10. März 2018

Heiko Maas wird Bundesaußenminister - na und?

Auch wenn es wie ein vorgezogener Aprilscherz klingt, so ist es doch bitterer Ernst: Heiko Maas wird Bundesaußenminister. Von einem Skandal zu sprechen wäre die erste, viszerale Reaktion des endunterfertigten Verfassers auf diese unfrohe Botschaft gewesen. Die zweite, dem Charakter dieses Autors angemessen boshafte Äußerung zu der genannten Personalie hätte die Überlegung sein können, dass ja nicht alle Länder dieser Erde Rechtsstaaten sind und mit dem neuen Herrn des Auswärtigen Amtes vielleicht etwas mehr Einfühlungsvermögen für Regime, die zu Grundfreiheiten und individuellen Rechten ein eher eisiges Verhältnis pflegen, in die Herzkammer der deutschen Diplomatie einzieht.

Da der Urheber dieses Beitrags in den letzten Tagen sehr viel Politikfernes um die Ohren hatte, ist er gleich zu der dritten Stufe der Bewältigung der irrwitzigsten Besetzungsentscheidung im Rahmen des Neuaufgusses der Großen Koalition gelangt, welche Bewältigungsstufe da lautet: Heiko Maas wird also Bundesaußenminister - na und?
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Ganz anticäsarisch beschloss der Vater des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes dereinst, als ewiger Zweiter in das Rom an der Spree zu gehen, nachdem er merhmals krachend an dem Versuch gescheitert war, Erster im Bergdorf namens Saarland zu werden. Freilich: Ob Maas als Zweiter oder Dritter oder noch weiter hinten anzusiedeln ist, ergibt sich aus der jeweiligen Perspektive. In der neuen Bundesregierung ist der designierte Bundesfinanzminister Olaf Scholz als prospektiver Vizekanzler - gemäß der Kabinettslogik - Zweiter. Maas ist allenfalls in der Riege der SPD-Minister der Zweite. Mit der Gewohnheit einer Personalunion zwischen Außenminister und Vizekanzler wird durch diese Konstellation (gottlob) gebrochen.

Möglicherweise behebt diese Degradierung des Außenministers eine Schieflage, die sich in die deutsche Realverfassung eingeschlichen hat, nämlich eine Überhöhung der Bedeutung des Chefdiplomatenressorts. Freilich hatte die Außenpolitik in der Bonner Republik eine größere Bedeutung als in der nabelschauzentrierten Periode seit der ersten Regierung Schröder. Wenn wir aber historische Begrifflichkeiten wie "Westbindung", "Ostpolitik" oder "Wiedervereinigung" hören, denken wir zuerst an Adenauer, Brandt und Kohl und gerade nicht an deren Außenminister. Wenn es darauf ankam, war Außenpolitik in Deutschland schon immer Angelegenheit des Richtlinienkompetenten.

Da Merkel und ihrem Amtsvorgänger jedes Gefühl und Interesse dafür abgehen respektive abgingen, wie Deutschland seine Beziehungen zu den Nachbarn und Verbündeten möglichst profitabel gestalten kann, ist die Peinlichkeit, einen Exponenten des linken Randes der SPD aus Flügelproporzerwägungen an den Werderschen Markt wegzuloben, nur konsequent.

Vermutlich wird Maas in seiner neuen Funktion von der veröffentlichten Meinung und den Umfrageergebnissen mit Elogen überhäuft. Denn das, was im heutigen Deutschland als gute Außenpolitik gilt, nämlich: die Völker dieser Erde zu belehren, dass sie am deutschen Wesen genesen sollen, beherrscht der ehemalige Bundesjustizminister zweifelsohne.

Noricus

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