Warum ist der Fußball so schön? Warum ist er zu einem, warum ist er zu dem Weltsport unter den Mannschaftssportarten geworden? Zur Weltmeisterschaft in Südafrika im letzten Jahr (und zuvor schon einmal zum Sommermärchen des Jahres 2006) habe ich dazu einige Gedanken geäußert.
Unter anderem - behauptete ich - ist das so, weil aus dem Mannschaftsspiel für Augenblicke ein Zweikampf wird, der Kampf "Mann gegen Mann", das "Abjagen des Balles" oder eben seine erfolgreiche Verteidigung. Dazu gab es eine Anmerkung zum Frauenfußball:
Vieles, was den Fußball der Männer auszeichnet, fehlt dem Frauenfußball - das Athletische, die Aggressivität, eben dieser "Kampf Mann gegen Mann". Das ist dort nur als schwacher Abklatsch zu sehen.
Daß Frauenfußball jemals die Emotionen erweckt, die Begeisterung, die in einem Fußballstadion herrschen kann, glaube ich nicht. Schlachtgesänge sind da schwer vorstellbar, denn das Kriegerische ist nun einmal nicht die Sache des Frauenfußballs.
Einem Spiel von Frauenmannschaften sieht man ruhiger zu, sozusagen mit mehr Distanz. Man wird weniger gefesselt als vielmehr, sagen wir, gelockt, sich das anzusehen. Und dann kann man schon seinen Spaß haben.
Zum einen, weil die Spiele in der Regel störungsfreier ablaufen. Es gibt weniger Fouls als bei den Männern, weniger Verletzungspausen. Kaum einmal wird ein Spiel "zerpfiffen".
Daß es weniger solche Pausen gibt, liegt nicht nur daran, daß die Frauen mit weniger Körpereinsatz spielen, sondern es gibt überhaupt weniger Zweikämpfe. Ballverluste kommen, so scheint es mir, vergleichsweise häufiger durch Fehlpässe zustande als dadurch, daß der Gegnerin der Ball abgenommen wird. Der Ball läuft länger. Man kann dadurch mehr schöne, komplexe Spielzüge sehen.
Es werden nach meinem Eindruck auch mehr weite Pässe gespielt als meist im Männerfußball, so daß es schneller hin- und hergeht. Eine verbissene Störerei im Mittelfeld, die das Spiel zu einer Art Grabenkrieg macht, habe ich beim Frauenfußball selten gesehen. Sie wäre wohl auch einfach zu kraftraubend, wie auch ein ständiges frühes Tackling.
Kurz, der Unterschied ist im Grunde ähnlich wie der zwischen Herren- und Damentennis. Das Herrentennis ist dynamischer, es hat mehr den Charakter eines Kampfs. Aber das Damentennis hat seinen Reiz durch ein variableres Spiel. Langweiliges Serve-and-Volley, bei dem nach dem dritten Schlag der Punkt gespielt ist, gibt es seltener.
Eine weitere Besonderheit des Frauenfußballs sind die vielen Tore. Bei der Weltmeisterschaft 2007 in China spielte Deutschland gegen Argentinien in Schanghai 11:0. Spiele, die 0:0 ausgehen, sind selten; Kantersiege kommen oft vor. In der letzten Saison der Bundesliga der Frauen fielen im Schnitt 4,17 Tore pro Spiel. Bei den Männern waren es 2,92 Tore.
Dieser Wert von knapp drei Toren pro Spiel entspricht dem Durchschnitt, der für den Fußball der Männer typisch ist. Dabei ist eine sinkende Tendenz zu beobachten; wie man zum Beispiel anhand der Tore pro Spiel bei den Weltmeisterschaften sehen kann, deren Anzahl seit Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts stetig zurückging. Je athletischer der Fußball wird, umso effizienter können offenbar Tore verhindert werden.
Wer gern Tore sieht, der wird also - jedenfalls unter diesem Aspekt - am Frauenfußball seine Freude haben. Manchmal freilich werden es zu viele. Wie beim Handball, wie beim Basketball, können die vielen Tore schnell langweilig werden. Das Tor beim Männerfußball ist ein seltenes Ereignis. Da wird viel mehr an Spannung aufgebaut und im Torschrei orgiastisch gelöst, als wenn Tore so geschossen werden, wie man Brötchen backt.
Der Frauenfußball ist eben ein anderes Spiel als der Fußball der Männer; als der - wenn Sie mir diese nüchterne Feststellung erlauben - eigentliche Fußball, dieser friedliche Krieg.
Frauen eignen sich nicht zum Kriegführen. Ein Kaffekränzchen ist ein Spiel von Fußballerinnen gewiß nicht, aber eben auch nicht dieser verbissene Kampf Mann gegen Mann.
Wenn man diesen erwartet - wenn man den Frauenfußball so betrachtet, als sei er gewissermaßen ein defizienter Modus des Männerfußballs - , dann wird man vermutlich von den Spielen dieser WM enttäuscht werden. Denn Bundesliga-Niveau wird man nicht erwarten dürfen, geschweige denn Weltklasse, gemessen an dem, was wir vom Fußball gewohnt sind. Gemessen eben an dem, was Fußball spielende Männer heutzutage an Schnelligkeit, an Athletik bieten.
Wenn man aber das nicht erwartet, sondern ein unterhaltsames, vielleicht sogar spannendes Spiel in einer im Grunde anderen Sportart, dann kann man am Frauenfußball seinen Spaß haben. Ich werde mir das heutige Spiel ansehen.
Wahrscheinlich wird es viele Zuschauer haben. Denn nach dem, was ich so höre, wollen es sich auch Frauen ansehen, die sonst selten vor dem Bildschirm oder gar beim Public Viewing zu finden sind, wenn Fußball läuft.
Unter anderem - behauptete ich - ist das so, weil aus dem Mannschaftsspiel für Augenblicke ein Zweikampf wird, der Kampf "Mann gegen Mann", das "Abjagen des Balles" oder eben seine erfolgreiche Verteidigung. Dazu gab es eine Anmerkung zum Frauenfußball:
Für Sekunden wird aus dem Mannschaftssport ein Einzelsport, der Kampf Mann gegen Mann. Der "Bodycheck" ist ein wesentlicher Teil des Spiels (und vermutlich ein Grund dafür, daß Frauenfußball trotz allen Mühens nicht so recht populär wird).Das sehe ich immer noch so. Dennoch möchte ich - nein, keine "Lanze brechen" für den Frauenfußball, dessen Weltmeisterschaft heute eröffnet wird. Aber doch sagen, warum ich im Lauf der Zeit Gefallen daran gefunden habe, auch einmal Frauenfußball anzugucken.
Vieles, was den Fußball der Männer auszeichnet, fehlt dem Frauenfußball - das Athletische, die Aggressivität, eben dieser "Kampf Mann gegen Mann". Das ist dort nur als schwacher Abklatsch zu sehen.
Daß Frauenfußball jemals die Emotionen erweckt, die Begeisterung, die in einem Fußballstadion herrschen kann, glaube ich nicht. Schlachtgesänge sind da schwer vorstellbar, denn das Kriegerische ist nun einmal nicht die Sache des Frauenfußballs.
Einem Spiel von Frauenmannschaften sieht man ruhiger zu, sozusagen mit mehr Distanz. Man wird weniger gefesselt als vielmehr, sagen wir, gelockt, sich das anzusehen. Und dann kann man schon seinen Spaß haben.
Zum einen, weil die Spiele in der Regel störungsfreier ablaufen. Es gibt weniger Fouls als bei den Männern, weniger Verletzungspausen. Kaum einmal wird ein Spiel "zerpfiffen".
Daß es weniger solche Pausen gibt, liegt nicht nur daran, daß die Frauen mit weniger Körpereinsatz spielen, sondern es gibt überhaupt weniger Zweikämpfe. Ballverluste kommen, so scheint es mir, vergleichsweise häufiger durch Fehlpässe zustande als dadurch, daß der Gegnerin der Ball abgenommen wird. Der Ball läuft länger. Man kann dadurch mehr schöne, komplexe Spielzüge sehen.
Es werden nach meinem Eindruck auch mehr weite Pässe gespielt als meist im Männerfußball, so daß es schneller hin- und hergeht. Eine verbissene Störerei im Mittelfeld, die das Spiel zu einer Art Grabenkrieg macht, habe ich beim Frauenfußball selten gesehen. Sie wäre wohl auch einfach zu kraftraubend, wie auch ein ständiges frühes Tackling.
Kurz, der Unterschied ist im Grunde ähnlich wie der zwischen Herren- und Damentennis. Das Herrentennis ist dynamischer, es hat mehr den Charakter eines Kampfs. Aber das Damentennis hat seinen Reiz durch ein variableres Spiel. Langweiliges Serve-and-Volley, bei dem nach dem dritten Schlag der Punkt gespielt ist, gibt es seltener.
Eine weitere Besonderheit des Frauenfußballs sind die vielen Tore. Bei der Weltmeisterschaft 2007 in China spielte Deutschland gegen Argentinien in Schanghai 11:0. Spiele, die 0:0 ausgehen, sind selten; Kantersiege kommen oft vor. In der letzten Saison der Bundesliga der Frauen fielen im Schnitt 4,17 Tore pro Spiel. Bei den Männern waren es 2,92 Tore.
Dieser Wert von knapp drei Toren pro Spiel entspricht dem Durchschnitt, der für den Fußball der Männer typisch ist. Dabei ist eine sinkende Tendenz zu beobachten; wie man zum Beispiel anhand der Tore pro Spiel bei den Weltmeisterschaften sehen kann, deren Anzahl seit Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts stetig zurückging. Je athletischer der Fußball wird, umso effizienter können offenbar Tore verhindert werden.
Wer gern Tore sieht, der wird also - jedenfalls unter diesem Aspekt - am Frauenfußball seine Freude haben. Manchmal freilich werden es zu viele. Wie beim Handball, wie beim Basketball, können die vielen Tore schnell langweilig werden. Das Tor beim Männerfußball ist ein seltenes Ereignis. Da wird viel mehr an Spannung aufgebaut und im Torschrei orgiastisch gelöst, als wenn Tore so geschossen werden, wie man Brötchen backt.
Der Frauenfußball ist eben ein anderes Spiel als der Fußball der Männer; als der - wenn Sie mir diese nüchterne Feststellung erlauben - eigentliche Fußball, dieser friedliche Krieg.
Frauen eignen sich nicht zum Kriegführen. Ein Kaffekränzchen ist ein Spiel von Fußballerinnen gewiß nicht, aber eben auch nicht dieser verbissene Kampf Mann gegen Mann.
Wenn man diesen erwartet - wenn man den Frauenfußball so betrachtet, als sei er gewissermaßen ein defizienter Modus des Männerfußballs - , dann wird man vermutlich von den Spielen dieser WM enttäuscht werden. Denn Bundesliga-Niveau wird man nicht erwarten dürfen, geschweige denn Weltklasse, gemessen an dem, was wir vom Fußball gewohnt sind. Gemessen eben an dem, was Fußball spielende Männer heutzutage an Schnelligkeit, an Athletik bieten.
Wenn man aber das nicht erwartet, sondern ein unterhaltsames, vielleicht sogar spannendes Spiel in einer im Grunde anderen Sportart, dann kann man am Frauenfußball seinen Spaß haben. Ich werde mir das heutige Spiel ansehen.
Wahrscheinlich wird es viele Zuschauer haben. Denn nach dem, was ich so höre, wollen es sich auch Frauen ansehen, die sonst selten vor dem Bildschirm oder gar beim Public Viewing zu finden sind, wenn Fußball läuft.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Dies ist die überarbeitete Version eines Artikels, der vor vier Jahren zur Frauenfußball-Weltmeisterschaft in China erschien. Abbildung: Frauenfußball in Portsmouth (England) 1917. Foto in der Public Domain.