Zugegeben,
wenn Günter Grass und eine Zwangseinquartierung in einem Satz auftaucht, dann
ist die erste Assoziation dieses Autors, dass jemand ein Einsehen hatte und der
Mann demnächst nicht mehr für die eigene Miete aufkommen muss. Und gleichzeitig
endlich Ruhe ist. Aber, wie so oft im Leben, ist der erste Eindruck falsch und
tatsächlich hat Grass nur mal wieder etwas von sich gegeben, was eigentlich so
dumm ist, dass es nicht ernsthaft diskutiert würde, wenn es nicht eben von
jemandem kommen würde, den man aus unerfindlichen Gründen für eine moralische
Instanz hält und der eben auch mit dem inzwischen auch reichlich entwerteten
Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde.
Grass hat
also vorgeschlagen, dass die Deutschen, analog zu den Einquartierungen der
Vertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg, zwangsweise bei sich Flüchtlinge
aufnehmen sollen. Eine unglaublich dumme Aussage. Selbst für Grass. Nicht nur
ignoriert sie fundamentale Prinzipien des Rechtsstaates und phantasiert einen
Notstand herbei, der nicht existiert. Ebenso vergleicht sie Äpfel mit Birnen in
dem sie die heutigen Flüchtlinge mit den Ostvertriebenen gleichsetzt. Am
lautesten aber schreibt die dahinterliegende Verachtung demokratischer
Prinzipien. Und damit sind wir ein bisschen über Grass hinaus. Bei der ganzen
Asyldiskussion fällt auf, wie wenig eigentlich von Politik und Medien darauf
gegeben wird, was der Souverän davon hält. Und an dieser Stelle muss man (!)
betonen, dass das Asylrecht nicht zu den Ewigkeitsrechten des Grundgesetzes
gehört. Ob und wie Asyl gewährt wird, ist die Entscheidung des Souveräns. Und
wenn dieser nicht bereit ist, eine dieses Jahr deutlich zunehmende Menge an
Flüchtlingen aufzunehmen, dann wäre es Aufgabe der Politik das eben auch
umzusetzen. Wenn eine Stadt kein Asylantenheim bei sich haben will, dann ist
das hinzunehmen. Und wenn jemand bei sich im Haus keine aufnehmen möchte, dann
ist es auch nicht Aufgabe von Günter Grass ihn dazu zu zwingen.
Man könnte sich an dieser Stelle bequem darauf zurückziehen und darauf hinweisen, dass Grass erst einmal bei sich selbst ein paar Asylanten aufnehmen sollte, Geld genug hat er wohl (obschon einem die Asylanten leid täten). Oder man könnte ein paar billige Witze über Grass und die SS machen (dieser Autor macht das zugegebenermaßen auch sehr gerne). Oder darauf hinweisen, dass es sich bei Grass um einen alten Streithammel handelt, der alles gibt, um noch ein bisschen öffentlich diskutiert zu werden. All das hätte irgendwo seine Berechtigung. Aber all das würde auch zu kurz greifen. Grass und seine Forderung sind nur ein Symbol für die Herrschaft über eine bestimmte Debatte. Auch Grass, egal ob senil oder nicht, ist sich mit Sicherheit im Klaren, dass seine Forderung lächerlich wie dumm ist. Es geht ihm aber nicht darum. Es geht um den Transport einer bestimmten Geisteshaltung, die Flüchtlinge auf eine Ebene mit der Wohnbevölkerung (hier verglichen durch die Ostvertriebenen) gleichstellt. Nur diese Debatte muss erst einmal geführt werden. Sie muss geführt werden dürfen. Und genau das vermisst dieser Autor schmerzlich, denn eine offene Gegenposition sucht man vergeblich.
Llarian
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