Zu dem Zeitpunkt, an dem ich diese Zeilen schreibe, ist es nicht 50 Jahre, sondern genau ein halbes Jahrhundert und zehn Tage her, seit zum ersten Mal ein Mensch auf einem anderen Himmelskörper Spuren hinterlassen hat - denn der Ausstieg von Neil Armstrong erfolgte nach Mitteleuropäischer Zeit um 2 Uhr und 56 Minuten, gut drei Stunden nach dem Datumswechsel und gut sieben Stunden, nachdem die Mondfähre - das LEM, das Lunar Excursion Module um 20 Uhr 17 Universal Time (also der Zeitzone von Greenwich) im Mare Tranquillitatis, dem Meer der Ruhe, aufgesetzt hatte. Und es ist sieben Tage plus ein Halbjahrhundert vergangen, seit die Kommandokapsel Columbia von einem Sikorski Sea King-Helikopter nach ihrem "Rücksturz zur Erde" im Pazifik an Bord des Flugzeugträgers U.S.S. Hornet gehievt worden war. Die drei Astronauten Neil Armstrong, Edwin "Buzz" Aldrin und Michael Collins verblieben allerdings noch bis zum 10. August in der präventiven Isolation ihrer winzigen Monade isoliert, bis, nach menschlichem Ermessen, sichergestellt war, daß kein irgendwie gearteter Keim, keine unbekannte Gefahr durch den kontakt mit dem außerirdischen Material zur Gefahr zu werden drohte. Niemand hatte ernsthaft mit einer solchen Möglichkeit gerechnet wie sie zwei Jahre später etwa der Film The Andromeda Strain, dt. Andromeda - Tödlicher Staub aus dem All als Katastrophenfall durchspielte; aber angesichts der absoluten Neuheit, des allerersten menschlichen Kontakts mit dem Extraterrestrischen wollte die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA jegliches denkbare Restrisiko nach Möglichkeit minimieren. (Während der Pause zwischen den beiden Mondexkursionen, als sie Helme absetzten und während sie die insgesamt 21 Kilogramm eingesammelten Gesteins auf dem Gitterboden der Mondfähre für den Start vom Mond gleichmäßig verteilten, um eine Unwucht bei der Beschleunigung zu vermeiden, hatten die beiden Astronauten übrigens von "einem scharfen, an den Geruch von heißem Kupfer" erinnernden Geruch berichtet, der vom Mondgestein ausging.)
An die Einzelheiten dieser ersten von insgesamt sechs Mondmissionen ist in den Medien während der vorigen Woche ausführlich erinnert worden. Zugleich fiel aber auch ins Auge, in welche historische Ferne, dieses Ereignis mittlerweile doch gerückt ist - wie sehr dem Unterfangen Mondlandung im Rückblick jene metaphorische, beinahe schicksalshafte Aufladung abgeht, die im Vorfeld - zumindest bei den Propagandisten und Pionieren der bemannten Raumfahrt - dieser "Aufbruch ins All" begleitet worden war - jener Aspekt, den der deutsche Ingenieur Krafft Ehricke (der nach Kriegsende als Mitarbeiter Wernher von Brauns im Rahmen des Unternehmens Paperclip in die USA geholt worden war) in den frühen sechziger Jahren als "Weltraumgedanken" zu formulieren versucht hatte: daß es nun darum gehe, mit Menschen die näheren Bereiche unseres Sonnensystems zu erkunden, eine dauerhafte menschliche Präsenz auf dem Mond und dem Mars zu etablieren, der Menschheit ein weiteres, viele weitere Standbeine außerhalb ihres blauen Heimatplaneten zu verschaffen. Formuliert hatte dieses Telos schon der allererste Pionier der Raumfahrt, Konstantin Ziolkowski, in seinem frühen Werk Грёзы о земле и небе ("Träume von Erde und Himmel") von 1895, als der etwa formulierte, die Erde sei die Wiege der Menschheit, aber man könne nicht das gesamte Leben in der Wiege zubringen. Für die imaginäre Literatur, die sich mit diesem Aspekt des notwendigerweise Zukünftigen - und das meint in letzter Konsequenz: mit dem gesamten zukünftigen Schicksal der Menschheit als Gattung - sei es erfolgreich oder dabei scheiternd - befaßt hat, war dieser Aufbruch stets nur ein allererster kleiner Schritt. In der Tat nur ein sowohl "winziger Schritt für einen Menschen," wie es Neil Armstrong formulierte, als er den linken Stiefel von Landeteller des Beins der Mondfähre setzte, um den ersten scharfkantigen Fußabdruck im feinkörnigen Regolith zu hinterlassen (obwohl, wie man auf allen Aufzeichnungen des Funkverkehrs leicht nachhören kann, er den unbestimmten Artikel in der Aufregung fortgelassen hat) wie auch ein "gewaltiger Sprung für die Menschheit". Für die tatsächliche Planung eines solchen Aufbruchs ins All, in die dauerhafte Präsenz von Genus homo außerhalb des unmittelbaren Bereichs des Blauen Planeten, der kosmischen Heimat, sah dies stets anders aus - und, aus fünf Jahrzehnten Abstand betrachtet, sieht es nicht aus, als ob sich daran für die nächsten Jahrzehnte, Generationen oder Jahrhunderte etwas ändern wird.
Konkret hat es selbst bei "Plänen", bei angekündigten Projekten, was denn nun auf diesen ersten Schritt auf dem Weg des titius, altius, fortius, des Höher und Weiter, folgen sollte, nur die Aussicht auf eine bemannte Marslandung gegeben - die von dem ersten Konkretisierungen der tatsächlichen Möglichkeiten der bemannten Raumfahrt, wie sie in den drei Symposien des Hayden Planetariums zwischen 1952 und 1954 ausgearbeitet worden waren und als Pläne, Illustrationen und Rißzeichnungen die Hochglanzseiten von Collier's Magazine füllten - schon als konkret durchgerechnetes Unterfangen präsentiert worden war. Dabei ist es bislang - soweit denn überhaupt tatsächliche Ziele genannt wurden und nicht vage-idealistische Prinzipenbeschwörung angesagt war - geblieben. Und auch daran zeigt sich das Verblassen dieser Aufbruchsvision: Zum zwanzigsten Jahrestag der Landung von Apollo 11, am 20. Juli 1989, stellte der damaligen US-Präsident George H.W. Bush der NASA die Aufgabe - innerhalb der nächsten dreißig Jahre ein Team von Raumfahrern zum Roten Nachbarplaneten und zurück zu befördern - in Anlehnung an jene Aufforderung von John F. Kennedy, die - eben weil sie in Erfüllung gegangen ist - so etwas wie ein Vermächtnis darstellt: sein Auftrag an die NASA, als Antwort auf die erste bemannte Erdumkreisung von Jurij Gagarin in April 1961, vor dem Ablauf des Jahrzehnts, "before this decade is out", einen Menschen sicher zum Erdtrabanten und zurück zu bringen. Aus Bushs Aufforderung ist bekanntlich nichts geworden: sieben Jahre später, im Spätherbst 1996, hat die NASA alle offiziellen Planungen und Überlegungen dazu eingestellt, weil eine Umsetzung im gegebenen Zeitrahmen und unter den in Aussicht gestellten finanziellen Mitteln illusorisch schien.
Ob die von Präsident Trump für 2024 anvisierten Neuauflage der bemannten Mondlandung - ob nun allein mit der NASA, oder in Zusammenarbeit mit dem (erfolgreichen) Privatunternehmen Elon Musks, SpaceX, oder dem bislang glücklosen Virgin Galactic von Jeff Bezos - dürfte aus heutiger Sicht noch, und dies im Wortsinn, "in den Sternen stehen". Vor vier Monaten ist dieses Unterfangen in "Project Artemis" umbenannt worden. Ausschließen möchte man es nicht, angesichts der Erfolge, die SpaceX mit den zahlreichen Starts seiner Booster Falcon 9 und Falcon Heavy in den letzten Jahren für sich verbuchen konnte - und die man, als kritischer Beobachter, noch vor 20 Jahren, oder gar zum Zeitpunkt des Apollo-Projekts selbst, für ein Privatunternehmen kategorisch ausgeschlossen hätte. Andererseits zeigt die Erfahrung des letzten Jahre, daß gerade SpaceX seinen verkündeten Zeitplänen oft um Jahre hinterdrein bleibt. Elon Musk, den man ohne Zweifel als nicht nur als bemerkenswerten Unternehmer würdigen muß, darf auf der anderen Seite auch als "mad scientist" gesehen werden, als wirklichkeitsenthobener Visionär, dessen Wolkenkuckucksheime mitunter Zweifel zulassen, ob er nicht die Schranken des Realen um (metaphorisch gesprochen) Lichtjahre hinter sich gelassen hat. Seine Ankündigung, ab dem Jahr 2025 "den Mars zu besiedeln", und zwar indem er jeweils einhundert Pioniere pro Raketenflug dorthin befördert, fällt ohne Zweifel in diese Kategorie; desgleichen der im vergangenen September lancierte Plan, den japanischen Milliardär Yusaku Maezawa mitsamt acht Künstlern 2023 auf eine Umkreisung des Mondes zu schicken, um über die dort "vor Ort" geschaffenen Kunstwerke Begeisterung für ein neues Raumfahrtzeitalter zu wecken. All dies scheint eher einem Fieberdelir zu gleichen als der harten, bis ins letzte Gramm, bis zum letzten Kilonewton durchkalkulierten Faktizität, der die Raumflüge und Sondenmissionen der letzen 60 Jahre ihren Erfolg verdanken. Genau darin liegt natürlich auch ein gewisser, wenn auch nicht ganz von Morbidität freier Reiz für den skeptischen Beobachter. Das Starhopper genannte Trumm, das als Prototyp für das Starship in den letzten Monaten in Boca Raton, genau an der Grenze zwischen Texas und Mexiko zusammengeschweißt worden ist und vor fünf Tagen seinen ersten kurzen zweiminütigen Schwebeflug in zwei Meter Höhe absolviert hat, erinnert zumindest den Protokollanten erstaunlich an jener "Raumschiffe", die in den Jugendromanen des SF-Genres, als sich eine kleine Unterabteilung des Genres auf die krass-konkreten Erst-Umsetzungen kaprizierten, von verrückten Erfindern und ihren Neffen im Hinterhof zusammengeschweißt wurden, um dann der staunenden Mitwelt zu zeigen, was "echter Pioniergeist" vermag. Robert A. Heinleins erster Jugendroman von 1947, Rocket Ship Galileo, dürfte in den USA das bekannteste Beispiel sein (wie auch der darauf beruhende Film von George Pal von 1950, Destination Moon, der der erste Science Fiction-Film war, mit dem Hollywood nach dem Krieg wieder in das Geschäft mit spekulativen Sujets einstieg; in Heinleins Roman entdecken die tapferen Pioniere, die den Mond in ihrem nie erprobten Prototyp erreichen, überigens auf dessen Rückseite eine geheime Basis von verbliebenen Nazis aus dem Dritten Reich - die, pikanterweise, sich dort erst nach Kriegsende niedergelassen haben, nachdem sie die nötigen Bauteile in den Vereinigten Staaten haben fertigen lassen...); das Muster dafür hat Cavor in H. G. Wells' The First Men in the Moon 1901 bereitgestellt; im Deutschsprachigen Bereich dürfte das vor 50 Jahren bekannteste Beispiel Walter Ernstings Das Marsabenteuer von 1966 darstellen (das sich, ein glatter Verstoß gegen alle auktoriale Ethik, als bloßer Traum entpuppt). Man möchte solchen Ausflügen ins Irreale gern Erfolg wünschen, doch bis es soweit ist, gilt die skeptische Bemerkung eines doubting Thomas auf Facebook: "I can't help it, but that thing looks only fit to crash and burn." (Den Protokollanten beschleicht des weiteren auch der Verdacht, Musk habe sich bei seinem Vorhaben, eine Hundertschaft als Pioniere auf den Mars vorzuschicken - ohne anscheinend einen Gedanken an eine dortige nötige Infrastruktur aufzuwenden - ebenfalls ungebührlich literarisch inspirieren lassen: in diesem Fall vom ersten Band von Kim Stanley Robinsons Mars-Trilogie, Red Mars von 1992, dessen "first hundred" im damals noch etwas weiter enfernt liegenden Zukunftsjahr 2026 mit der Umwandlung des Roten Planeten in eine zweite Menshcheitsheimat beginnen.)
Von diesen vagen Möglichkeiten einmal abgesehen: welche Möglichkeiten würden sich, nüchtern betrachtet, für eine tatsächliche Präsenz von Menschen außerhalb der Erde anbieten? Neben dem Erdtrabanten - egal ob nur als Stippvisite oder in einer auf Dauer eingerichteten Mondstation - käme tatsächlich nur, auch hier in den beiden denkbaren Varianten - der Mars in Frage. Beide Himmelskörper sind absolut lebensfeindlich; die Aussicht, eine Infrastruktur dort aufzubauen, die es, etwa über die Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen, erlauben würde, daß sich dortige Stationen selbst versorgen könnten, sind zwar nette literarische Sandkastenspiele, dürften aber, nicht nur für die nächsten Jahrhunderte, sondern Jahrtausende, außerhalb jeder relelen Umsetzung liegen. Solche Stationen würden dem bisher einzigen tatsächlichen Außenposten der Menschheit gleichen: der ISS. Sie wären eine Art Raumstation auf festem Boden, angewiesen auf fortlaufende Versorgung durch Transportflüge, durch die Versorung mit schlicht allem, was für die Aufrechterhaltung dieser Präsenz vonnöten wäre: von jeder Schraube, jedem Ventil, jedem Mikroprozessor und allen Chemikalien, die sich nicht durch schlichte Aufarbeitung problemlos aus dem Boden von Mond oder Mars gewinnen ließen. Und anders als bei der ISS wäre ein solcher Transport nicht eine Frage, ein oder mehrere Tonnen Material in eine Umlaufbahn von 400 Kilometern Höhe zu transportieren, sondern sie über eine halbe Million Kilometer (im Fall des Mondes) oder gut 150 Millionen Kilometer (im Fall des Mars) zu transportieren, am Ziel abzubremsen und weich - jedenfalls zerstörungsfrei - zu landen. Man braucht kein ökonomisches Genie zu sein, um die Aussicht, daß sich ein solches Unternehmen jemals von allein tragen könnte, als illusorisch zu kategorisieren. Und mit dem Mars - ein kleiner Punkt, der implizit in den oben erwähnten visionären Schriften mitschwingt, oder kaum offen ausgeführt wird: darüber hinaus dürfte unser Sonnensystem auch weiterhin für Genus homo unbetreten bleiben: der Merkur, die Gluthölle der Venus, die in tödlicher Strahlung gebadeten Eiskammern der Monde der großen Gasplaneten mit Temperaturen von minus 170 Grad Celsius: all das wird die Menschheit auch künftig nur durch die Photoaugen von Sonden in Augenschein nehmen können, von Robotern, bei denen es nicht darauf ankommt, daß sie Jahrzehnte zum Erreichen ihrer Destinationen benötigen, die keiner Lebenserhaltungssysteme bedürfen, um irdischen Lebensformen zu ermöglichen, sich an dicken Bullaugen die Nase plattzudrücken, um die Panoramen aus Eis und Sterndunkel "mit eigenen Augen" gesehen zu haben. Das Beispiel der Internationalen Raumstation ISS ist bezeichnend: Seit dem Jahr 2000 ist sie beständig besetzt, seit fast zwei Jahrzehnten, von insgesamt 56 Teams, "Expeditionen" genannt - fast ungesehen, kaum wahrgenommen, so unbemerkt, wie die menschliche Präsenz auf der Eiswelt von SOL III, Antarktis genannt, deren 37 dauerhafte bewohnte Außenposten mit gut eintausend Bewohnern während der in monatelanger Nacht liegenden Nacht von einem guten Tausend auf 4000 während der Sommermonate ansteigt - die aber, anders als zu den Pionierzeiten von Scott, Amundsen und Shackleton vor einem Jahrhundert, keine Aufmerksamkeit mehr für sich verbuchen können. Und so, genau so, würde es ihren Brüdern und Schwestern auf Mond und Mars ebenfalls ergehen - sollten dort tatsächlich Stationen für eine auf Dauer angelegte "Besiedlung" eingerichtet werden: kleine Monaden (das Wort fiel oben schon), deren Umgebung nur im Raumanzug zu betreten wäre, eine Existenz auf den Dimensionen eines Reagenzglases.
Und doch: es gibt einen weiteren Aspekt jenes kurzen Ausflugs von vor einem halben Jahrhundert auf den Erdtrabanten, der zum Markenzeichen dieses Unterfangen geworden ist: nämlich der Blick vom Mond auf die Erde. Damit ist nicht der Blick der Astronauten von der Mondoberfläche gemeint - sämtliche Landungen fanden in der Nähe des Mondäquators statt; die stets von 70% von weißen Wolken verhüllte Erde stand jedes Mal im Zenith - sondern jene Aufnahmen, die den Blauen Planeten als Kugel, als Planeten, als Himmelskörper vor der Schwärze des Alls zeigen - angefangen mit jenem berühmten Bild, daß ein halbes Jahr, am 24 Dezember 1968, auf dem Flug von Apollo 8 entstand, nachdem aus der Sicht der Raumkapsel um 5 Minuten nach 9 Uhr abends unsere kosmische Heimat zum ersten Mal über den toten Lavawüsten des Mare Imbrium in den leeren Raum aufstieg - ein nicht zu überbietender Kontrast zur absoluten Lebensfeindlichkeit des Vordergrunds wie auch der Unendlichkeit, vor der sie stand: das Blau der Meere und der Atmosphäre, das Braun und Grün der Erdoberfläche, nur schemenhaft unter den zerrissenen, sich endlos wandelnden Bändern des Wolken auszumachen: ein Etwas, das unübersehbar lebt und Leben birgt: "... to locate in blackness, with a gasp / Terra the Fair, an orbicle of jasp," wie John Shade es, sieben Jahre zuvor, in den Zeilen 557 und 558 seines Großgedichts Pale Fire formuliert hatte. oder, in den Worten von Lewis Thomas fünf Jahre später:
Viewed from the distance of the moon, the astonishing thing about the earth, catching the breath, is that it is alive. The photographs show the dry, pounded surface of the moon in the foreground, dry as an old bone. Aloft, floating free beneath the moist, gleaming, membrane of bright blue sky, is the rising earth, the only exuberant thing in this part of the cosmos. (The Lives of a Cell, 1974)
Wollte man es, ganz in der Tradition etwa des deutschen Idealismus Schelling'scher Ausprägung, mit einem leichten Hauch von Mystizismis, ausdrücken, ließe sich formulieren: in jenen Bildern zeigt sich etwas, was Verhaltensforscher bei Tieren - jedenfalls solchen, denen sie Ansätze von Selbst und Reflektionsvermögen zuzuschreiben gewillt sind - als Lackmustest der Selbsterkenntnis verbuchen: nämlich die Fähigkeit, sich selbst in einem Spiegelbild zu erkennen. Hier hat sich, zum ersten Mal, auf konkret erfahrbare Weise, fast instinktiv, die Erde zum ersten Mal in einem Spiegel erkannt. Natürlich nicht "die Erde" selbst. Sie denkt nicht, sie reflektiert nicht, ihr Wissen nimmt nicht zu, das millionenfache Leben auf ihr agiert blind. Aber es gibt auf ihr eine kleine Spezies, nicht besonders zahlreich, gemessen an Millionen anderer Spezies, die, über die Jahrtausende hinweg, diese Fähigkeit entwickelt und kultiviert hat, die sich das Denken und Reflektieren beigebracht hat, die, wenn sie über sich hinauswächst, die Suche nach Erkenntnis und Wahrheit immer weiter perfektioniert hat, die die Methoden und Werkzeuge dafür bereitstellt und dieses Wissen bewahrt. Die um die eigene Geschichte, die eigenen Begrenzungen weiß. Die, auf welch unvollkommene Weise auch immer, so etwas wie das Gehirn dieses Planeten darstellt. Und von der man eben durchaus sagen kann, sie habe hier, zum ersten Mal, wirklich in einen Spiegel geschaut. (Natürlich hat dieser Erkenntnisprozess einen Jahrhunderte andauernden Vorlauf, natürlich ist diese Erkenntnis schon lange vor diesen Bildern formuliert worden. Aber sie bündeln all das, was zu diesem Moment nötig war, in einer einzigartigen Weise.) Das Photo des blauen Erde in der Leere des Alls wurde sofort nach seiner Publikation zum Symbol für die fragile Erde; Präsident Richard Nixon verschickte im Februar 1969 Abzüge an fast alle Staatschefs der Erde; einschließlich Ho Chi Minhs. Und man darf - neben zahlreichen anderen Einflüssen, die in das Phänomen Eingang fanden - darin einen der auslösenden Faktoren dessen sehen, was uns heute als "ökologisch", "nachhaltig", als Epitome "grünen Denkens" geläufig ist; der erste "Earth Day" in April 1970 trug dieses Bild als allgegenwärtiges Signum. Die "Verletzlichkeit der einen Erde" ist seitdem zu einem Standardtopos der apokalyptischen Grundierung geworden, von denen dieses "grünen Denken" seitdem ohne Unterlaß zehrt, das es als betäubenden basso ostinato permanent auf allen Kanälen sendet, mit welchselnden apokalyptischen Reitern, die uns allen, samt Mutter Erde, mit Vernichtung bedrohen - in einem Jahrzehnt, in zweien, mit Sicherheit aber im einer, höchstens zwei Generationen. Um im Bild zu bleiben: es könnte durchaus sein - und der Protokollant hält es für absolut ausgemacht - daß es sich bei dieser Sichtweise um einen grundlegenden Irrtum handelt. Der Selbsterkenntnis beim Blick in den kosmischen Spiegel ist ein pubertäres Irrsein gefolgt: so wie das Nachdenken über die eigene Beschränktheit, die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit bei einzelnen Jugendlichen Depressionen auflösen kann, Verzweiflung an der Welt, ein absolutes, nihilistisches Aufbegehren - so hat das ebenso nihilistische Beschwören der Winzigkeit und anscheinenden Fragilität unserer kosmischen Heimat den Eindruck erweckt, die Menschheit sei imstande, dieses System mit ein paar kaum meßbaren Auswirkungen beim Entwickeln einer hochtechnologischen Zivilisation nicht nur "aus dem Gleichgewicht" zu bringen, sondern unwiderruflich zu beschädigen, zu vernichten, die Biosphäre ein für allemal zu zerstören. Nichts könnte falscher sein: Die Erde befindet sich nicht "im Gleichgewicht"; Leben ist per se ein anisotropischer Vorgang, weit von jedem physikalischen wie chemischem Equilibrium entfernt, ein beständig, seit Jahrmilliarden aufrechterhaltenes Ungleichgewicht, das die Parameter für die Spezies, die dafür sorgen und es erhalten, in außerordentlich engen Grenzen gehalten hat; ein Makrosystem, das Eiszeiten, Kontinentalverschiebungen, das Entstehen und Sich-Schließen von Meeres, die Entstehung zahlloser neuer Arten und ein um das andere verheerende Asteroiden-Einschläge, die bis zu 90% alles Lebens vernichtetet haben, stets wieder ausgeglichen hat. Wenn die Erfahrung aus dem Zusammenbruch des größten humanen Umweltzerstörung, die es je in der Geschichte gegeben hat - nämlich der brachialen Industralisierung des Kasernensozialismus bis vor 30 Jahren - eins lehrt, dann dies: die Natur läßt sich nicht unterkriegen; die Rückverwandlung in tatsächlich blühende Landschaften ist nicht einmal "eine Menschheitsaufgabe". Das Leben hat eine nicht zu korrumpierende Tendenz, verlorene Räume zurückzuerobern, sobald sich ihm die Chance dazu bietet. Eine solche Sicht ist, im Gegensatz zum Dafürhalten besorgter Zeitgenossen, alles andere als naiv und blauäugig: hinter ihr steht die Evidenz aus Abermillionen Jahren der Erdgeschichte - und, wenn sich die Besorgnis auf den Menschen fokussiert, Jahrtausende des Menschheitshistorie. Und das Bild zum dritten Mal zu bemühen: eine solche nüchterne Sicht auf die Resilienz unserer Heimstatt im Kosmos, auf die Gewißheit, daß es keinen Grund zu zweifeln gibt, daß dies auch so lange weiter Bestand haben wird, bis sich, im Milliarden von Jahren, unser Zentralgestirn zu einem Roten Riesenstern aufblasen und ihre inneren Planeten samt der Erde dann doch final verschlucken wird - eine solche Vision würde nach dem Delir des verzweifelten Jugendirreseins dem nüchternen, auch melancholisch getönten Blick des Erwachsenen entsprechen - melancholisch deshalb, weil die Gewißheit, daß der Himmel eben doch Grenze ist, daß uns "keine Zukunft im Kosmos" beschert ist, auch eine Absage an zahllose Zukunftsträume beinhaltet. Man könnte es einen "kosmischen Quietismus" nennen.
Die Vision von Apollo, von den Spuren, die, in Gestalt ihrer bislang zwölf Besucher, die Menschheit auf ihrem Trabanten hinterlassen hat, war immer auch ein Blick zurück. Ihr war immer die Rückkehr zur kleinen blauen Kugel eingeschrieben.
Von diesen vagen Möglichkeiten einmal abgesehen: welche Möglichkeiten würden sich, nüchtern betrachtet, für eine tatsächliche Präsenz von Menschen außerhalb der Erde anbieten? Neben dem Erdtrabanten - egal ob nur als Stippvisite oder in einer auf Dauer eingerichteten Mondstation - käme tatsächlich nur, auch hier in den beiden denkbaren Varianten - der Mars in Frage. Beide Himmelskörper sind absolut lebensfeindlich; die Aussicht, eine Infrastruktur dort aufzubauen, die es, etwa über die Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen, erlauben würde, daß sich dortige Stationen selbst versorgen könnten, sind zwar nette literarische Sandkastenspiele, dürften aber, nicht nur für die nächsten Jahrhunderte, sondern Jahrtausende, außerhalb jeder relelen Umsetzung liegen. Solche Stationen würden dem bisher einzigen tatsächlichen Außenposten der Menschheit gleichen: der ISS. Sie wären eine Art Raumstation auf festem Boden, angewiesen auf fortlaufende Versorgung durch Transportflüge, durch die Versorung mit schlicht allem, was für die Aufrechterhaltung dieser Präsenz vonnöten wäre: von jeder Schraube, jedem Ventil, jedem Mikroprozessor und allen Chemikalien, die sich nicht durch schlichte Aufarbeitung problemlos aus dem Boden von Mond oder Mars gewinnen ließen. Und anders als bei der ISS wäre ein solcher Transport nicht eine Frage, ein oder mehrere Tonnen Material in eine Umlaufbahn von 400 Kilometern Höhe zu transportieren, sondern sie über eine halbe Million Kilometer (im Fall des Mondes) oder gut 150 Millionen Kilometer (im Fall des Mars) zu transportieren, am Ziel abzubremsen und weich - jedenfalls zerstörungsfrei - zu landen. Man braucht kein ökonomisches Genie zu sein, um die Aussicht, daß sich ein solches Unternehmen jemals von allein tragen könnte, als illusorisch zu kategorisieren. Und mit dem Mars - ein kleiner Punkt, der implizit in den oben erwähnten visionären Schriften mitschwingt, oder kaum offen ausgeführt wird: darüber hinaus dürfte unser Sonnensystem auch weiterhin für Genus homo unbetreten bleiben: der Merkur, die Gluthölle der Venus, die in tödlicher Strahlung gebadeten Eiskammern der Monde der großen Gasplaneten mit Temperaturen von minus 170 Grad Celsius: all das wird die Menschheit auch künftig nur durch die Photoaugen von Sonden in Augenschein nehmen können, von Robotern, bei denen es nicht darauf ankommt, daß sie Jahrzehnte zum Erreichen ihrer Destinationen benötigen, die keiner Lebenserhaltungssysteme bedürfen, um irdischen Lebensformen zu ermöglichen, sich an dicken Bullaugen die Nase plattzudrücken, um die Panoramen aus Eis und Sterndunkel "mit eigenen Augen" gesehen zu haben. Das Beispiel der Internationalen Raumstation ISS ist bezeichnend: Seit dem Jahr 2000 ist sie beständig besetzt, seit fast zwei Jahrzehnten, von insgesamt 56 Teams, "Expeditionen" genannt - fast ungesehen, kaum wahrgenommen, so unbemerkt, wie die menschliche Präsenz auf der Eiswelt von SOL III, Antarktis genannt, deren 37 dauerhafte bewohnte Außenposten mit gut eintausend Bewohnern während der in monatelanger Nacht liegenden Nacht von einem guten Tausend auf 4000 während der Sommermonate ansteigt - die aber, anders als zu den Pionierzeiten von Scott, Amundsen und Shackleton vor einem Jahrhundert, keine Aufmerksamkeit mehr für sich verbuchen können. Und so, genau so, würde es ihren Brüdern und Schwestern auf Mond und Mars ebenfalls ergehen - sollten dort tatsächlich Stationen für eine auf Dauer angelegte "Besiedlung" eingerichtet werden: kleine Monaden (das Wort fiel oben schon), deren Umgebung nur im Raumanzug zu betreten wäre, eine Existenz auf den Dimensionen eines Reagenzglases.
Und doch: es gibt einen weiteren Aspekt jenes kurzen Ausflugs von vor einem halben Jahrhundert auf den Erdtrabanten, der zum Markenzeichen dieses Unterfangen geworden ist: nämlich der Blick vom Mond auf die Erde. Damit ist nicht der Blick der Astronauten von der Mondoberfläche gemeint - sämtliche Landungen fanden in der Nähe des Mondäquators statt; die stets von 70% von weißen Wolken verhüllte Erde stand jedes Mal im Zenith - sondern jene Aufnahmen, die den Blauen Planeten als Kugel, als Planeten, als Himmelskörper vor der Schwärze des Alls zeigen - angefangen mit jenem berühmten Bild, daß ein halbes Jahr, am 24 Dezember 1968, auf dem Flug von Apollo 8 entstand, nachdem aus der Sicht der Raumkapsel um 5 Minuten nach 9 Uhr abends unsere kosmische Heimat zum ersten Mal über den toten Lavawüsten des Mare Imbrium in den leeren Raum aufstieg - ein nicht zu überbietender Kontrast zur absoluten Lebensfeindlichkeit des Vordergrunds wie auch der Unendlichkeit, vor der sie stand: das Blau der Meere und der Atmosphäre, das Braun und Grün der Erdoberfläche, nur schemenhaft unter den zerrissenen, sich endlos wandelnden Bändern des Wolken auszumachen: ein Etwas, das unübersehbar lebt und Leben birgt: "... to locate in blackness, with a gasp / Terra the Fair, an orbicle of jasp," wie John Shade es, sieben Jahre zuvor, in den Zeilen 557 und 558 seines Großgedichts Pale Fire formuliert hatte. oder, in den Worten von Lewis Thomas fünf Jahre später:
Viewed from the distance of the moon, the astonishing thing about the earth, catching the breath, is that it is alive. The photographs show the dry, pounded surface of the moon in the foreground, dry as an old bone. Aloft, floating free beneath the moist, gleaming, membrane of bright blue sky, is the rising earth, the only exuberant thing in this part of the cosmos. (The Lives of a Cell, 1974)
Wollte man es, ganz in der Tradition etwa des deutschen Idealismus Schelling'scher Ausprägung, mit einem leichten Hauch von Mystizismis, ausdrücken, ließe sich formulieren: in jenen Bildern zeigt sich etwas, was Verhaltensforscher bei Tieren - jedenfalls solchen, denen sie Ansätze von Selbst und Reflektionsvermögen zuzuschreiben gewillt sind - als Lackmustest der Selbsterkenntnis verbuchen: nämlich die Fähigkeit, sich selbst in einem Spiegelbild zu erkennen. Hier hat sich, zum ersten Mal, auf konkret erfahrbare Weise, fast instinktiv, die Erde zum ersten Mal in einem Spiegel erkannt. Natürlich nicht "die Erde" selbst. Sie denkt nicht, sie reflektiert nicht, ihr Wissen nimmt nicht zu, das millionenfache Leben auf ihr agiert blind. Aber es gibt auf ihr eine kleine Spezies, nicht besonders zahlreich, gemessen an Millionen anderer Spezies, die, über die Jahrtausende hinweg, diese Fähigkeit entwickelt und kultiviert hat, die sich das Denken und Reflektieren beigebracht hat, die, wenn sie über sich hinauswächst, die Suche nach Erkenntnis und Wahrheit immer weiter perfektioniert hat, die die Methoden und Werkzeuge dafür bereitstellt und dieses Wissen bewahrt. Die um die eigene Geschichte, die eigenen Begrenzungen weiß. Die, auf welch unvollkommene Weise auch immer, so etwas wie das Gehirn dieses Planeten darstellt. Und von der man eben durchaus sagen kann, sie habe hier, zum ersten Mal, wirklich in einen Spiegel geschaut. (Natürlich hat dieser Erkenntnisprozess einen Jahrhunderte andauernden Vorlauf, natürlich ist diese Erkenntnis schon lange vor diesen Bildern formuliert worden. Aber sie bündeln all das, was zu diesem Moment nötig war, in einer einzigartigen Weise.) Das Photo des blauen Erde in der Leere des Alls wurde sofort nach seiner Publikation zum Symbol für die fragile Erde; Präsident Richard Nixon verschickte im Februar 1969 Abzüge an fast alle Staatschefs der Erde; einschließlich Ho Chi Minhs. Und man darf - neben zahlreichen anderen Einflüssen, die in das Phänomen Eingang fanden - darin einen der auslösenden Faktoren dessen sehen, was uns heute als "ökologisch", "nachhaltig", als Epitome "grünen Denkens" geläufig ist; der erste "Earth Day" in April 1970 trug dieses Bild als allgegenwärtiges Signum. Die "Verletzlichkeit der einen Erde" ist seitdem zu einem Standardtopos der apokalyptischen Grundierung geworden, von denen dieses "grünen Denken" seitdem ohne Unterlaß zehrt, das es als betäubenden basso ostinato permanent auf allen Kanälen sendet, mit welchselnden apokalyptischen Reitern, die uns allen, samt Mutter Erde, mit Vernichtung bedrohen - in einem Jahrzehnt, in zweien, mit Sicherheit aber im einer, höchstens zwei Generationen. Um im Bild zu bleiben: es könnte durchaus sein - und der Protokollant hält es für absolut ausgemacht - daß es sich bei dieser Sichtweise um einen grundlegenden Irrtum handelt. Der Selbsterkenntnis beim Blick in den kosmischen Spiegel ist ein pubertäres Irrsein gefolgt: so wie das Nachdenken über die eigene Beschränktheit, die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit bei einzelnen Jugendlichen Depressionen auflösen kann, Verzweiflung an der Welt, ein absolutes, nihilistisches Aufbegehren - so hat das ebenso nihilistische Beschwören der Winzigkeit und anscheinenden Fragilität unserer kosmischen Heimat den Eindruck erweckt, die Menschheit sei imstande, dieses System mit ein paar kaum meßbaren Auswirkungen beim Entwickeln einer hochtechnologischen Zivilisation nicht nur "aus dem Gleichgewicht" zu bringen, sondern unwiderruflich zu beschädigen, zu vernichten, die Biosphäre ein für allemal zu zerstören. Nichts könnte falscher sein: Die Erde befindet sich nicht "im Gleichgewicht"; Leben ist per se ein anisotropischer Vorgang, weit von jedem physikalischen wie chemischem Equilibrium entfernt, ein beständig, seit Jahrmilliarden aufrechterhaltenes Ungleichgewicht, das die Parameter für die Spezies, die dafür sorgen und es erhalten, in außerordentlich engen Grenzen gehalten hat; ein Makrosystem, das Eiszeiten, Kontinentalverschiebungen, das Entstehen und Sich-Schließen von Meeres, die Entstehung zahlloser neuer Arten und ein um das andere verheerende Asteroiden-Einschläge, die bis zu 90% alles Lebens vernichtetet haben, stets wieder ausgeglichen hat. Wenn die Erfahrung aus dem Zusammenbruch des größten humanen Umweltzerstörung, die es je in der Geschichte gegeben hat - nämlich der brachialen Industralisierung des Kasernensozialismus bis vor 30 Jahren - eins lehrt, dann dies: die Natur läßt sich nicht unterkriegen; die Rückverwandlung in tatsächlich blühende Landschaften ist nicht einmal "eine Menschheitsaufgabe". Das Leben hat eine nicht zu korrumpierende Tendenz, verlorene Räume zurückzuerobern, sobald sich ihm die Chance dazu bietet. Eine solche Sicht ist, im Gegensatz zum Dafürhalten besorgter Zeitgenossen, alles andere als naiv und blauäugig: hinter ihr steht die Evidenz aus Abermillionen Jahren der Erdgeschichte - und, wenn sich die Besorgnis auf den Menschen fokussiert, Jahrtausende des Menschheitshistorie. Und das Bild zum dritten Mal zu bemühen: eine solche nüchterne Sicht auf die Resilienz unserer Heimstatt im Kosmos, auf die Gewißheit, daß es keinen Grund zu zweifeln gibt, daß dies auch so lange weiter Bestand haben wird, bis sich, im Milliarden von Jahren, unser Zentralgestirn zu einem Roten Riesenstern aufblasen und ihre inneren Planeten samt der Erde dann doch final verschlucken wird - eine solche Vision würde nach dem Delir des verzweifelten Jugendirreseins dem nüchternen, auch melancholisch getönten Blick des Erwachsenen entsprechen - melancholisch deshalb, weil die Gewißheit, daß der Himmel eben doch Grenze ist, daß uns "keine Zukunft im Kosmos" beschert ist, auch eine Absage an zahllose Zukunftsträume beinhaltet. Man könnte es einen "kosmischen Quietismus" nennen.
Die Vision von Apollo, von den Spuren, die, in Gestalt ihrer bislang zwölf Besucher, die Menschheit auf ihrem Trabanten hinterlassen hat, war immer auch ein Blick zurück. Ihr war immer die Rückkehr zur kleinen blauen Kugel eingeschrieben.
U.E.
© Ulrich Elkmann. Für Kommentare bitte hier klicken.