29. Mai 2020

Deutschland zahlt

Wenn es eine Konstante gibt, die die Finanzentwicklung der EU über die letzten 30 Jahre verfolgt, dann ist es dieser einsame Satz: Deutschland zahlt. Das Konzept ist somit nicht allzu neu, allerdings gehen die Dimensionen inzwischen derart ins Absurde, dass man sich fragen muss, warum in Deutschland nicht längst eine überwältigende Mehrheit die Afd wählt. Doch der Reihe nach:

Das Deutschland eigentlich schon seit ihrer Gründung die EU mehr oder weniger finanziert hat, ist nicht besonders neu, dem war schon immer so und solange die EU Bürokratie im Vergleich zu den Haushalten der einzelnen Ländern immer noch sehr gering war, auch kein größeres Problem. Oder simpel: Man konnte es sich leisten. Und schließlich hat Deutschland auch durchaus seine Vorteile daraus gezogen, war die heimische Industrie doch immer stark auf den Export orientiert, wobei man schon mit einem Auge sehen kann, dass es nicht zuletzt das permanente schlechte Gewissen der Deutschen (und ihrer Politik) gewesen ist, die diesen Transfer massiv getrieben hat. Soweit so gut. 

Mit dem Erstarken der EU durch die letzten zwei Jahrzehnte hat sich dieses Bild gewandelt, sehr deutlich schon bei der Einführung des Euro (der vor allem die deutschen Vermögen massiv beschnitt), wurde allerdings durch die Einführung des Target-Systems und dem ESM von der ursprünglich harmlosen Version in einer Geldtransfermaschine im Billionenbereich transformiert. Sowohl ESM als auch Target dienen eigentlich im Wesentlichen einem Zweck: Dem Transfer von Geldern aus Deutschland nach wahlweise Italien, Spanien oder Frankreich. Alleine der Transfer über die derzeitigen Target-Salden (die nie zurückgezahlt werden) beträgt zwischen Deutschland auf der einen und Italien und Spanien auf der anderen Seite fast eine Billion Euro und übersteigt damit inzwischen die Kosten der Wiedervereinigung (oder plakativ gesprochen: Die Misswirtschaft in Italien und Spanien der letzten 15 Jahre übetrifft inzwischen die Misswirtschaft von 40 Jahren deutschem Sozialismus und wird im Wesentlichen aus Deutschland finanziert, von Angela Merkel um genau zu sein (mit tatkräftiger Unterstützung der FDP nebenbei, nur um dem Hinweis auf die permanent unrühmliche Rolle der SPD wenigstens ein bischen zu relativieren).
Und um ein Gefühl für die Dimension zu bekommen, wir reden hier über einen Transfer von mehr als 10.000 Euro pro Bundesbürger (inklusive Kindern), so um die 1000 Euro netto pro Jahr und damit etwa einem Fünftel dessen, was die Deutschen als Nation in den letzten 80 Jahren aufgebaut und angespart haben. Auf die Zeit betrachtet machen "wir" inzwischen Miese, d.h. wir transferieren durch die EU mehr Geld ins Ausland als wir ansparen können. Im Wesentlichen nach Italien, Spanien und zu einem geringeren (ja, erstaunlich, wirklich geringeren) Anteil auch nach Griechenland.

Nun kam bekanntlich Corona und wie es nicht ganz unnaheliegend ist, traf es die Länder mit der schwächsten inneren Organisation am härtesten. Die brilliante Idee sich erholende Corona-Patienten in Pflegeheimen unterzubringen (ein in Deutschland nicht ganz so bekannter Fakt) führte gerade in Italien zu verheerenden Bildern  und damit zu einem Wirtschaftscrash ohne Beispiel. "Schuld" daran war aber nicht die verheerend schlechte Organisation, nein, Schuld waren, nach kurzer Zeit jedenfalls, richtig, die Deutschen. Warum? Weil sie das Portemonnaie nicht rechtzeitig aufmachen wollten. Die Selbstverständlichkeit das die Deutschen das Pech oder die schlechte Organisation anderer zu bezahlen haben, wurde nicht einmal in Frage gestellt. Die Deutschen haben zu zahlen. Das haben sie ja immer getan, das können sie auch jetzt tun. Und was tun die Deutschen? Zahlen natürlich. Und natürlich wieder absurde Summen. Italien verlangt(!) (alleine die Formulierung muss man sich mal ansehen)  über 100 Milliarden geschenkt zu bekommen. Warum? Weil es Tote gab. Und die Deutschen? Zahlen.Weil die Italiener sonst böse auf uns sind. 

Das ist ein totaler Witz. Die Deutschen haben den Italienern in den letzten 20 Jahren fast 500 Milliarden Euro überlassen (die "wir" nie wieder sehen). 500 Milliarden. Aber es ist nicht genug. Jetzt möchte man noch mehr und man möchte nicht einmal mehr formal die Pflicht haben das je zurück zu geben. 

Auch hier mal eine kleine Relation: Das Durchschnittvermögen pro Hauhalt liegt in Italien gut 10 Prozent über dem Deutschen (ja, kein Witz). Extremer wird es noch, wenn wir den Median betrachten (denn was "dem Deutschen", dass es hier den einen oder anderen Millionär gibt). Das Medianvermögen liegt in Italien auf dem dreifachen Wert des Deutschen. Dem dreifachen!
Was nichts anderes bedeutet als das der "kleine Mann" in Italien dreimal so viel auf der hohen Kante hat wie der Deutsche.  Und ich habe noch mehr passende Größen: Italien ist zwar so arm, dass es ganz dringend seine 100 Milliarden plus aus Deutschland braucht, sitzt aber gleichzeitig auf den weltweit drittgrößten Goldvorräten (so knapp 2500 Tonnen), die nach aktuellem Preis über 100 Milliarden Euro wert sind. Aber erst einmal das eigene Tafelsilber aufzubrauchen ist nicht zuzumuten, besser wenn die Deutschen erst einmal zahlen. Die haben es ja.

Diese EU so wie sie heute ist, mit den Stimmgewichten und der Besetzung mag für deutsche Politiker und Großindustrielle aus Deutschland etwas ganz dolles sein, für den Michel ist sie es nicht. Es wird immer behauptet, Deutschland profitiere massiv von der EU. Das tut es nicht. Nicht, wenn man die ganze Party bezahlen muss. Deutschland, bzw der einfache deutsche Bürger mag bis zur Jahrtausendwende von der EU profitiert haben, d.h. sich aber spätestens Mitte des darauf folgenden Jahrzehntes geändert und liegt heute im Gegenteil. Die EU kostet den einfachen Arbeiter deutlich mehr als sie ihm nützt. Deutschland zahlt klingt immer gut. Das dumme ist: Es stimmt.

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Llarian

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