Nur als Erinnerung: vor einem Vierteljahrhundert, am 23. März 1992, starb in Freiburg im Breisgau, gut einen Monat vor seinem dreiundneunzigsten Geburtstag, der Mann, den der Endunterfertigte, bei allem Bewußtsein über die Verkürztheit eines solchen Urteils, für den bedeutendsten Denker des zwanzigsten Jahrhunderts erachtet: Friedrich August von Hayek: bedeutendster Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften von 1974 und durch sein Buch The Road to Serfdom, 1944 zeitgleich mit Karl Poppers ungleich voluminöserem The Open Society and Its Enemies erschienen, zum maßgeblichen Kronzeugen gegen die Versuchungen des Kollektivismus, der Staatsvergottung - nicht nur in den Führerdiktaturen seiner Zeit, sondern gegen die allen staatlichen Organisationen innewohnenden Tendenzen - und des obersten Prinzips der Freiheit des Einzelnen als unabdingbarer Grundlage einer prosperierenden, auf Dauer angelegten Gesellschaft, die diesem Einzelnen erst den Wohlstand, die Freiheit, sich nach den eigenen Maßstäben zu entscheiden, ermöglicht. Hayeks grundsätzlicher Einspruch gegen alle utopischen Entwürfe, gegen die Anmaßungen von Intellektuellen, Philosophen und Politikern - und zwar egal von welcher Couleur, welcher wohlmeinenden Intention, welchen noch so hehren Idealen ihr Tun motiviert wird - entspringt der Einsicht, daß niemand über ein solches Wissen verfügt, verfügen kann, daß jede Gesellschaft sich zwar dem Tun der einzelnen Individuen verdankt, aber diese Gesellschaft nie das Resultat einer bewußten Planung sein kann. (Damit greift Hayek ganz bewußt eine Erkenntnis auf, die zwei Jahrhunderte vor ihm der schottische Aufklärer Adam Ferguson (1723-1816) formuliert hat.)
Wer noch nie von ihm gehört hat - und das sind, meiner persönlichen (wenn auch natürlich nicht repräsentativen) Erfahrung über die Jahre hinweg - leider doch bedauerlich viele, nicht zuletzt in jenen akademischen Gefilden, die sich nicht auf das Funktionieren der Wirtschaft kaprizieren - dem wird ein kurzer Überblick keine Ahnung von der Bedeutung und dem Gewicht des Werkes Hayeks verschaffen. Wem es vertraut ist - wozu ich, als letztgründig unverbesserlicher Optimist, die Leser dieses Netztagebuchs sowie alle Liberalen oder konservativ Grundierten zähle (zwischen beiden Lagern gibt es bekanntlich eine beachtliche Schnittmenge, wie für den Endunterzeichneten, der stets mit Emphase betont hat, daß man ihn doch bitte dem neokonservativen Lager zuschlagen möge) - für den erübrigt sich eine solche Einführung. Dshalb sei es erlaubt, statt dessen einen kleinen Strauß von Zitaten aus den Werken Hayeks zu bringen, die sich in dieser Form neben vielen weiteren auf der Netzseite der Friedrich A. von Hayek Gesellschaft e.V. finden. (Dort finden sich auch die Quellennachweise der folgenden Zitate.)
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„Freiheit ist wesentlich, um Raum für das Unvorhersehbare und Unvoraussagbare zu lassen; wir wollen sie, weil wir gelernt haben, von ihr die Gelegenheit zur Verwirklichung vieler unserer Ziele zu erwarten. Weil jeder einzelne so wenig weiß und insbesondere, weil wir selten wissen, wer von uns etwas am besten weiß, vertrauen wir darauf, daß die unabhängigen und wettbewerblichen Bemühungen Vieler die Dinge hervorbringen, die wir wünschen werden, wenn wir sie sehen.“
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„Freiheit verlangt, daß die Verantwortung des einzelnen sich nur auf das erstreckt, was er beurteilen kann, daß er in seinen Handlungen nur das in Betracht ziehen muß, was innerhalb des Bereichs seiner Voraussicht liegt und vor allem, daß er nur für seine eigenen Handlungen (und die der seiner Fürsorge anvertrauten Personen) verantwortlich ist – aber nicht für die anderer, die ebenso frei sind.“
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„Ebenso wichtig für das Funktionieren einer individualistischen Gesellschaft wie diese kleineren Gesellschaftsverbände sind die Traditionen und Konventionen, die sich in einer freien Gesellschaft herausbilden und die, ohne einer Gewaltanwendung zugänglich zu sein, flexible, aber normalerweise befolgte Regeln schaffen, die das Verhalten anderer in hohem Maße voraussagbar machen. Die Bereitwilligkeit, sich solchen Regeln zu unterwerfen … ist eine wesentliche Voraussetzung für die allmähliche Weiterentwicklung und Vervollkommnung der Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens; … daß gemeinsame Konventionen und Traditionen eine Gruppe von Menschen in den Stand setzen, bei weitaus weniger formaler Organisation und weniger Zwang leicht und wirkungsvoll zusammenzuarbeiten als eine Gruppe ohne solchen gemeinsamen Hintergrund, versteht sich von selbst.“
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„In viel größerem Maß als bisher muß erkannt werden, daß unsere gegenwärtige gesellschaftliche Ordnung nicht in erster Linie das Ergebnis eines menschlichen Entwurfs ist, sondern aus einem wettbewerblichen Prozeß hervorging, in dem sich die erfolgreicheren Einrichtungen durchsetzten. Kultur ist weder natürlich noch künstlich, weder genetisch übermittelt noch mit dem Verstand geplant. Sie ist eine Tradition erlernter Regeln des Verhaltens, die niemals erfunden worden sind, und deren Zweck das handelnde Individuum gewöhnlich nicht versteht.“
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„Daß in die Ordnung einer Marktwirtschaft viel mehr Wissen von Tatsachen eingeht, als irgendein einzelner Mensch oder selbst irgendeine Organisation wissen kann, ist der entscheidende Grund, weshalb die Marktwirtschaft mehr leistet als irgendeine andere Wirtschaftsform.“
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"Daß der Zweck der Freiheit ist, die Möglichkeit von Entwicklungen zu schaffen, die wir nicht voraussagen können, bedeutet, daß wir nie wissen werden, was wir durch eine Beschränkung der Freiheit verlieren. Wenn die Entscheidung zwischen Freiheit und Zwang als eine Zweckmäßigkeitsfrage behandelt wird, die in jedem Einzelfall besonders zu entscheiden ist, wird die Freiheit fast immer den kürzeren ziehen. Sobald also die Freiheit als Zweckmäßigkeitsfrage behandelt wird, ist ihre fortschreitende Untergrabung und schließlich Zerstörung unvermeidlich. Die Freiheit kann nur erhalten werden, wenn sie nicht bloß aus Gründen der erkennbaren Nützlichkeit im Einzelfalle, sondern als Grundprinzip verteidigt wird, das der Erreichung bestimmter Zwecke halber nicht durchbrochen werden darf. Eine wirksame Verteidigung der Freiheit muß notwendig unbeugsam, dogmatisch und doktrinär sein und darf keine Zugeständnisse an Zweckmäßigkeitserwägungen machen.“
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„In viel größerem Maß als bisher muß erkannt werden, daß unsere gegenwärtige gesellschaftliche Ordnung nicht in erster Linie das Ergebnis eines menschlichen Entwurfs ist, sondern aus einem wettbewerblichen Prozeß hervorging, in dem sich die erfolgreicheren Einrichtungen durchsetzten. Kultur ist weder natürlich noch künstlich, weder genetisch übermittelt noch mit dem Verstand geplant. Sie ist eine Tradition erlernter Regeln des Verhaltens, die niemals erfunden worden sind, und deren Zweck das handelnde Individuum gewöhnlich nicht versteht.“
U.E.
© Ulrich Elkmann. Für Kommentare bitte hier klicken.