Vielleicht eignet
sich nichts so sehr als sinnfälliger Gradmesser der Veränderung der politischen
Landschaft in Österreich wie ein Vergleich zwischen den Ergebnissen der
Bundespräsidentenwahl 2010 und 2016: War es vor 6 Jahren eine ausgemachte Sache,
dass der Amtsinhaber und Repräsentant der arrivierten Parteienlandschaft, Heinz
Fischer, die Kür haushoch gewinnen würde, was dann auch bereits im ersten und einzigen Durchgang der Fall war, so strafte heuer der klare Erstrundensieg des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer die Prognosen der Urnen-Auguren Lügen und stellte
sich die Entscheidung als ein wahrer Polit-Krimi dar.
Führte nach
Auszählung lediglich der in den Kabinen abgegebenen Stimmen noch Hofer mit einem
zahlenmäßig nicht einmal der Gesamtbevölkerung einer kleinen Großstadt wie
Salzburg entsprechenden Vorsprung von exakt 144.006 Kreuzen, sorgte die Auszählung
der Wahlkarten für einen Umschwung, der Alexander van der Bellen letztlich
eine Mehrheit von 31.026 Stimmen – ungefähr vergleichbar der Einwohnerzahl
einer Stadtgemeinde wie Feldkirch – bescherte.
Sollte kein
Wahlanfechtungsantrag beim Verfassungsgerichtshof eingebracht werden, steht der
emeritierte Wirtschaftsprofessor als künftiger Hausherr der Hofburg fest. Eine „Anfechtung
um der Anfechtung willen“, soll es laut FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nicht
geben. Für den Fall, dass der 72-jährige Grüne tatsächlich das höchste Staatsamt
übernimmt, soll die folgende Analyse in thesenartiger Form getroffen werden:
Es hat der berechenbarere (ein schöner Komparativ) Kandidat gewonnen. In vielen europäischen Hauptstädten wird heute Abend vermutlich aufgeatmet.
Der Regierung unter dem neu ernannten und von den alpenrepublikanischen Medien schon fast obamanisch gefeierten Bundeskanzler Christian Kern verschafft das Bundespräsidentenwahlergebnis eine Atempause. Hätte Hofer obsiegt, hätte es am Ballhausplatz in nicht allzu ferner Zukunft vermutlich einen Mieterwechsel gegeben.
Ein in der Öffentlichkeit bis dato kaum bemerkter Politiker, dessen Wohl und Wehe seine Parteizugehörigkeit war, hat sich im ersten Wahlgang nicht nur gegen solche bekannten Gesichter wie van der Bellen, Andreas Khol und Rudolf Hundstorfer (sowie Richard Lugner) durchgesetzt; er hat auch nur hauchdünn sein Ziel verfehlt. Es lässt sich nicht mehr leugnen, dass die FPÖ jedenfalls quantitativ in der gesellschaftlichen Mitte angelangt ist.
Die Politik wird repolitisiert. Plötzlich spricht und streitet man über die Rolle des Bundespräsidenten als Verfassungsorgan. Ein Amt, das bislang in erster Linie bei Feiertagsansprachen und (vom etwas interessierteren Publikum bisweilen auch) als Staatsnotariat wahrgenommen wurde, besinnt sich plötzlich wieder auf seine im Hobbes’schen Sinne leviathanesken Kompetenzen. So war dies von der Verfassungsnovelle 1929, welche nicht nur die Volkswahl und die sechsjährige Amtsperiode des österreichischen Bundespräsidenten einführte (zuvor war das Staatsoberhaupt von der Bundesversammlung für eine Dauer von vier Jahren bestellt worden), sondern diesem auch eine Rolle als starker Mann in der Not zudachte, insbesondere durch das an keinen Vorschlag und keine Gegenzeichnung des Föderalgouvernements gebundene Entlassungsrecht hinsichtlich des Bundeskanzlers und der gesamten Bundesregierung, auch intendiert.
Karl Kraus formulierte das Bonmot von einer „österreichischen Versuchsstation des Weltuntergangs“. Zwar lässt die Götterdämmerung noch auf sich warten, aber in Berlin sollte man sich durchaus bewusst sein, dass die gegenwärtigen Ereignisse im südöstlichen Nachbarland eine Vorschau auf den morgigen Zustand der Bundesrepublik bilden (können). Das Menetekel steht für jedermann sichtbar an der Wand.
Es hat der berechenbarere (ein schöner Komparativ) Kandidat gewonnen. In vielen europäischen Hauptstädten wird heute Abend vermutlich aufgeatmet.
Der Regierung unter dem neu ernannten und von den alpenrepublikanischen Medien schon fast obamanisch gefeierten Bundeskanzler Christian Kern verschafft das Bundespräsidentenwahlergebnis eine Atempause. Hätte Hofer obsiegt, hätte es am Ballhausplatz in nicht allzu ferner Zukunft vermutlich einen Mieterwechsel gegeben.
Ein in der Öffentlichkeit bis dato kaum bemerkter Politiker, dessen Wohl und Wehe seine Parteizugehörigkeit war, hat sich im ersten Wahlgang nicht nur gegen solche bekannten Gesichter wie van der Bellen, Andreas Khol und Rudolf Hundstorfer (sowie Richard Lugner) durchgesetzt; er hat auch nur hauchdünn sein Ziel verfehlt. Es lässt sich nicht mehr leugnen, dass die FPÖ jedenfalls quantitativ in der gesellschaftlichen Mitte angelangt ist.
Die Politik wird repolitisiert. Plötzlich spricht und streitet man über die Rolle des Bundespräsidenten als Verfassungsorgan. Ein Amt, das bislang in erster Linie bei Feiertagsansprachen und (vom etwas interessierteren Publikum bisweilen auch) als Staatsnotariat wahrgenommen wurde, besinnt sich plötzlich wieder auf seine im Hobbes’schen Sinne leviathanesken Kompetenzen. So war dies von der Verfassungsnovelle 1929, welche nicht nur die Volkswahl und die sechsjährige Amtsperiode des österreichischen Bundespräsidenten einführte (zuvor war das Staatsoberhaupt von der Bundesversammlung für eine Dauer von vier Jahren bestellt worden), sondern diesem auch eine Rolle als starker Mann in der Not zudachte, insbesondere durch das an keinen Vorschlag und keine Gegenzeichnung des Föderalgouvernements gebundene Entlassungsrecht hinsichtlich des Bundeskanzlers und der gesamten Bundesregierung, auch intendiert.
Karl Kraus formulierte das Bonmot von einer „österreichischen Versuchsstation des Weltuntergangs“. Zwar lässt die Götterdämmerung noch auf sich warten, aber in Berlin sollte man sich durchaus bewusst sein, dass die gegenwärtigen Ereignisse im südöstlichen Nachbarland eine Vorschau auf den morgigen Zustand der Bundesrepublik bilden (können). Das Menetekel steht für jedermann sichtbar an der Wand.
Noricus
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