2. Mai 2020

Spiele ohne Regeln

Wer mit kleinen Kindern Spiele spielt, deren Regeln nicht von vorneherein festgelegt sind, wird schnell die Erfahrung machen, dass er das Spiel nicht gewinnen wird. Weil das Kind, so es frei ist die Regeln zu ändern, dies immer so tun wird, dass es zu seinem Vorteil ist. David Zucker hat diese Beobachtung schon vor Jahren zu einer ganz netten Komödie (Basekettball) verarbeitet und natürlich auf die Spitze getrieben, so dass das entstehende Spiel danach recht absurden Regeln folgt. 


Genau in diesen Zustand fühlt man sich dieser Tage in der BRD hineinversetzt, nur das das kreative Kind an den Schalthebeln der Macht sitzt und sich jedwede Diskussion über genau diese Art der Regelauslegung lautstark verbittet. Zu Anfang des Lockdowns, einer bis dato in der Geschichte der BRD absolut neuen Maßnahme mit massiven Folgen für nahezu jeden Bürger, stand die Forderung von Merkel die Verdoppelungszeit von Corona, die geschätzt zu dieser Zeit etwa 3 Tage betrug (im Nachhinein sollte sich herausstellen, dass das wohl nicht ganz gestimmt hat) müsse auf mindestens 14 Tage gedrückt werden. Dies wurde dann vergleichsweise schnell erreicht und deutlich übertroffen und eigentlich hätte damit der Lockdown beendet sein müssen. Doch der Regierungschefin war nicht danach und sie tat das Beschriebene:  Sie änderte die Regeln. Jetzt kam es nicht mehr auf die Verdoppelung an, jetzt wurde die Reproduktionszahl R zum Maß der Dinge. Sie müsse unter 1 gedrückt werden, bevor der Lockdown beendet werden könne. Dummerweise war das  ein sehr schlechtes Vorgehen, denn auch wenn man es zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, war R bereits vor dem Lockdown knapp unter 1 gelandet und ist dort eigentlich immer noch (es gibt ein paar spitze, aber nicht unberufene Zungen, die deshalb die Wirksamkeit des Lockdowns an sich in Frage stellen). So oder so, es schälte sich heraus, dass auch dieses Ziel bereits erreicht war. Was also tun? Genau das, was jedes Kind dann eben auch tut: Es ändert wieder die Regeln.
Nun ist es die Nachverfolgbarkeit der Infizierten, der zum Maßstab aller Dinge erhoben wird. Was zugleich nicht ganz unpraktisch ist, denn selbst wenn man zu dem Zustand kommen sollte, dass sich nahezu alle Infektionswege nachvollziehen liessen, man sich immer darauf berufen kann, es gäbe noch welche, die man nicht kenne. 

Es stellt sich natürlich die Frage: Warum? Warum ändert jemand permanent die Regeln, um doch wieder nur zu dem zurück zu kehren, was er ursprünglich getan hat? Ein Spiel ist in dem Sinne ja nicht zu gewinnen. Sollte man meinen., Aber dieses meinen ist falsch. Unabhängig davon wie man selber zu Corona steht, lässt sich eins vergleichsweise simpel und neutral beobachten: Es hat sich für Angela Merkel in den letzten 15 Jahren ihrer Regierung noch nie eine so dankbare Situation dargestellt. Corona ist für die derzeitige Regierung wie Weihnachten an Ostern an einem Tag. Glauben Sie nicht? Dann versuche ich mal mein Glück: Derzeit regiert  Angela Merkel ohne Opposition, ein Zustand, der von ihrer ganzen Persönlichkeitsstruktur her absolut entgegen kommt. Selbst im Schicksalsjahr 2015, als sie im Alleingang das Land im linken Sinne veränderte (andere würden sagen ruinierte) und gleichzeitig eine dazu passende massive Propgandaoffensive lief, die dem neuen Deutschland zur Ehre gereicht hätte, gab es dennoch eine Opposition.  Man versuchte zwar mit aller Macht diese zu delegitimieren, doch diese war dennoch da. Nicht zuletzt dieser Opposition (als auch den Silversterereignissen in Köln) ist es am Ende zu verdanken, dass sich 2015 nicht bereits 2016 wiederholen konnte. Heute dagegen: Stillschweigen. Opposition im politischen Sinne existiert praktisch nicht. Gleichzeitig gehen die Zahlen der CDU durch die Decke. Bestand noch vor Monaten die reale Gefahr einer Volksfrontregierung ist derzeit ohne die CDU nichts, aber auch gar nichts denkbar. Gleichzeitig steigt auch wieder ihr persönlicher Stern. Nach dem Hinschmeissen von Kramp-Karrenbauer, dass wohl auch Merkel kalt erwischt haben dürfte, war Merkel nicht einmal eine lahme Ente. Die neuen Kandidaten kamen in Wochenfrist auf den Tisch und machten ihren Anspruch klar. Die Zustimmung von Merkel interessierte niemanden, auch der vielleicht geträumte Traum ("Karrenbauer ist gescheitert, Merkel muss es retten") war nicht einmal am Rande gefallen. Heute? Merz ist weit abgeschlagen, der ernsthafteste Nachfolgekandidat wird gerade von Merkels Truppen demontiert und die ersten Pressespeichellecker packen schon die Idee aus, Merkel solle noch einmal fünf Jahre regieren. Was die deutsche EInheit für Helmut Kohl war und der Oderbruch für Gerhard Schröder ist derzeit Corona für Angela Merkel. Die Chance einer längst gescheiterten Regierung eine gänzlich neue Machtperspektive zu eröffnen.  

Und die Realität bedroht sie nicht. Jeden Tag wird die reale Bedrohung durch Corona kleiner, es erweist sich immer mehr als Scheinriese. Gleichzeitig stellt das die deutsche Presse vor allem heraus, dass die reale Entwicklung ebenso genau eine Folge der Regierungspolitik ist. Und das funktioniert. ganz hervorragend. Das die Schweden nicht sterben wie die Fliegen interessiert am Ende keinen, schon seit Wochen wird auf diese eingeprügelt und am Ende wegerklärt, dass die ja doch alles genau machen würden (was nicht stimmt, aber das prüft keiner nach). Das ist eben ein Sonderfall, der gar nicht übertragbar ist und außerdem sterben noch viel mehr Schweden an Corona, die alle nicht getestet sind. Das ist am Ende kein Problem. Wer den primären Informationskanal der Menschen kontrolliert, der kann am Ende fast alles erzählen. In Deutschland glauben auch erhebliche Mengen von Bürgern, dass durch die Folge der Fukushima Havarie 10.000 Japaner gestorben sind. 

Und deshalb lohnt sich das Spiel ohne Regeln. In einer wirklich verwurzelten Demokratie könnte ein Regierungschef nicht damit durchkommen, dass er permanent Versprechungen macht, die schon eine Woche später nichts mehr gelten. In Deutschland funktioniert das. Und deshalb wird Merkel auch die  nächsten Ansagen brechen. Es kostet sie nichts und bringt ihr alles. Und man mache sich keine Illusion: Am Ende wird Corona auch genau so abgerechnet werden. Wie die Havarie in Fukushima. Alles richtig gemacht. Die deutsche Regierung macht bekannertermaßen NIE etwas falsch. Das muss sie auch nicht, so lange sie ihre Propagandabatallione treu zur Seite hat.
Selbst wenn sich in der ganzen Welt herausstellen sollte, dass man einer Massenhysterie anheim gefallen ist, wird man in Deutschland weiter Masken tragen und die Regierung für ihre Weitsichtigkeit loben. 

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Llarian

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