Der Witz ist
vermutlich eine Grundkonstante der menschlichen Unterhaltung. In seiner
konkreten Form ist er allerdings eminent kultur- und zeitabhängig. Ein ehedem zum
Besten gegebener Kalauer fragte nach dem Lieblingssender des Angesprochenen. Nachdem
dieser seine Favoritin unter den TV- oder Radiostationen benannt hatte, lautete
die Antwort des Sottisenreißers: „Mein Lieblings-Sender ist der Tau-Sender.“
Heutzutage
können im deutschsprachigen Raum nur noch die Eidgenossen und die
Liechtensteiner über diesen Klamauk lachen: Der Schweizer Franken kennt als
größte Papiergeldeinheit nach wie vor die Stückelung mit dem Einser und den
drei Nullern. Für Österreicher und Deutsche ist seit Anfang 2002 hingegen Schluss mit
lustig. Die höchstwertige Euro-Banknote ist bekanntlich, aus der Tausender-Perspektive
gesehen, lediglich eine halbe Portion.
Und auch diesen Schein-Giganten wird man uns jetzt nehmen. Man, das ist die Europäische Zentralbank (EZB). Deren Präsident, Mario Draghi, begründet die Abschaffung des lilafarbenen Riesen mit dem Kampf gegen Terrorfinanzierung und Kriminalität. Dies zeugt von mangelndem Weltwissen des obersten Währungshüters: Hätte er auch nur einen giallo aufmerksam gelesen oder angeschaut, so wüsste er, dass Ganoven (zeit- und kulturunabhängig) die Bezahlung in kleinen Scheinen fordern. Das Argument des Kampfes gegen das Böse ist also offensichtlich nur vorgeschoben.
Wenn man
nach dem wahren Beweggrund für die Entscheidung der EZB sucht, so wird man
schnell zu der Vermutung gelangen, dass die Beseitigung des Fünfhunderters den
Einstieg in den Ausstieg aus dem Bargeld darstellt. Das einzig wahre
Zahlungsmittel hat ja beinahe etwas Anarchisches, erlaubt es dem Steuersubjekt
doch, finanzielle Transaktionen abseits des allseits wachsamen Auges der
Fiskalobrigkeit vorzunehmen.
Aber das ist
vermutlich zu verschwörungstheoretisch gedacht. Viel näher liegt eine andere
Erklärung: Kleinere Scheine führen zu höheren Tresorkosten. Je höher die
Tresorkosten sind, umso weniger attraktiv gestaltet sich die Verwahrung von
Bargeld. Ein Betrag, der in Fünfhundertern ein Schließfach füllt, erfordert bei
Aufteilung auf 200-Euro-Scheine zweieinhalbmal so viel Platz. Die Tresorkosten stehen somit in direkt proportionalem Verhältnis zu der am Markt durchsetzbaren Höhe der Negativzinsen auf Bankeinlagen.
Noricus
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