11. Juni 2021

Arroganz und die Frage der Intelligenz. Ein (kleiner) Gedankensplitter.

Ein kleines Streiflicht. Nicht unbedingt die wichtigste Erkenntnis der letzten Jahre, aber doch vielleicht mal zwischenzeitlich unterhaltsam. 

Bei aller Kritik an Youtube (und da habe ich eine Menge von), so ist eines der mächtigsten und besten Features das Vorschlagen von Videos "die einem gefallen könnten". Und heute hat mir Youtube eine kleine Unterhaltung geschickt, die wirklich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert ist und die ich wirklich jedem empfehlen würde sich einmal vollständig anzusehen:





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Und? Angesehen? Dann gehts hier weiter:

Ich denke man kann viel, sehr viel aus diesem Video mitnehmen, von ganz einfachen Erkenntnissen bis zu einigen Aussagen über unsere Gesellschaft an sich.

Ganz billig mitzunehmen ist sicher die Erkenntnis, dass Intelligenz nicht gleichbedeutend ist mit (formaler) Bildung. Die Teilnehmerin mit der höchsten formalen Bildung (Doktorhut), Maria, landet weit abgeschlagen auf dem letzten Platz des IQ Tests. Umgekehrt liegt ihr Konterpart, der Soldat mit dem High-School Abschluss (vergleichbar irgendwo zwischen Abitur und Realschulabschluss), Tyler, auf einem guten dritten Platz mit einem IQ von 131, vor allem damit aber mehr als eine Standardabweichung vor der promovierten Dame. 

Auch gut zu beobachten dürfte hier der Dunning-Kruger Effekt sein, oder zumindest ein direkter Verwandter davon, da die besagte promovierte Dame nicht nur den Soldaten, aufgrund seiner Tätigkeit und seiner Ausbildung quasi als dumm einschätzt (und ihm das auch mehr oder minder direkt ins Gesicht sagt), sondern auch ihre eigene Intelligenz massiv überschätzt. Und ich neige zur Behauptung, das würde einem klügeren Menschen nicht passieren. Das ist hier auch gut nachgezeichnet: In der klügeren Teilgruppe (IQ 131-136), die ja ziemlich ähnlich liegen, war eine ziemlich realistische Einschätzung der eigenen(!) Positionierung vorhanden. Auch der "Künstler" war sich bewusst darüber, dass er am unteren Ende liegen würde. Lediglich der "dümmste" Teilnehmer hat sich massiv überschätzt. Das ist Dunning-Kruger, wie er im Buche steht (wobei man fairerweise natürlich sagen muss, dass auch ein IQ von 112 nicht peinlich ist, die ganze Gruppe ist ziemlich hoch). 

Was man an dem Video auch wunderbar sehen kann ist das feste Verharren in Vorurteilen, ja Bestehen auf eben selbigen. Bevor der Test gemacht wurde, waren sich alle (vergleichsweise) einig, dass Intelligenz etwas quantifizierbares ist und das bei einer solchen Messung eine Verteilung herauskommen würde, wie sie sie einschätzen. Als sich dann das Gegenteil herausstellt, man sozusagen auf seine Vorurteile hin gestoßen wird, ist das alles nicht mehr viel wert. Plötzlich ist Intelligenz viel mehr, als dieser doofe Test misst.  Warum? Weil natürlich dann das eigene Vorurteil nicht mehr greift. Das vielleicht die viel simplere Erklärung greift, dass man sich in seinem ersten Vorurteil geirrt hat, scheint gerade eben nicht nahe liegend zu sein. Und das durchaus unter Leuten, die insgesamt nicht gerade blöde sind. 

Ebenso frappierend heftig war die Tendenz der Teilnehmer einen einzelnen aufgrund seiner Tätigkeit als dümmsten einzuschätzen. Hier kommt natürlich die spezielle Entwicklung der amerikanischen Gesellschaft hinzu, die Soldaten mehr und mehr als negativ, bzw. dämlich abzustempeln sucht. Aber es ist schon bezeichnend, wie stark sich die Verachtung der Person ausdrückt, weil er eine Tätigkeit ausübt, die im politisch korrekten Kanon mehr und mehr unter Druck geraten ist. Ich kann in den Aussagen des Soldaten nichts erkennen was auf eine niedrige Intelligenz hindeuten würde, er ist sehr direkt, von sich selbst überzeugt und er schwurbelt nicht im Ansatz irgendwo herum. Ist das heute schon ein Zeichen von niedriger Intelligenz? 

Natürlich kann man aus einer Probe von sechs Leuten keine großen Verallgemeinerungen ableiten, aber die Verachtung bestimmter Berufe ist mir der öfteren begegnet. Standesdünkel ist nicht auf den akademischen Bereich beschränkt (auch wenn er sich dort am stärksten auslebt). Es gibt eine bestimmte Verachtung für Berufe, die nicht mehr dem politisch korrekten Bild entsprechen. 

Und natürlich ist Intelligenz mit "Bildungserfolg" korreliert. Aber es ist eben nur eine Korrelation und nicht mehr. Es gibt sehr dumme Akademiker und durchaus sehr clevere Arbeiter (und wie man hier sieht, auch recht kluge Soldaten). 

Ich jedenfalls möchte aus diesem kleinen Stückchen Video eins mitnehmen: Wir haben alle unsere Vorurteile und sie helfen uns auch die Welt besser zu handeln, als wenn wir nichts für gegeben annehmen. Aber man sollte sich über diese dennoch bewusst sein, sonst steht man am Ende in einer Reihe von sechs Leuten und sieht ziemlich dumm aus der Wäsche. Zurecht. :)


Llarian

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