geldmenge um 12 Prozent und fünf Prozent realem Produktionsverlust. 17 Prozent! Das muss man erstmal verdauen. Das Geld, dass Merkel durch Fond-of-Lying derzeit ins Ausland pumpt bewegt sich inzwischen im oberen(!) dreistelligen Milliardenniveau. Entnommen aus deutschen Sparbüchern mit dem Mittel der Inflation. Dagegen sind die sozialistischen Vorstellungen der SED mit fünf Prozent Vermögenssteuer, so verheerend und dumm diese sein mögen, fast noch harmlos. Und mit dem Unterschied behaftet, dass die SED sich wenigstens an die Millionäre richten wollte, während Merkel schonungslos schon beim kleinen Postboten und seinem Sparbuch anfängt.   

Als ich anfing für diesen Artikel zu recherchieren war ich mir schon sicher, dass die Finanzierung der Corona-Panik sicher teuer sein würde. Ich war nicht nur erschrocken sondern rundheraus schockiert als ich sah, wie extrem der Staat sich inzwischen am Vermögen seiner Bürger vergreift. Das der Staat mit der Methode der Inflation die Zinsen seiner Bürger anfuttert ist nicht neu und so lange die Zinsen in normalen Größenordnungen lagen war das immer noch eine schlechte Anlage, aber immerhin eine Anlage. Als der Staat dann anfing die Zinsen auf null zu erzwingen, fing er an Geld zu stehlen, aber die meisten sind wohl davon ausgegangen, dass sie hier um 2-3 Prozent im Jahr erleichtert werden. Es ist schon damals das dreifache gewesen, inzwischen sind wir oberhalb von zehn Prozent. Jeder, der sein Geld in Sparvermögen angelegt hat, wird innerhalb von 10 Jahren um mehr als Hälfte bestohlen. Am beunruhigendsten ist aber die Entwicklung der Geschwindigkeit, denn der staatliche Diebstahl gleicht inzwischen einer sterbenden Sonne, die sich mehr und mehr ausdehnt im verzweifelten Versuch mehr Materie in sich hereinzuziehen, bevor sie unweigerlich implodiert.

Die deutschen Sparvermögen kann man nur einmal verfrühstücken und die Hälfte ist schon locker weg. Man fragt sich wie die sich anschickende Linksregierung im Herbst noch wirtschaften will, wenn ihre Vorgänger schon alles ausgegeben haben. Klar wollen sie die zweite Hälfte aber danach ist dann eben das Ende der Fahnenstange.


Llarian

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