17. November 2014

Alles wird gut. Oder besser. Ein Gedankensplitter zur Zukunft und wider den Fatalismus.



Liest man in Deutschland Zeitungen, schaut die eine oder andere mehr oder weniger investigative Nachrichtensendung oder gar eine politische Talkshow, so muss man unweigerlich zu dem Ergebnis kommen, dass nicht nur unsere Gesellschaft, nein, die ganze Menschheit kurz vor dem Kollaps steht und das der Homo sapiens nach einer kurzen Geschichte von knapp 6000 Jahren nun endlich von dem Antlitz dieser Erde getilgt werden wird. (Gerade letzterer Gedanke scheint bei dem einen oder anderen Umweltbewegten sogar eine nicht mal wirklich verhehlte Wunschvorstellung zu sein.) Aber selbst wenn man nicht zu den selbsthassenden Elementen der Gattung Mensch gehört, so wird man schnell angesteckt von diesem permanenten Schlechtreden der Zukunft. Und es ist inzwischen auch wirklich typisch deutsch in allen Entwicklungen gleich immer die Schlechteste aller Folgen sehen zu wollen und dieser Autor kann sich, als Angehöriger eben dieses Volksstammes, auch oftmals nicht davon frei machen. Und das obwohl bei tieferem Nachdenken eigentlich meistens eines klar wird: Dass das alles ganz großer Kappes ist.


Verschiedene Gesellschaften dieses Planeten haben nun tatsächlich unbestreitbar Probleme, die einen mehr, die anderen weniger. Die Deutschen zum Beispiel haben eine ganze Reihe Probleme ausgemacht: Die „Klimaerwärmung“ (so man daran glaubt), der Peak-Oil, die Schuldenkrise, die Überfremdung, die Verdummung der Jugend, die Vergreisung der Gesellschaft, das mangelnde Wirtschaftswachstum, die weltweiten Konflikte, die multiresistenten Keime, die aussterbenden Arten, der Anstieg des Meeresspiegels, das Ozonloch, die zunehmende Radioaktivität in der Atmosphäre, die Atomkraft generell, etc. etc. etc. etc.
Würde man alle tatsächlichen oder empfundenen Probleme aufschreiben, könnte man damit ganze Seiten füllen, würde man jeweils etwas Inhaltliches dazu schreiben, wäre man schnell bei einem kleinen Lexikon. Nun ist es tatsächlich so, dass diese Probleme teilweise nicht aus der Luft gegriffen sind. Umweltprobleme existieren, Gesellschaften verändern sich zum Nachteil einiger Gruppen, Rohstoffe können sich verknappen und Konflikte, auch kriegerische, können entstehen. Aber ist, bei Licht betrachtet, auch nur ein einziges dabei, das die Menschheit tatsächlich gefährdet? Um es kurz zu sagen, eigentlich eher nicht. Es hat mal Situationen (sehr wenige) gegeben, wo dem anders war. Ein weltweiter nuklearer Krieg hätte das Potential gehabt die Menschheit tatsächlich (mit dem meisten irdischen Leben) in den Orkus zu befördern. Aber ab davon ist da nicht viel. Wenn der Menschheit das Öl ausgeht, dann ist das zwar erst einmal ärgerlich, aber kein Grund zur Verzweiflung, kommt es zur Havarie eines AKW ist das lokal recht katastrophal, weltweit ist das nahezu bedeutungslos. Und die deutsche Rentenkrise, so ärgerlich diese ist – und dieser Autor ärgert sich sehr darüber – hat kein Potential für weltweite Menschheitsprobleme. Selbst die vielgefürchtete, scheußliche, grausame, verheerende, vernichtende und alles beherrschende Klimaerwärmung (!) hat bei Licht betrachtet nicht das Potential die Menschheit ernsthaft in ihrer Existenz oder ihrem Fortschritt zu hindern.
Gemessen an der Vergangenheit sind die meisten der heute real existierenden oder empfundenen Katastrophen relativ harmlos. Unsere heutigen Seuchen sind im Vergleich zur spanischen Grippe oder gar zur Pest zwar nicht weniger tödlich, aufgrund der modernen Medizin aber deutlich besser zu bekämpfen. Die Pest hat in ihrer Zeit nahezu ein Drittel der damaligen europäischen Bevölkerung in knapp 2 Jahren getötet. Da können die heutigen Seuchen von Ebola über die Vogelgrippe bis zu HIV nicht wirklich gegen anstinken. Wenn wir heute von ausbreitender Armut in Deutschland sprechen, dann reden wir davon, ob sich jemand nicht mehr als ein größeres Zimmer leisten kann oder ob sein Geld genügt eine Schachtel Zigaretten am Tag zu finanzieren. Vor 200 Jahren bedeutete Armut oftmals dass man sprichwörtlich vom Hungertod bedroht war.
Bei all den Schwarzmalereien, die wir tagtäglich erleben, übersehen wir, dass die Menschheit sich in der jüngeren Vergangenheit mit geradezu absurder Geschwindigkeit verbessert hat. Hunger, ein Problem das die Menschheitsgeschichte Jahrtausende begleitet hat, ist heute eher ein Randthema geworden, mit dem die Mehrheit der Menschheit nichts mehr zu tun hat. Seuchen, früher gleichgestellt mit Naturkatastrophen auf globaler Ebene, sind heute zwar nicht bedeutungslos, aber die letzte wirkliche Pandemie, die den Namen verdient (HIV aufgrund seiner besonderen Art mal außen vor) ist fast ein Jahrhundert her. Die heutige Lebenserwartung in den entwickelten Ländern liegt bei mehr als dem Doppelten von vor wenigen hundert Jahren. Kaum ein Forschungsgebiet, das nicht in den vergangenen hundert Jahren massive Durchbrüche erzielt hätte. Und kaum eine Gesellschaft weltweit (Ausnahme Afrika), die nicht durch die letzten 100 Jahre massiv reicher geworden wäre. Und selbst der ewige Schachtelteufel Krieg ist heute zwar immer noch vorhanden, wird aber mit dem Reichtum einer Gesellschaft seltener.
Anders gesagt: Nahezu alle Probleme, die Gesellschaften durch die letzten Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende, erlebt haben, sind mit zunehmendem technischen, philosophischen oder überhaupt wissenschaftlichem Fortschritt deutlich geringer geworden. Gemessen an vergangenen Jahrhunderten leben wir in paradiesischen Zeiten. Die Lebensqualität eines durchschnittlichen, heutigen Europäers ist inzwischen höher als die eines Adeligen vor 300 Jahren. Und das Interessanteste daran ist: Ein Ende ist in dem Sinne nicht abzusehen. Ganz im Gegenteil. Man hat eher den Eindruck, dass sich die technische Entwicklung mit der zunehmenden Entwicklung in Asien (Stichwort China) noch weiter beschleunigt. Man mache sich dabei klar, dass man vor 30 Jahren noch Wählscheibentelefone hatte, das Internet bis vor 20 Jahren noch fast unbekannt war und die Idee autonome Fahrzeuge auf Straßen zu lassen noch vor kurzer Zeit doch etwas sehr futuristisch anmutete. Wir leben genaugenommen in spannenden Zeiten und wenn ich mir vorstelle was erst in 20 oder gar 50 Jahren möglich sein wird, dann spüre ich zutiefst den Schmerz in mir, dass meine Lebenserwartung doch recht begrenzt ist.
Angesichts all dieser Überlegungen ist es doch erstaunlich wie schwarz die Welt immer wieder gemalt wird, Dystopien verkaufen sich in Deutschland deutlich besser als Utopien. Und das ist so absurd.
Ich freue mich auf die Zukunft. Explizit. Nicht weil ich unbedingt glaube, dass es in Deutschland so viel besser wird (da sehe ich tatsächlich mittelfristig eher das Gegenteil), aber ich habe keinen Zweifel an der Menschheit und dem Fortschritt. Wenn ich daran denke was in 50 Jahren alles möglich ist, dann fällt mir nur eins ein: Ich wäre gerne dabei. Sie nicht auch, lieber Leser? Denken Sie das nächste mal daran, wenn ihnen ein versprengter Grüner die Zukunft als Energiesparvariante der Gegenwart oder als bösen, dunklen Raum verkünden will.


Llarian


© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.