13. September 2013

Eine Region versagt

Ein großes Thema beherrscht seit Wochen die Schlagzeilen: Soll der Westen, also in erster Linie Amerika, in den syrischen Bürgerkrieg militärisch eingreifen, darf er es, kann er es? Könnte damit Frieden ermöglicht werden, oder gibt es im Gegenteil dann noch mehr Gewalt? Welche anderen Maßnahmen anstelle eines Militärschlags sind möglich, um die Probleme zu lösen?

Und dann gibt es recht versteckt noch ein kleines Thema: Etwa 20.000 Flüchtlinge aus Syrien hat Deutschland schon aufgenommen, 5.000 weitere werden derzeit eingeflogen. Und wenn es nach dem Kompetenzteam der Opposition geht, werden es noch deutlich mehr.

Beide Themen haben eine Fragestellung gemeinsam: Was geht uns das eigentlich an? Wieso sollen der Westen, die Deutschen oder die Amerikaner, für eine Lösung dieses Bürgerkriegs oder die Betreuung der Flüchtlinge irgendwie zuständig sein?

Syrien ist ein arabisches Land. Vor zwei Generationen wurde es einmal für eine überschaubare Zeit von Europäern als Mandatsgebiet verwaltet. Seit der Unabhängigkeit sind die Kontakte mit dem Westen aber überschaubar: Politisch orientierte sich das Land immer an Moskau, die Handelsbeziehungen sind minimal, Tourismus oder andere Besuche gibt es fast nicht, einen kulturellen Austausch gibt es eigentlich überhaupt nicht.

Syrien ist ein arabisches Land. Gründungsmitglied der arabischen Liga und historischer Vorkämpfer für die Idee der arabischen Einheit, Syrien stellte auch den Hauptteil der interarabischen Truppen.

Auch der syrische Bürgerkrieg ist eine fast rein innerarabische Angelegenheit. Assad bekommt Hilfe aus dem Libanon, die Aufständischen von diversen Golfstaaten. Von außerhalb der Region sind nur Rußland und der Iran indirekt beteiligt. Weder beim Ausbruch noch dem Verlauf des Bürgerkriegs war der Westen nennenswert beteiligt.

Anders dagegen bei der Flüchtlingsversorgung. Der Hauptteil der 2 Millionen syrischen Flüchtlinge ist zwar in Nachbarstaaten geflohen. Was auch kein Problem ist - diese sind vergleichsweise dünn besiedelt.
Aber die Versorgung der Flüchtlinge übernimmt das UN-Flüchtlingskommissariat, also der Westen.

Nach allen normalen Maßstäben wäre es in erster Linie die Verantwortlichkeit der arabischen Liga und ihrer Mitglieder, sich um eine Lösung im "arabischen Bruderstaat" Syrien zu kümmern. Sowohl beim Konflikt selber wie bei der Betreuung der geflohenen arabischen Landsleute.

An den Mitteln würde es nicht fehlen: Geld ist auf jeden Fall reichlich vorhanden. Und obwohl die arabischen Staaten ansonsten nicht viel auf die Reihe kriegen, nicht in der Wirtschaft, nicht im Bildungswesen, nicht im Sozialbereich: Sie haben alle eine gut gerüstete Armee.

Mal eine kleine Rückblende: Der jugoslawische Bürgerkrieg war ein Problem der Europäer. Um das sie sich auch gekümmert haben. Bei der militärischen Komponenten brauchten sie zwar - wie üblich - die Hilfe der USA. Aber ansonsten wurde das regional gelöst, inklusive der Aufnahme von Flüchtlingen.
Kein arabischer Staat wäre damals auch nur auf die Idee gekommen, irgendetwas zur Problemlösung beizutragen, geschweige denn Flüchtlingen zu helfen.

Nun also der syrische Bürgerkrieg: Ein rein regionales Problem, ganz allein in der Verantwortung der Staaten der Region.
Und diese Staaten versagen völlig. Die arabische Liga versagt völlig.
Ganz groß wird regelmäßig die arabische Solidarität beschworen, wird über Israel geschimpft und über den bösen Westen - aber um die innerarabischen Probleme soll sich dann doch wieder der Westen kümmern.

Fast wäre man geneigt, die Idee mit der nationalen Unabhängigkeit der arabischen Staaten für gescheitert zu erklären und die Türken zu bitten, wieder die Kontrolle dort zu übernehmen.

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R.A.

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