24. März 2018

Ein Silberrücken, ein Bettvorleger oder eine Schmierenkomödie?

­Das politische Berlin ist entsetzt: Horst Seehofer erklärt der Islam gehöre nicht zu Deutschland und das Volk applaudiert. Wie kann er nur? Seit Christian "Hallo, Herr Kaiser" Wulff ist bekanntlich der Islam als fester Teil des politischen Kanons gesetzt, endlose Islamkonferenzen, Staatsverträge und inzwischen auch islamischer Religionsunterricht können davon zeugen. Und Seehofer geht sogar noch ein paar Schritte weiter, er kündigt Abschiebungen an, will den Rechtsstaat wieder durchsetzen und am Ende dafür sorgen, dass der Rechtsbruch von 2015 ein Ende findet.


Passend dazu dann direkt der Widerspruch der CDU, wo sich selbst die Frau Bundeskanzler dazu genötigt sah ihren Innenminister zurecht zu weisen, freilich ohne ihn direkt zu bedrohen. Und dann passiert direkt das nächste Husarenstück: Die CSU macht Männchen und stellt sich hinter ihren ansonsten nicht mehr so ungeheuer beliebten Parteichef und fordert die CDU offen heraus. Man möchte sich die Augen reiben und fragt sich wo die aufrechten Recken eigentlich 2015 gesteckt haben, als der deutsche Rechtsstaat "vorrübergehend" (immerhin jetzt im 3. Jahr) ausgesetzt wurde.

Was ist geschehen? Hat Horst aus dem Hause Seehofer, der Erste seines Names, König von Bayern und Franken, Herr über nicht ganz sieben Königslande, am Ende sein Rückgrat wiederentdeckt? Hat die CSU angesichts dessen, dass ohne sie die Regierung zusammenbricht, plötzlich den Anspruch wieder Politik für Mehrheiten zu machen? Oder wird Horst, der gesprungene Tiger am Ende doch wieder als Merkels Bettvorleger landen?

Ich muss ehrlich gestehen: Ich weiss es nicht. Man wünscht sich ja ersteres und genau darin liegt die Krux. Die meisten bürgerlichen Wähler, seien sie aus der konservativen oder aus der liberalen Ecke, ja selbst die meisten Sozialdemokraten (so es davon noch allzu viele gibt) würden es sich wünschen wenn endlich aus dem vorgeblich konservativen Lager eine Kehrtwende erfolgte. All diejenigen, die die AfD nur mit der Faust in der Tasche gewählt haben oder noch im inneren Konflikt sind, würden sich ja nichts mehr wünschen, als das die Union wieder zur Vernunft kommt und Merkel endlich in ihren Schranken weisst bevor sie sie ins unverdiente Altersheim abschiebt. Und die Story würde ja auch passen: Der alternde Silberrücken will es noch einmal wissen, hat keine Angst um seine politische Karriere, die ohnehin ziemlich am Ende ist, und haut mit der Faust auf den Tisch. Gleichzeitig entdeckt die CSU ihr Rückgrat und bemerkt, dass ohne sie keine Mehrheit im Bundestag mehr existiert und haut mit.

Natürlich möchten das viele glauben. Das ist nur menschlich. Aber eben auch gefährlich. Mir geht es immer so, wenn ich mit den ganzen Bitcoin-Rechnungen konfrontiert werde und was von Renditen von 20, 30 oder gar 50% im Jahr lese. Ich möchte es glauben, weil der gierige Teil von mir es unbedingt glauben will. Aber mein Verstand weiß es meistens besser. Aber neutral bin ich deshalb nicht. Weil ich es glauben will. Und genauso geht es auch mit Seehofer: Natürlich würde man es sich wünschen. Aber was sagt der Verstand dazu?

Der Verstand sagt zumindest eins: Vorsicht! Seehofer trägt nicht unbedingt umsonst die Verballhornung Drehhofer: Viel zu oft in der Vergangenheit hat er groß getönt, ist gesprungen, um dann als Bettvorleger zu enden. Selbstredend hätte Seehofer 2015 Merkel stürzen können. Er hat es nicht getan. Weil ihm am Ende der Mut fehlte wirklich auf den Tisch zu hauen. Es ist denkbar, dass er inzwischen in sich gegangen ist und doch ein Rückgrat gefunden hat, aber, wie wahrscheinlich ist das ?

Was auch gegen Seehofer spricht ist die Reaktion von Merkel, bzw. der CDU. In Zettels kleinem Zimmer wurde von einem Zimmermann bemerkt, dass Merkel ausgesprochen dünnhäutig reagiert habe. Und genau das finde ich nach einiger Reflektion eher unwahrscheinlich: Merkel ist nicht der Typ für Dünnhäutigkeit, sie ist vollkommen penetrant und ignorant gegenüber jedweder Kritik. Und wenn sie jemanden fertig machen will (und das waren ja nicht wenige in der Vergangenheit), dann macht sie das hinter den Kulissen (böse Zungen würden sagen intrigant). Sie ist kein Vertreter des offenen Konfliktes und klebt nebenbei viel zu sehr an ihrer Macht, um den offenen Konflikt mit der CSU zu suchen.

Nein, ich glaube hier passiert etwas gänzlich anderes: Eine Schmierenkomödie mit verteilten Rollen. Das Prinzip ist good cop/bad cop, wobei je nach Rezipient die Begriffe ausgetauscht werden müssen. Die CSU gibt die "rechte" Position, tritt für Rechtsstaat, Abschiebungen und Gesetz ein, während die CDU den Islamversteher gibt und vor allem einen Gegensatz zur CSU aufbaut, mit der die sich aufplustern kann. Das Ziel ist dabei recht simpel: Die CSU muss die Landtagswahl in Bayern überstehen und muss bis dahin unbedingt so tun, als habe sie verstanden. Die CDU lässt ihr das, weil: Was hat sie denn zu verlieren? Sie tritt in Bayern nicht an. Und sie kann sich, in Vorbereitung auf die Hessen Wahl, auch ein bischen profilieren, nach dem Motto: Die blöde CSU. Und genau diese Taktik würde hervorragend zu Merkel passen. Wenn man sich schon nicht gegen die Sozialdemokratie oder die Grünen profiliert (weil man ohnehin deren Positionen teilt), so kann man doch ein bischen Schlagzeilen im eigenen Lager erzeugen und sich als die "Besserbürgerlichen" präsentieren.So lange man die CSU nicht wirklich aus der Koaltion treibt. Aber das kann man ja regeln.

Natürlich kann ich mich irren: Es kann sein, dass Merkel wirklich Seehofer entlässt (was ich sehr begrüssen würde, denn dann ist Merkel endgültig Geschichte), es kann auch sein das Drehhofer noch vor der Landtagswahl den Schwanz einzieht, bzw.seinen Worten keine Taten folgen lässt. Und ebenso ist es möglich, dass Seehofer wirklich Ernst macht und auch nach der Landtagswahl den harten Mann gibt. Mein Tip bleibt aber trotzdem die Schmierenkomödie: Das läuft bis zur Landtagswahl und dann haben wir wieder den Bettvorleger. Als bayrischer Wähler würde ich nicht darauf reinfallen wollen.


Llarian

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