Die Temperaturen mögen zwar
dazu passen, aber vermutlich wird in diesem Wahljahr das traditionelle
Sommerloch nicht aufklaffen. Gleichwohl holen die Grünen einen alten Hut der
medialen Saure-Gurken-Zeit aus der Requisite: Härtere Strafen für Raser werden gefordert. Der Straßenverkehrsgemeingefährdungsparagraph § 315c StGB soll
nach Ansicht der Partei der Gutdünkenden dahin abgeändert werden, dass grob verkehrswidriges
und rücksichtloses Zu-Schnell-Fahren, wodurch Leib oder Leben eines anderen
Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden, nicht nur
dann strafbar ist, wenn es an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen,
Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen erfolgt (§ 315c Abs. 1 Nr. 2 lit.
d StGB).
Hat Deutschland wirklich ein Raser-Problem? Schauen wir zuerst einmal in die Statistik: In dieser Tabelle werden die seit 1950 polizeilich erfassten Verkehrsunfälle nach den Kriterien „Unfälle mit Personen- bzw. Sachschaden“ und die Anzahl der Verunglückten ausgewertet, wobei die Todesopfer eigens ausgewiesen sind. Für die Betrachtung mag es hilfreich sein, die ersten Jahre der Aufzeichnung außer Acht zu lassen, weil damals auf der Straße noch eher eine Nachkriegs- als eine Wirtschaftswundersituation, will heißen: ein geringeres Verkehrsaufkommen, herrschte. Zu betonen ist auch, dass die verlinkte Aufstellung bis 1990 nur die alten Bundesländer berücksichtigt.
Es stellt sich aber noch eine zweite Frage: Warum bevölkern die Raser, nicht jedoch die Abstands- und Vorfahrtsverletzer, nun schon seit Jahrzehnten die Schlagzeilen der Presse? Dies mag mit einem Vorurteil zu tun haben: Temposünden im höheren Bereich werden mit motorstarken Fahrzeugen assoziiert, während zu dichtes Auffahren oder Vorfahrtsverstöße nicht in einen Zusammenhang mit dem eventuellen PS-Reichtum eines Autos gebracht werden. Der Klischee-Raser, wie ihn die Medien darstellen, ist entweder ein unbesonnener junger Mann oder der reifere Herr aus dem gehobenen Management, der die Fahrbahn als seine persönliche Überholspur betrachtet. Beide genannte Gruppen brauchen in Deutschlands Redaktionsstuben nicht mit Wohlwollen zu rechnen.
Hat Deutschland wirklich ein Raser-Problem? Schauen wir zuerst einmal in die Statistik: In dieser Tabelle werden die seit 1950 polizeilich erfassten Verkehrsunfälle nach den Kriterien „Unfälle mit Personen- bzw. Sachschaden“ und die Anzahl der Verunglückten ausgewertet, wobei die Todesopfer eigens ausgewiesen sind. Für die Betrachtung mag es hilfreich sein, die ersten Jahre der Aufzeichnung außer Acht zu lassen, weil damals auf der Straße noch eher eine Nachkriegs- als eine Wirtschaftswundersituation, will heißen: ein geringeres Verkehrsaufkommen, herrschte. Zu betonen ist auch, dass die verlinkte Aufstellung bis 1990 nur die alten Bundesländer berücksichtigt.
Die Zahl der registrierten
Verkehrsunfälle nimmt tendenziell zu. Die Zahl der Unfälle mit Personenschäden
oszilliert seit 1955 in einem Bereich von knapp 300.000 bis knapp 400.000, ohne
diese Marke zu überschreiten. Seit 2004 bleibt die betreffende Zahl unter dem
Wert von 350.000. Logischerweise geschehen deshalb in der Tendenz mehr
Verkehrsunfälle nur mit Sachschaden. Die Zahl der Verunglückten liegt seit 2010
konstant unter 400.000. Zuvor wurde diese Grenze zuletzt im Jahr 1958
unterschritten. Die verblüffendsten Ergebnisse
finden sich allerdings bei der Statistik der Todesopfer: Starben im Jahr 1970
auf Westdeutschlands Straßen 19.193 Menschen, waren es 45 Jahre später im
wiedervereinigten Staat 3.459 Menschen. Im Jahr 2016 waren 3.214 Verkehrstote zu beklagen.
Sehen wir uns nun an, auf welchen Straßen sich die Verkehrsunfälle ereignen. Hier ist die Statistik
eindeutig: Der Schwerpunkt befindet sich eindeutig innerorts. Und wenn man die
Auswertung der unfallkausalen Verkehrsverstöße betrachtet, so ergibt sich bei
der zahlenmäßig bedeutendsten Verkehrsteilnehmerkategorie der Pkw-Fahrer, dass
die nicht angepasste Geschwindigkeit zwar einen bedeutsamen Faktor darstellt, der
aber nicht stärker ins Gewicht fällt als Abstandsfehler, Vorfahrtverletzungen
oder Malheurs beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren und dem Ein- und
Ausfahren. Und eine nicht angepasste Geschwindigkeit ist kein Synonym für
Raserei, es sei denn, man will sich mit einem Kampfbegriff lächerlich machen,
indem man zum Beispiel 65 km/h bei erlaubten 50 km/h als Raserei bezeichnet.
Hat Deutschland also ein
Raser-Problem? Wohl eher nicht. Vielmehr besteht ein Missverhältnis zwischen
der Verkehrsdichte und der zur Verfügung stehenden Infrastruktur. Anders
formuliert: Immer mehr Kraftfahrzeuge fahren auf einem Straßennetz, das seit Jahrzehnten
im Großen und Ganzen nicht mehr ausgebaut wurde.
Es stellt sich aber noch eine zweite Frage: Warum bevölkern die Raser, nicht jedoch die Abstands- und Vorfahrtsverletzer, nun schon seit Jahrzehnten die Schlagzeilen der Presse? Dies mag mit einem Vorurteil zu tun haben: Temposünden im höheren Bereich werden mit motorstarken Fahrzeugen assoziiert, während zu dichtes Auffahren oder Vorfahrtsverstöße nicht in einen Zusammenhang mit dem eventuellen PS-Reichtum eines Autos gebracht werden. Der Klischee-Raser, wie ihn die Medien darstellen, ist entweder ein unbesonnener junger Mann oder der reifere Herr aus dem gehobenen Management, der die Fahrbahn als seine persönliche Überholspur betrachtet. Beide genannte Gruppen brauchen in Deutschlands Redaktionsstuben nicht mit Wohlwollen zu rechnen.
Noricus
Korrektur: Zunächst hieß es im Beitrag: "Starben im Jahr 1970
auf Westdeutschlands Straßen 19.193 Menschen, waren es 35 Jahre später im
wiedervereinigten Staat 3.459 Menschen." Die letzte Zahl bezieht sich jedoch auf das Jahr 2015. Der Text wurde entsprechend angepasst.
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